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Meldungen nach dem 3. Mai 2002

03.05.2002: 72. Prozesstag

"Wir Kellerkinder". Erste Vernehmung einer Zeugin der Verteidigung

Der heutige 72. Prozesstag begann mit der erneuten Vernehmung des BKA-Beamten van Elkan zum schulischen und beruflichen Werdegang des Angeklagten Axel H. sowie zur Durchsuchung des Dachbodens im Wohnhaus des Angeklagten Matthias B. Beide Komplexe brachten keine Neuerungen, bestätigten aber erneut, dass auf dem Dachboden keine Dinge gefunden wurden, die hätten belegen können, dass der Dachboden Matthias B. gehörte.

Schon vor Beginn der heutigen Hauptverhandlung wurde der Antrag auf Befangenheit des Senats durch die Verteidigung von Harald G. abgelehnt. Es habe sich nicht um ein gezieltes Unterdrücken von Informationen zu den Verhandlungen zwischen der Verteidigung von Rudolf Sch. und dem Gericht zu dessen Einlassung und Haftverschonung, sondern um einen "Irrtum" gehandelt, so die lapidare Begründung. Die Verteidigung von Harald G. war als einzige nicht von diesen Verhandlungen unterrichtet worden.

Die Verteidigerin von Harald G., Silke Studzinsky, belegte sodann in einem weiteren Antrag, das erneut Beweismaterial unterschlagen worden ist. War bisher immer von insgesamt 988 Bändern aus der Telefonüberwachung Tarek Mouslis die Rede, konnte in dem heutigen Antrag nachgewiesen werden, dass es sich tatsächlich um insgesamt 1.084 Beweisbänder handelt, so dass mithin 96 Bänder der Verteidigung und dem Gericht vorenthalten wurden und werden.

Als erste Zeugin der Verteidigung wurde heute die damalige Hausmeisterin des MehringHofes, Uta K., vernommen. Die 43jährige Heilpraktikerin berichtete ausführlich über die Verteilung von Schlüsseln an die jeweiligen im MehringHof tätigen Projekte sowie an die HausmeisterInnen. Deutlich wurde, dass mit sog. Halbgeneralschlüsseln jedes Projekt im MehringHof ausgestattet war und Zugang zu den in Rede stehenden Räumlichkeiten hatte.

Mouslis Behauptung, im MehringHof habe im Fahrstuhlschacht Sprengstoff der Revolutionären Zellen gelagert, entkräftete die Zeugin auch mit detaillierten Beschreibungen regelmäßiger Fahrstuhlkontrollen durch eine Wartungsfirma. Zudem hätten sich auch alle - zu damaligen Zeit drei - HausmeisterInnen regelmäßig mit dem Fahrstuhlschacht auseinandersetzen müssen, da sowohl regelmäßig der Grundwasserstand wie Gewitterregen das Abschöpfen von Wasser notwendig gemacht hätten. Die Lagerung von Sprengstoff - "Wer das an mich herangetragen hätte, den hätte ich für bekloppt erklärt" -schloss sie aus.

Die insgesamt über einstündige Befragung, an der sich zur Überraschung der ProzessbesucherInnen auch Richter Alban - wenn auch nicht gerade qualifiziert - beteiligte, endete, nach verschiedenen Fragen zu Tarek Mouslis Präsenz im MehringHof und den Hausmeisterkollegen von Frau K. in der Zeit von Oktober 1987 bis Mitte 1991, mit der Vereidigung der Zeugin in weltlicher Form.

Der "Anregung" an das Gericht durch die Bundesanwaltschaft (BAW), die Angeklagten Sabine E. und Matthias B. gegebenenfalls auch mit dem Vorwurf der "Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung" laut § 129a zu konfrontieren, folgte zum Abschluss des heutigen Prozesstages wenig überraschend die Vorsitzende Richterin. "Die Rädelsführerschaft", so Gisela Hennig, "kommt in Betracht". Damit bestätigt sich die von Rechtsanwalt Kaleck schon bei der "Beweisanregung" durch die BAW in einer Stellungnahme geäußerte Vermutung, es handele sich bei dem BAW-Antrag um den Versuch, von den widersprüchlichen und Falschaussagen Tarek Mouslis abzulenken, der nun offensichtlich auf fruchtbaren Boden beim Strafsenat gefallen ist.

Der Prozess wird am Freitag, 10. Mai 2002 u.a. mit der Befragung des Zeugen Rudolf H. fortgesetzt.

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26.04.2002: 71. Prozesstag

Ermittlungsführer Schulzke a.D.: "Da fällt mir im Moment nichts ein"

Zu Beginn des heutigen Verhandlungstages machten die Verteidigerinnen Würdinger und Studzinsky in einen umfangreichen Antrag erneut die finanzielle Situation des Kronzeugen Tarek Mousli zum Thema. Schon aus "sämtlichen Aussagevariationen", die der Kronzeugen bei seinen polizeilichen Vernehmungen und den verschiednen Befragungen in der Hauptverhandlung, angeboten habe, sei klar geworden- so die Verteidigung -, dass die von Mousli behaupteten 60.000 DM, die er von einem Freund für die RZ bekommen und an Harald G. weitergegeben haben will, für sich selbst, bzw. für sein Sportstudio verwand hatte. Der Antrag fordert die Beiziehung von Kontobewegungen und die Einvernahme weiterer Zeugen zu diesem Thema.

Der zweite Teil des Tages wurde mit der Befragung von Klaus Schulzke (60), ehemaliger Ermittlungsführer in Sache RZ, bestritten. Schulzke, der den Prozessbeteiligten schon aus zwei vorhergehenden Befragungen bekannt war, zeigte auch heute beeindruckende Leistungen, wenn es um das Ausweichen und Umschiffen von schwierigen Fragen ging. Schwerpunkt der Befragung bildete die Abhörmaßnahmen gegen Tarek Mousli von September 1999 bis Januar 2000, die dem Gericht und der Verteidigung von den ermittelnden Behörden bei Beginn des Prozesses verschwiegen worden waren. Schulzke gab heute an von einer Entscheidung, dass die Ergebnisse der Abhörmaßnahmen nicht zu den Gerichtsakten hinzugefügt werden sollten, nichts gewusst zu haben. Obwohl bis Ende 1999 als Ermittlungsführer tätig sei er - so war heute seinen Aussagen zu entnehmen - bei relevanten Vorgängen entweder für mehrere Wochen in Urlaub gewesen oder hatte seine anstehende Pensionierung vorbereitet. Auf jeden Fall träfe ihn keine Schuld. Auch bei anderen Themenkomplexen wie den Umständen des Auffindens des Sprengstoffs im Seegraben oder den Kontakten des Kronzeugen zu Beamten des Verfassungsschutzes, bot der Zeuge keine Hilfe zur Sachaufklärung. Aufgrund der intensiven Befragung von Schulzke konnte Staatsanwalt Monka heute nicht mehr befragt werden. Dies wird am 16. Mai nachgeholt.

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25.04.2002: 70. Prozesstag

Gefährliche Mutmaßungen

In der heutigen Hauptverhandlung, die auf Grund der sorgsamen Ladungsplanung des Senats durch eine dreistündige Verhandlungspause unterbrochen war, wurden insgesamt drei Zeugen vernommen. Zwei Kriminalbeamte des Bundeskriminalamtes (BKA) gaben jeweils ihre Ermittlungen zu den Lebensläufen der Angeklagten Matthias B. und Harald G. kund. Darüber hinaus berichteten sie über die Hausdurchsuchungen, die sie bei deren Festnahme durchgeführt hatten. Der dritte Zeuge, Beschäftigter bei der Firma Westspreng, wurde zur Herkunft und Lagerung von Sprengstoff der Marke Gelamon 40 befragt. Dabei ging es konkret um die Lieferung der Charge, aus der Teilemengen 1987 in Salzhemmendorf entwendet wurden. Zum Antrag der BAW auf einen rechtlichen Hinweis nahm heute zudem die Verteidigung von Sabine E. Stellung. Rechtsanwalt Becker forderte das Gericht auf diesen Antrag ohne Begründung abzulehnen. In die Hauptverhandlung seien keine neuen Erkenntnisse zu seiner Mandantin eingeführt worden, die eine Ausweitung der Anklage auf Rädelsführerschaft rechtfertigen würden. Im Gegenteil hätten die Einlassung von Rudolf Sch. und Axel H. die Anklage in entscheidenden Punkten widerlegt.

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19.04.2002: 69. Prozesstag

Erneuter Antrag auf Befangenheit und die Verlobte des Kronzeugen

Am heutigen Prozesstag wurde bekannt, dass die Verteidigerinnen Würdinger und Studzinsky am 18.4. einen weiteren Befangenheitsantrag gestellt haben. Die Vorsitzende Richterin Hennig hat in einer dienstlichen Erklärung vom 15.4. mitgeteilt, dass im Vorfeld der Erklärung von R. Schindler "Verfahrensabsprachen" getroffen wurden. Diese Darstellung entspricht aber nicht den dienstlichen Erklärungen der anderen Richter, die diese zu einem früheren Zeitpunkt abgegeben hatten. Darin war nicht von "Verfahrensabsprachen" sondern lediglich von "Vorgesprächen" die Rede.

Der zweite Teil des Tages bildete die Aussage von Janet Olbrich (26), der Verlobten von Tarek Mousli. Frau Olbrich lernte Mousli im Oktober 1987 kennen und ging mit ihm im Dezember 1999 ins Zeugenschutz- Programm des Bundeskriminalamtes. Mit äußerster Zurückhaltung und kaum nachvollziehbaren Erinnerungslücken machte die recht bieder wirkende Frau Aussagen, die zeitlich bis zum Eintritt in den Zeugenschutz reichten. Ab da bot ihr immer wieder ihre eingeschränkte Aussagegenehmigung Deckung. Insgesamt erweckte sie den Eindruck, als habe sie von Mouslis Vergangenheit nur wenig bis nichts gewußt und sei ihm schlussendlich nahezu blind in die vom Zeugenschutz angebotene Zukunft gefolgt.

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12.04.2002: 68. Prozesstag

Kalt erwischt - Befangenheitsantrag gegen Vorsitzende Richterin und Berichterstatter

In der heutigen Verhandlung stellte die Verteidigung des Angeklagten Harald G. einen Befangenheitsantrag. Darin legen die Anwältinnen S. Studzinsky und A. Würdinger der Vorsitzenden Richterin Hennig und dem Berichterstatter Hanschke eine gezielte Benachteiligung ihres Mandanten durch das Vorenthalten von Prozessunterlagen zur Last.

Letztlich wurden an diesem Tage nur wenige Minuten verhandelt und dass vor äußerst kärglicher Kulisse. Der eingebrachte Antrag auf Feststellung der Befangenheit des Gerichts brachte stundenlange Unterbrechungen mit sich. Darin wird der Vorwurf erhoben, das Kammergericht hätte eine vierseitige Erklärung, die Richterin Hennig am 18. Januar 2002 zur Einlassung des Angeklagten Rudolf Sch. verlesen hatte, der Verteidigung von Harald G. bewusst nicht zur Verfügung gestellt. Aus einem Aktenvermerk, den die Verteidigerin Studzinsky erst gestern einsehen konnte, sei klar geworden, dass allen anderen Verteidigern die Erklärung zugestellt worden ist. Lediglich die Verteidigung von Harald G. sei aufgrund einer ausdrückliche Weisung nicht mit der gerichtlichen Erklärung versorgt worden. Dadurch hätte u.a. ein bereits am selben Tag eingebrachter Befangenheitsantrag von der Verteidigung nicht ausreichend und sachgerecht Bezug auf diesen Vorgang nehmen können. Diese angeordnete Vorenthaltung stelle eine gezielte Benachteiligung ihres Mandanten dar. Dies lege die Vermutung nahe, dass die anderen Angeklagten bevorzugt behandelt würden, "weil sie sich in der ein oder anderen Weise eingelassen haben".

Für heute ist Schluss

Die zwischenzeitliche Behauptung der Vorsitzenden Richterin, eine entsprechende Kopie doch schon während der Hauptverhandlung am 18.01. an die beiden Verteidigerinnen überreicht zu haben, klang wenig überzeugend. Zumindest kann sie sich ihrer Sache nicht besonders sicher gewesen sein, wenn sie selbst " wie später auf den Fluren berichtet wurde - bei den Bundesanwälten, in einer Sitzungspause, eine Bestätigung für ihre Version erfragte. "Haben die beiden nicht die Erklärung bekommen, während der Hauptverhandlung?" " so soll sie gefragt haben, leider wurde nicht überliefert, wie die Antwort der drei Bundesanwälte ausgefallen war. Nur der Berichterstatter Hanschke schlug sich auf die Seite der Vorsitzenden Richterin und bestätigte nach Wiedereröffnung der Sitzung ihre Version: "Ich hab das auch so in Erinnerung". Die restlichen Senatsmitglieder schwiegen.

Sichtlich beeindruckt von dem kurzen aber für sie heftigen Tage, unterbrach Richterin Hennig abrupt die heutige Sitzung.

Nächster Termin: Do., den 18.04., 9:15 Uhr, Moabit.

Aufgrund der Kürze entfällt ein ausführlicher Bericht


11.04.2002: 67. Prozesstag

Von "Feuerwalzen" und "Göttinnen" - Polizeizeugen kramen in ihren Erinnerungen

Heute gaben sich eine Vielzahl von LKA- und BKA-Beamten ein Stelldichein zur Zeugenvernehmung. Im gut besuchten Zuschauerraum, heute nahezu ausschließlich ein Zuschauerinnenraum - eine Klasse von Pflegedienstleiterinnen verfolgte das Geschehen -, begann der Reigen mit einem Eklat in Gestalt von Hans-Joachim Löber (56). Löber, 14 Jahre beim Entschärfungsdienst und jetzt als Polizeidozent tätig, beschimpfte die Richterin, weil diese ihn trotz einer Beerdigung hatte zwangsweise vorladen lassen. Danach äußerte sich Löber zu dem nicht gezündeten "Sprengbrandsatz" in dem Fluchtwagen, der für die Beinschüsse auf Korbmacher genutzt wurde.

Sodann wurden die Landeskriminalbeamten Arnold Fischer (57), Jörg Reutsch (42) und der jetzt in Vilnius/Litauen tätige BKA-Mann Rüdiger Richter (39) zum Anschlag auf die Siegessäule und dem dort vorgefundenen zweiten nicht gezündeten Sprengsatz befragt. Während Fischer, der "den ersten Angriff durchgeführt" hatte von Beschädigungen an der "Göttin" zu berichten wusste, sprach Reutsch von einer "Puppe", die auf einer hohlen Säule stehe - "kein Vollmaterial, wäre ja auch statisch sinnlos", so der gelernte Maschinenbauer. BKA-Mann Richter beendete den vormittäglichen Reigen und berichtete, dass er derjenige gewesen sei, der die Feinasservierung der gefundenen Beweismittel unternommen habe.

Nach der Mittagspause wurden sodann Uwe Igelmann (32) und Uwe Hübel (44) zu den verschiedenen Wohnorten von Sabine Eckle bzw. Rudolf Schindler vernommen. Während Hübel schlicht bei den Einwohnermeldeämtern von Gütersloh und Frankfurt/M. angerufen und so die Meldeadressen Schindlers erfahren hatte, galt es unter den ProzessbesucherInnen als nicht ganz ausgeschlossen, dass der umfänglich recherchiert habende Igelmann sich demnächst das Leben nehmen würde, weil er sich bei einem Dutzend unterschiedlicher Meldeadressen von Sabine Eckle, die diese seit den 50er Jahren gehabt hatte - "das tut mir wirklich sehr leid" -, an eine Hausnummer nicht mehr erinnern konnte.

Zu insgesamt fünf Anträgen nahm sodann die Bundesanwaltschaft Stellung. So wurden die Anträge von den Rechtsanwältinnen Würdinger und Studzinsky vom 28. März 2002 moniert (vgl. den dortigen Prozessbericht), dem Antrag von Rechtsanwalt von Schlieffen auf eine erneute Zeugenvernehmung wurde entsprochen. Widersprochen wurde hingegen dem Antrag der VerteidigerInnen Lunnebach und Kaleck, die die Wortlautabschrift des Videos von der zweiten MehringHof-Durchsuchung verlesen haben wollen.

Abschließend brachte die Vorsitzende Richterin, Gisela Hennig, zur Kenntnis, dass der MfS-Vorgang "Separat" mit Zeugenvernehmungen zur Identifizierung des Angeklagten Borgmann in das Verfahren eingeführt werden soll. Der Prozeß wird morgen, Freitag, 12. April 2002, um 9.15 Uhr, fortgesetzt.

ausführlicher Bericht


08.04.2002: 66. Prozesstag

Ohne Titel

Gegenstand des heutigen Prozesstages, der nur eingerichtet wurde, um die Unterbrechungsfrist des Verfahrens nach den Osterferien einzuhalten, waren drei Anträge der Verteidigung.

So wurde von Rechtsanwalt von Schlieffen beantragt, zu klären, dass Mousli entgegen seiner bisher im Prozess gemachten Aussagen den in Plastik verpackten Sprengstoff bereits vorher zu Gesicht bekommen hatte. Das lässt sich aus seiner Vernehmung im April 2000 nachweisen; befragt werden sollen dazu die damaligen Vernehmungsbeamten - 'mal wieder also hat Mousli das Gericht belogen.

Ein weiterer Antrag, von Rechtsanwältin Lunnebach und Rechtsanwalt Kaleck, nahm Bezug auf die Siegessäule. Entgegen der Darstellung Mouslis, der in seinen Vernehmungen und vor Gericht mit Täterwissen zu dem Anschlag im Januar 1991 geprahlt hatte, wurde beantragt, den Zeitungsartikel der "BZ" vom 17. Januar 1991 zu verlesen; aus diesem Artikel ergibt sich, dass Mousli nicht Täterwissen wiedergegeben, sondern lediglich, aber immerhin recht exakt einen Zeitungsartikel vorgetragen hat.

Der dritte Antrag schließlich, ebenfalls von den RechtsanwältInnen des Angeklagten Matthias Borgmann gestellt, beantragte die Verlesung der Abschrift der Kommunikation zwischen Tarek Mousli und den BKA-Beamten bei der zweiten Durchsuchung des MehringHofes. Die Verlesung des Protokolls soll zeigen, dass Mousli auch noch in den Vernehmungen vor Gericht die Unwahrheit über den tatsächlichen Ablauf der Durchsuchung und vor allem sein Erinnerungsvermögen gesagt hat.

Wegen der Kürze des Prozesstages kein ausführlicher Bericht


28.03.2002: 65. Prozesstag

Mousli erst einmal am Ende/ BAW droht mit Ausweitung der Anklage

Mit dem heutigen Verhandlungstag wurde eine neue Phase der Hauptverhandlung eingeleitet. Nachdem der Kronzeuge der Anklage an insgesamt 25 Prozesstagen vom Gericht, der Bundesanwaltschaft (BAW) und der Verteidigung befragt worden war, wurde er heute aus dem Zeugenstand entlassen. Bevor es dazu kam, musste sich Mousli allerdings noch einmal den kritischen Fragen der Verteidigung stellen. Dabei ging es erneut um seine widersprüchlichen Aussagen zum angeblichen RZ-Waffen- und Sprengstoffdepot im Berliner MehringHof. Gegenstand der Befragung waren aber auch seine Kontakte zu palästinensischen Gruppen, hier vor allem der PFLP, und der Anschlag auf das "Maison de France" durch die so genannte Carlos-Gruppe in Berlin 1983.

Mit zusammen vier Beweisanträgen läutete die Verteidigung im Anschluss daran stilgemäß den nun beginnenden Prozessabschnitt ein. Mittels Gutachten, Zeugenvernehmungen und Verlesungen von Teilen der polizeilichen Vernehmungsprotokolle Mouslis sollen den zahlreichen und massiven Widersprüchen und Ungereimtheiten in den Aussagen des Kronzeugen zum Anschlag auf die Zentrale Sozialhilfestelle für Asylbewerber 1986 und dem angeblichen RZ-Depot im MehringHof beigekommen werden.

Die BAW ihrerseits nahm heute zu zwei bereits gestellten Beweisanträgen der Verteidigung Stellung: Den Antrag zur Untersuchung eines Klebebandes lehnte sie ab, den Antrag, ein Gutachten über die Grundwasserstände unter dem MehringHof einzuholen, nicht.

Um ja keinen falschen Eindruck entstehen zu lassen, schoben die Sitzungsvertreter des Generalbundesanwaltes allerdings noch schnell einen "rechtlichen Hinweis" nach: Die in der Hauptverhandlung zu Tage getretenen Erkenntnisse ließen ihrer Ansicht nach eine Ausweitung der Anklage gegen Sabine E. und Matthias B. nach § 129b Abs. 2 in Frage kommen. Mit anderen Worten: Die BAW schafft die juristische Voraussetzung, um gegebenenfalls die beiden als "Rädelsführer" anklagen und aburteilen zu können.

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22.03.2002: 64. Prozesstag

Heute gings ums Geld

Die Geldangelegenheiten des Kronzeugen standen heute im Mittelpunkt. Es blieb zum Teil unklar, welche Zahlungen dabei in welchem Zusammenhang stehen. Die angebliche Geldübergabe an die RZ, die Beteiligung an einer Sportschule, die behauptete Beteiligung an einer Vermögensverwaltung und Mouslis privaten Interessen waren nicht eindeutig getrennt.

Zwei Anträge der Verteidigung im Zusammenhang mit dem angeblichen Sprengstoffdepot im Mehringhof beschlossen den kurzen Verhandlungstag.

ausführlicher Bericht


21.03.2002: 63. Prozesstag

Ein plumper Versuch der BAW zu soufflieren

Die heutige Hauptverhandlung fand am Nachmittag ein vorzeitiges und vor allem lautes Ende. Der Vormittag tröpfelte noch nach bekanntem Schema dahin. Der Kronzeuge wurde zum Bau eines Zünders befragt, der beim Anschlag auf die Zentrale Sozialhilfestelle für Asylbewerber zum Einsatz gekommen war. Daneben ging es erneut um das Abschottungs- und Sicherheitskonzept der RZ. Nach der Mittagspause begann dann die Verteidigung die Befragung des Kronzeugen zu einem Betrag über 60.000 Mark, die Mousli an "Siggi" zur Unterstützung von RZ- Illegalen übergeben haben will. Mousli wurde nach einigen Fragen auf Widersprüche zwischen seinen Angaben heute vor Gericht und bei Vernehmungen aufmerksam gemacht.

Der Streit zwischen Verteidigung, Bundesanwaltschaft und Gericht eskalierte an dem Punkt, als die Verteidigung wissen wollte, welche seiner Angaben denn nun richtig sei bzw. ob er bei der damaligen Vernehmung wahrheitsgemäße Angaben gemacht habe. Der Streit eskalierte, weil das Gericht für sich die Sache ausreichend geklärt sah. Hier witterte die Bundesanwaltschaft für sich eine günstige Gelegenheit, um dem Kronzeugen aus der Patsche zu helfen, in dem sie ihm aus Akten, die noch nicht eingeführt waren, soufflieren wollte. Um dies zu verhindern, intervenierte die Verteidigung massiv. Ein Wort folgte dem anderen. Entnervt unterbrach daraufhin die Vorsitzende Richterin Hennig kurzer Hand die Hauptverhandlung.

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15.03.2002: 62. Prozesstag

Sprengstoffdepot im MehringHof eine Lüge Mouslis

Aufgrund von Sprechchören und der Entfaltung zweier Transparente ("Harald muss 'raus!" und "Schluss mit der Erzwingungshaft!"), die die Freilassung des letzten noch in Haft befindlichen Gefangenen, Harald Glöde, forderten, sah sich die Vorsitzende Richterin veranlasst, den Saal räumen zu lassen. Ein Gerichtsdiener brach sich nach Angaben eines Personenschützers von Mousli dabei einen Finger und sprach in diesem Zusammenhang von einem "Kolateralschaden".

Nach zwanzigminütiger Unterbrechung wurde sodann das Originalvideoband der zweiten MehringHof-Durchsuchung am 30. Mai 2000 vorgeführt. Deutlich wurde in der sich anschließenden Befragung Mouslis durch die Verteidigung, dass "wir Zeugen waren einer Lüge des Herrn Mousli", so der Verteidiger Euler zum Abschluss des heutigen Prozesstages. Deutlich wurde, dass Mousli über ein angebliches Sprengstoff- und Waffendepot im MehringHof keine Kenntnis hatte, sondern frei fabuliert.

In zwei weiteren Komplexen wurde versucht, die Mitgliedschaft Mouslis in der Zeitschrift "radikal" sowie seine Kenntnisse der Literatur aus den "RZ" vor allem der frühen 80er Jahre - also der Zeit seiner angeblichen Mitgliedschaft - zu eruieren. Desweiteren wollte die Verteidigung vom Kronzeugen Mousli wissen, inwieweit er sich an den Bau des Sprengsatzes, der für den Anschlag auf die ZSA verwendet worden sein soll, noch erinnern könne. Denn Mousli behauptet, bei diesem Bau dabei gewesen zu sein.

Auch hier blieb Mousli, wie bei seinem Konstrukt eines Sprengstoff- und Waffendepots im MehringHof, blass.

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14.03.2002: 61. Prozesstag

Das Kammergericht bekommt auch Zweifel

Die Vorsitzende Richterin Hennig ließ heute erstmals unmißverständlich Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der Aussagen des Kronzeugen erkennen. Als schwer nachvollziehbar bezeichnete sie am heutigen Verhandlungstag die Angaben von Tarek Mousli zu dem Sprengstofffund am 'Seegraben' und dem angeblichen Waffen- und Sprengstoffdepot im 'Mehringhof'. Zuvor bekamen alle Prozessbeteiligten ein durchaus sehenswertes Video mit Originalton vorgeführt, das die zweite vergebliche Durchsuchung des Kreuzberger Mehringhofes am 30. Mai 2000 durch die Bundesanwaltschaft (BAW) und das Bundeskriminalamt (BKA) dokumentiert. Per Funkverbindung dirigierte der Kronzeuge damals die ErmittlungsbeamtInnen zu verschiedenen angeblichen Fundorten auf der Suche nach einem - unter einem schweren Eisendeckel verborgenen - Schacht. Zwischenzeitzlich war er mehrmals sicher endlich den Platz wiedererkannt zu haben, der ihm von 'Sebastian' als Lagerstätte gezeigt worden sein soll. Nur kurzzeitig ließ sich der Zeuge durch die offenkundigen Widersprüchlichkeiten in seinen Darstellungen verunsichern. Doch diesmal blieb ihm sogar die Unterstützung durch das Kammergericht verwehrt. Und noch mehr, es stellte sogar seine früheren Aussagen zum Auffinden von Sprengstoff im 'Seegraben' gleichfalls in Frage.

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08.03.2002: 60. Prozesstag

Gericht und Bundesanwaltschaft (BAW): "Dies hat der Zeuge schon beantwortet"

Heftige Auseinandersetzungen lieferte sich am heutigen Verhandlungstage die Verteidigung mit dem Gericht und der BAW. Der Grund waren widersprüchliche Aussagen des Kronzeugen bezüglich des Anschlages auf die Zentrale Sozialhilfestelle für Asylbewerber (ZSA) und die Beschneidung des Fragerechts der Verteidigung durch das Gericht. Zuvor hatte die Verteidigung von Harald G. drei neue Anträge gestellt. Die ersten beiden zielen darauf ab nachzuweisen, dass - anders als von Mousli behauptet - der Sprengstoff nicht 4,5 Jahre im Wassergraben gelegen haben kann. Der dritte Antrag soll zeigen, dass das Bundeskriminalamt (BKA) schon 1995 einen Zusammenhang zwischen dem in Berlin aufgetauchten Sprengstoff und Anschlägen, die der RZ zugeordnet wurden, hergestellt hatte.

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07.03.2002: 59. Prozesstag

Klare Worte zur Haftfrage

Der 59. Verhandlungstag begann mit klaren Worten. Einerseits begrüßte die Vorsitzende Richterin Hennig den Zeugenbeistand des Kronzeugen zu Beginn der Hauptverhandlung als Nebenklagevertreter - ein weiterer Fauxpas ihrerseits, der aber die Situation vor Gericht treffend beschreibt. Andererseits stellten die Verteidigerinnen von Harald G. einen Befangenheitsantrag gegen die Vorsitzende Richterin Hennig sowie die Richter Hanschke, Alban, Genthe und Lechner. Grund war die wiederholte Ablehnung auf Haftverschonung von seiten des Gerichts, da ein erhärteter Tatverdacht bestünde.

Die fortbestehende U-Haft von Harald G. könne nur als Aussageerpressung verstanden werden, so Rechtsanwältin Studzinsky, wobei das Recht des Angeklagten auf Aussageverweigerung missachtet würde.

Nicht nachvollziehbar sei, dass der Senat die Einlassungen von Rudolf Sch. und Axel H. lediglich in den Punkten, in denen sie sich selbst belasteten, für glaubwürdig halte, ansonsten aber davon ausgehe, dass sie "die im Ermittlungsverfahren und in der laufenden Hauptverhandlung gemachten Angaben des Kronzeugen bestätigt(en)" (O-Ton Senat).

Die übrigen Verteidiger, außer Rechtsanwalt Euler, schlossen sich diesem Antrag zwar nicht an, verurteilen aber in einer gemeinsamen Erklärung die Verfahrensweise des Gerichts massiv.

Weiter ging es mit der Befragung des Kronzeugen zum Thema Sprengstoffübergabe und Einbruch in seinem Keller 1995, bei dem der Sprengstoff von Dritten gestohlen worden sei. Im Anschluss daran wurde der Zeuge Daniel S. (26 J.) gehört, der damals mit einem Freund in den Keller in der Schönhauser Alle eingebrochen war.

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01.03.2002: 58. Prozesstag

Dem Kronzeugen ging es heute schlecht

Magenprobleme, Durchfall und Kopfschmerzen plagten den Kronzeugen heute und führten zu einem denkbar kurzem Verhandlungstag von lediglich zwei Stunden. Zuvor wollte Rechtsanwalt Euler etwas über die von Mousli behauptete Genese der Decknamen von Rudolf Sch. ('Jon') und Sabine E. (Judith') wissen. Mousli konnte sich auch heute nicht an einen früheren Decknamen erinnern, den Frau E. in den ersten zwei Jahren ihrer Zusammenarbeit benutzt haben soll. Ähnlich schwach war seine heutige Erinnerungsleistung bezüglich seines Tatbeitrages im Falle der Anschlages auf die Zentrale Sozialhilfestelle für Asylbewerber (ZSA), zu der er erneut von den Verteidigerinnen von Harald G. befragt wurde. Aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes wurde die Verhandlung heute frühzeitig abgebrochen. Falls es dem Kronzeugen wieder besser geht, wird die Verhandlung am Donnerstag, den 7.3. um 9:15 fortgesetzt.

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28.02.2002: 57. Prozesstag

Axel H. nach persönlicher Erklärung frei - Kronzeuge immer fragwürdiger.

Das Verlesen einer persönliche Erklärung des Angeklagten Axel H. führte heute zu seiner Freilassung nach mehr als 26 Monaten Untersuchungshaft.

In seiner Einlassung sagt er aus, er habe 1986 als "Anton" innerhalb der Strukturen der RZ die sogenannte "Flüchtlingskampagne" mitdiskutiert und sich um praktische Hilfe für die beiden Illegalen "Jon" und "Judith" gekümmert. Nach nur noch losen Kontakten 1987 habe er sich Anfang 1988 von der RZ getrennt. An Anschlägen sei er nicht beteiligt gewesen und das Sprengstoffdepot im Mehringhof habe es während seiner Zeit als Hausmeister in diesem Projekt nicht gegeben.

Bei der drauffolgenden Befragung des Kronzeugen Tarek Mousli ergaben sich wiederum erhebliche Widersprüche. Seine Beschreibung des Raumes mit dem angeblichen Sprengstoffdepot im Mehringhof weicht an wesentlichen Punkten von den Räumen ab, in denen mit seiner Hilfe per Videoverbindung - und erfolglos - nach Sprengstoff gesucht wurde.

Auf einer tabellarischen Übersicht der ihm bekannten RZ-Mitglieder und ihrer Verbindungen untereinander hatte der Kronzeuge mit Buchstaben Vermerke daüber gemacht, ob er das wisse oder nur vermute. Diese Vermerke hatte er dann zum Teil korrigiert.

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21.02.2002: 56. Prozesstag:

Am Ende ist es eben "nicht erinnerlich"

Heute wurde die Befragung des Kronzeugen zur Einlassung Rudolf Schindlers von der Verteidigung fortgesetzt. Thematisiert wurde dabei ausschließlich der Sprengstoffanschlag auf die Berliner "Zentrale Sozialhilfestelle für Asylbewerber" (ZSA) am 6. Februar 1987. Schindler hatte angegeben, dieser Anschlag sei "Mouslis Projekt" gewesen, den sie beide alleine durchgeführt haben. In Mouslis Version waren alle Angeklagten daran beteiligt. Er selbst habe nur Sicherungsmaßnahmen vorgenommen.

Die berechtigten Zweifel an Mouslis Version kommen nicht von ungefähr. Hatte er in ersten Vernehmungen alle Angeklagten beschuldigt, schloss er erst auf entsprechende Vorhaltungen des BKA die Beteiligung von Harald G. aus. Ihm war bekannt gemacht worden, dass sich Harald G. zum Zeitpunkt des Anschlags in Polizeigewahrsam befand. Nicht geklärt werden konnte heute, ob Harald G. an einem Nachbereitungstreffen eine Woche nach der Aktion teilgenommen hat, wie es Mousli behauptet hatte. Ob Harald G. dabei war oder nicht, war Mousli heute "nicht mehr erinnerlich". Offen blieb auch, warum Harald G. überhaupt zu dieser Aktion herangezogen worden sein soll, obwohl polizeiliche Ermittlungen gegen ihn stattfanden. So wurde noch im Dezember 1986 eine Hausdurchsuchung in Berlin in diesem Zusammenhang durchgeführt. Laut Mousli soll das aber die RZ nicht darin gehindert haben, Harald G. Anfang Januar 1987 in die Vorbereitung des Anschlags mit einzubeziehen. Ebenso ungeklärt blieb auch, warum die Aktion von allen RZ-Mitgliedern gesichert worden und warum Matthias B. eine Rolle bei der Auswahl des Anschlagszieles gespielt haben soll.

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