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Die
Bewegung gegen die Startbahn West - August 1983
Dieses
Papier ist das vorläufige Ergebnis unserer Aufarbeitung des
Kampfes gegen die Startbahn 18 West.
Wir haben diese Untersuchung versucht, weil wir es wichtig finden,
die Gründe für die Entwicklung von Kämpfen, ihren
Siegen und Niederlagen herauszufinden und auf den Begriff zu bringen,
um Konsequenzen daraus ziehen und damit arbeiten zu können.
Für die bevorstehenden Auseinandersetzungen um das AKW Wyhl,
die WAA in Dragahn [1]
etc. ist es wichtig, daß die Startbahn- Bewegung ihre Erfahrungen
zusammenfaßt und weitergibt. Denn gerade der Konflikt um die
Startbahn war der erste, in dem die Herrschenden ihre Interessen
trotz riesiger Mobilisierung und massenhafter Radikalisierung militärisch
durchgesetzt haben. Die Erfahrungen, die hier gemacht wurden, konnten
in Wyhl und in Dragahn/Gorleben so noch gar nicht gemacht werden.
Wir beanspruchen mit unserem Beitrag weder Vollständigkeit
noch absolute Richtigkeit. Es geht uns vielmehr darum, einen Diskussions-
und Aufarbeitungsprozess in der Bewegung in Gang zu setzen und diese
Diskussionen auch öffentlich (schriftlich) zu führen.
Daß das Papier Einschätzungen enthält, die viele
provozieren und manche als zu hart oder gar unerhört empfinden
werden, ist uns klar. Andererseits ist dies unumgänglich, weil
das Ziel offene und radikale Diskussion über den und nicht
Glorifizierung und Beweihräucherung des Widerstands heißt.
Die Linke hat es bisher nie geschafft, gekämpfte Kämpfe
gründlich und genau zu analysieren, um aus den gemachten Fehlern
überhaupt lernen zu können. Dieses Manko muß schleunigst
aufgehoben werden.
Praktisch könnten wir uns vorstellen, aus den Ergebnissen
einer Vielzahl von Diskussionen eine Broschüre oder ein Buch
zu machen. Ein Buch/Broschüre, das/die erscheint, weil so viel
gedacht und geredet worden ist. Und keine Diskussionen, die geführt
werden, weil was veröffentlicht werden soll.
Es wäre an der Zeit, eine eigene Geschichtsschreibung zu entwickeln,
die weniger die Repressions- als vielmehr die Widerstandserfahrungen,
Erfolge wie Niederlagen vermittelt. Eine Geschichtsschreibung der
Bewegung selbst, die das nicht mehr den mehr oder weniger Professionellen
und in der Regel Außenstehenden überläßt.
In vielen Bereichen und Gruppen sind wir natürlich nicht drin,
kennen uns nicht aus (v.a. in solchen, die nicht unbedingt im Rampenlicht
stehen) und können deshalb nicht einschätzen, was dort
läuft und wie. Viele positive Ansätze haben wir aus diesem
Grund nicht mitgekriegt und konnten deshalb auch nicht in unsere
Einschätzung einfließen. Es wäre gut, wenn sich
gerade auch die Gruppen und Leute mal äußern würden,
die heute noch aktiv gegen die Startbahn kämpfen und mal darstellen
würden, wie sie das Ganze betrachten.
Die Verhinderung eines Großprojektes könnte ein wichtiges
Etappenziel eines langfristig angelegten Kampfes sein, das durch
seine Signalwirkung die Perspektive von Widerstand, gegen die Resignation
und Ohnmacht, verbreitert und stärkt. Das Gefühl, doch
nichts ändern zu können, letzten Endes immer der Verlierer
zu sein, hält viele Leute davon ab, sich beharrlich zu wehren.
- Um den Startbahnkomplex unter diesen Voraussetzungen - wenigstens
im Nachhinein - zu untersuchen, ist natürlich die erste Frage,
um was für ein Projekt es sich überhaupt handelt. In
welchem politischen, ökonomischen und militärischen
Kontext steht es, ist es seitens der Herrschenden aufgebbar oder
nicht?
- Die Bewegung selbst haben wir primär unter dem Gesichtspunkt
betrachtet, wann es in ihrer Entwicklung eine Stärke gab,
die - weiterentwickelt - es möglich gemacht hätte, das
Projekt zu kippen oder wenigstens erheblich zu verzögern.
Was hätte besser oder anders gemacht werden können,
wie war die Bewegung zusammengesetzt, welche vorhandenen bzw.
fehlenden politischen Strukturen sind evtl. Ursache ihres Scheiterns?
- Für die Frage nach den Entwicklungsmöglichkeiten
und Perspektiven einer regionalen Bewegung ist es von zentraler
Bedeutung, wie es eigentlich um die radikale Linke in der Region
ausschaut. Beschränken wir uns dabei auf Frankfurt, weil
Kapitalmetropole dieser Region und Ende der 60er / Anfang der
70er eine "Hochburg" der linksradikalen Bewegung. Daß
die Situation der autonomen Szene hier weit weniger rosig ist,
als es außerhalb vielleicht scheinen mag, hat einen historischen
Hintergrund, den wir - notgedrungen kurz - anreißen wollen.
- Das Volksbegehren [2]
war für die überregionale Mobilisierung ein wichtiger
Faktor. Welche Funktion kam ihm regional zu?
- Bürgerinitiativen prägen die AKW- und Umweltbewegung,
ebenso die Friedensbewegung. Für eine Einschätzung ihrer
Taktik und Konfliktbereitschaft, wie für die Frage nach möglichen
"Bündnispartnern" ist es unverzichtbar, zu wissen,
mit wem mensch es dabei zu tun hat, was deren Hintergrund und
ihre Perspektiven sind.
- Die Startbahnbewegung ist initiiert und hauptsächlich
getragen von der ansässigen Bevölkerung. Was sind die
lokalen Voraussetzungen und welche Folgen hat das Projekt für
die dort Lebenden?
- Unser Engagement im Konflikt war relativ groß und kontinuierlich:
wie haben wir unsere Beteiligung am Kampf gegen die Startbahn
gesehen, was finden wir in Nachhinein richtig, was falsch und
kritikwürdig?
Im Anschluß daran folgt dann noch der Versuch einer Auseinandersetzung
mit der Karry- [3] Aktion.
Der weitaus überwiegende Teil des Papiers ist bereits über
ein halbes Jahr alt und deshalb teilweise nicht mehr auf dem neusten
Stand. (August 1983)
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