Die
Bewegung gegen die Startbahn West - August 1983
ein paar Gedanken zum guten Schluß
Wie bereits festgestellt, hat die Kontinuität militanter Politik
erfolgreich zur Entstehung organisierter Militanz beigetragen. Sie
drückt sich z.B. darin aus, daß es demnächst an
der Startbahnmauer kaum noch Streben zu knacken gibt (Mönchbruch
Liberation Army, Anarchie & Gaudi, Panzerknacker e.V.), Betreiber
und Gerichte weiter zur Verantwortung gezogen werden.
Der Ausdehnung und Festigung des Kleingruppenkonzepts und einer
großen Akzeptanz militanter Aktionen steht auf Massenebene
das Fehlen eines politischen Pendants gegenüber (die Gründe
dafür haben wir im Vorhergehenden benannt). Deutlich wird dieses
Dilemma wieder in Form und Inhalt der Beteiligung der Startbahnbewegung
in der Friedensbewegung. Das Fehlen eines politischen Katalysators
ermöglicht heute wieder die offizielle Dominanz der Bewegungsverwalter.
So scheuen sich die ehemaligen Betreiber des Volksbegehrens gegen
die Startbahn West nicht, erneut ein "Hessisches" Volksbegehren,
diesmal "für den Frieden" anzuleiern.
Im Startbahnkonflikt sind Erfahrungen und Entwicklungen gemacht
worden, die wichtige Impulse in die Friedensbewegung tragen können,
um sie tatsächlich zu einem wirkungsvollen Faktor gegen die
Raketenstationierung zu machen. Menschenketten, symbolische Blockaden
sind ein politischer Rückfall in vorstartbahnliche Zeiten.
In ihnen werden sämtliche Kampf- und Bewußtseinsprozesse
negiert und zurückgenommen, die in mehreren Jahren Startbahn-
Kampf gewachsen sind.
Die Gewaltfrage ist nicht das wirkliche Problem der Friedensbewegung.
Deutlicher noch als im Startbahnkonflikt entspringt die organisierte
Gewaltlosigkeit der Friedensbewegung nicht einer Bewußtseinslage,
die die Form des Kampfes meint, sie ist hier wie dort die verwaltende
Organisationsform.
Nur als solche kann sie be- und angegriffen werden.
Ob Bonn [22] oder
Neu- Ulm, solche Unternehmungen auf Bundesebene - besonders im Hinblick
auf die politische Zusammensetzung der Friedensbewegung - sind so
angelegt, daß das praktische Einbringen anderer und eigener
Momente kurzfristig und zu dem Termin nicht möglich, durchsetzbar
ist.
Es fragt sich, warum partout vermieden wird, Demos und Aktionen
in der Region durchzuführen. Als ob es hier an Objekten mangelte.
Es hat den Anschein, daß die vordergründigen Argumente
gegen eine Air- Base- Demo/ Blockade (die ja vielfältige Formen
haben könnte), wie der Dauerlutscher "Die Bürger
machen da nicht mit", eher die Befürchtung beinhalten,
diese oder andere regionale Aktionen könnten erneut unkontrollierbar
die Eigendynamik der alten Bewegung in Gang bringen und eskalieren.
Dies gerade in Bezug auf die Air- Base, die wie kein anderes Objekt
die Verbindungslinie zur Startbahn West herstellt.
Die Sonntagsspaziergänge haben mittlerweile eine eineinhalbjährige
Tradition - Gradmesser für die anhaltende Mobilisierung. Das
Ausmaß der Beteiligung ist im Laufe der Zeit mehr und mehr
zurückgegangen. Je mehr sichtbar wurde, wie das Projekt durchgezogen
wurde, desto weniger Leute kamen noch raus.
Die Bullen haben gelernt, die Aktivitäten - von Ausnahmen
abgesehen - in den Griff zu bekommen. Sie sind dabei immer dreister
geworden. Daß sie es sich inzwischen leisten können,
ganz frech das gesamte Gebiet um's Startbahn- Gelände zu kontrollieren
und andauernd im Wald rumzufahren, ist eigentlich eine Schande.
Eine Möglichkeit, dem Einhalt zu gebieten und sie wenigstens
wieder hinter die Mauer zu scheuchen, wäre unter anderem z.B.
der massenhafte Einsatz von Krähenfüßen, Buttersäure
gegen Bullen. Ergänzt durch allerlei andere Attacken und Späßchen
könnte das ein praktisches Nahziel - Bullen hinter die Mauer
- der unbeirrten Bewegung sein. Ein solcher kleiner Sieg könnte
- was sehr wichtig ist - frischen Wind in die zum Ritual erstarrten
allsonntäglichen Geplänkel (meist am Feldherrenhügel)
bringen.
Denn ohne frischen Wind läuft die Sonntagsbewegung Gefahr,
wegen der sich ausbreitenden Frustration und Resignation sich noch
weiter zu dezimieren.
Also denn
Stärke, Lust und Fantasie besiegt die Bullenmaschinerie
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