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21.12.2001: 46. Prozesstag

Die umwerfende Logik der Bundesanwaltschaft

Auch das morgendliche Schneegestöber konnte ein rundes Dutzend ZuschauerInnen nicht davon abhalten dem letzten Sitzungstag in diesem Jahr beizuwohnen.

Der BKA-Beamte van Elkan wurde wiederholt zu der Hausdurchsuchung am 23. November 1999 beim Angeklagten Axel H. befragt. Der dabei angeblich u.a. gefundene und beschlagnahmte Revolver wurde waffenrechtlich und -technisch vom BKA untersucht, ohne ein nachprüfbares Ergebnis allerdings. Bei den ebenfalls eingezogenen Notiz- und Adressbüchern will der Kronzeugen Tarek Mousli später angeblich die Schrift des Angeklagten H. wiedererkannt haben. Wie diese Identifizierung durch Mousli möglich war, konnte der Polizist nicht erklären. Auch das Ergebnis eines angeblich beauftragten vergleichenden Schriftgutachtens sei ihm nicht bekannt.

Zum Schluss des sehr kurzen Verhandlung ließen es sich die Bundesanwälte Bruns und Mägerle nicht nehmen, die am Vortag gestellten Anträge der Verteidigerinnen von Harald G. abzuweisen. Die geforderte Bereitstellungen eines Casettenabspielgerätes, zur nachvollziehbaren zeitlichen Einordnung der vorliegenden Tonbänder der Telefonüberwachung von Mousli, sei unnötig. Es wäre schließlich nur in einem Fall eine Inkorrektheit aufgetreten, die erklärbar sei. Auch die geforderte Akteneinsicht weiterer vermuteter BKA-Ermittlungsergebnisse wäre nicht prozessrelevant. Die Widersprüche beim Sachstandsbericht der Behörde aus dem August 1999 wären doch völlig logisch, wenn mensch seiner folgen würde. Durch die unübersehbare Erweiterung der Stofffülle, soll das Verfahren nur undurchführbar gemacht werden. Die VerteidigerInnen Kaleck und Würdinger bezeichneten hingegen die vorgebrachten Einwände der Bundesanwaltschaft als stil- und haltlos.

Im Jahr 2002 geht's weiter: der nächste vollständige Gerichtstermin findet am Do., den 03. Januar statt, voraussichtlich dann wieder unter der Mitwirkung des Kronzeugen.

ausführlicher Bericht


20.12.2001: 45. Prozesstag

Erinnerungslücken und Schweigen

Am seinem dritten Vernehmungstag sollte der Zeuge Ralf Trede - 1998 bis 99 als Ermittlungsführer beim BKA gegen die RZ tätig - über die Ermittlungstätigkeit des BKA Auskunft geben. Insbesondere ging es um zwei Themen: Wie wurde Matthias B. als "Heiner" identifiziert? Welche Ermittlungsunterlagen wurden und werden dem Gericht und der Verteidigung vorenthalten? Der Zeuge konnte nur wenig zur Erhellung beitragen: Erinnerungslücken wechselten sich mit unvollständigen Aussagen ab. Die Verteidigung beantragte die Originalaufnahmen der Telefonüberwachungen und die Originalversion eines offensichtlich gefälschten Sachstandberichtes vorzulegen.

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14.12.2001: 44. Prozesstag

Kostenbewußter BKA-Beamter Trede aß mit Bundesanwaltschaft am Savignyplatz

Im heutigen Prozesstag wurde die Vernehmung des BKA-Beamten Ralf Trede zu dem vermeintlichen Sprengstofffund im Wassergraben fortgesetzt. Gegenstand waren auch die Glaubwürdigkeit der Zeugin Karmen T., die Frage, wann Mousli erstmals die Kronzeugenregelung angeboten wurde und diverse Absprachen zwischen Trede und der Bundesanwaltschaft im Vorfeld der gestrigen und heutigen Verhandlung.

Offensichtlich wurde vor allem, dass Trede am gestrigen Verhandlungstag Angaben gemacht hatte, die in Hinblick auf die Sprengstoffsuche zumindest den vorliegenden Akten widersprechen. Während Trede etwa von langwierigen Suchaktionen entlang des Gewässers, gefesselt an Mousli, berichtet hatte, weil dieser sich unsicher gewesen sei, wo genau er den Sprengstoff in den Graben geworfen hätte, geht aus den Akten dagegen hervor, dass er diese Stelle - immer wieder ist eindeutig von "der erstbezeichneten Stelle" die Rede - , genau lokalisieren konnte. Auch heute konnte nicht geklärt werden, warum zwei Suchaktionen den Sprengstoff nicht zu Tage förderten.

Deutlich wurde auch, dass vom Bundeskriminalamt (BKA) den zahlreich auftauchenden Widersprüchen nicht nachgegangen wurde, auch dann nicht, als am 24. August 1999 zwar ein Wecker an der von Mousli bezeichneten Stelle gefunden wurde, der Sprengstoff aber knapp 170 Meter entgegen der Fließrichtung lag. Auch auf die Angaben der Zeugin Karmen T., Mousli habe den Graben im Frühjahr 1995 gar nicht kennen können, reagierte das BKA nicht.

Knapp einem Meineid entging der Zeuge Trede (41) am gestrigen Verhandlungstag, als er behaupten wollte, im Vorfeld seiner Vernehmung nicht mit Bundesanwalt Volker Bruns gesprochen zu haben. Heute gestand er ein, ein solches Gespräch habe es gegeben, und musste zudem zugeben, er habe am gestrigen Tage von nachmittags 17.00 Uhr "bis etwa 23.00 Uhr" mit beiden Bundesanwälten, Bruns und Maegerle, den Abend verbracht. Trotz intensiver Bemühungen der Verteidigung, die zum wiederholten Male von Richter Alban und Bundesanwalt Bruns zu torpedieren versucht wurden, weigerte sich Trede, detailliert zu benennen, worüber an diesem Abend gesprochen wurde. Lediglich, dass es "zwischen dem 17. Juli und 24. August 1999 beim BKA chaotisch zugegangen war", ließ er sich entlocken, wie er ohnehin permanent Erinnerungslücken zelebrierte, statt auf Fragen zu antworten.

Ohne von der Vorsitzenden Richterin, Gisela Hennig, zurechtgewiesen zu werden, konnte er so behaupten, er könne sich weder an sein Telefongespräch mit Bruns von "vor etwa drei, vier Wochen" erinnern, noch daran, welche Akten er sich seit dem 4. Dezember 2001, also vor etwa zehn Tagen, angesehen habe. Selbst als er auf die Frage der Verteidigung, was seine BKA-Kollegen nach der vergeblichen Suche nach dem Sprengstoff von Mousli als "ihrem" Kronzeugen gehalten hatten, vollends schwieg und gar keine Antworten mehr gab, intervenierte Hennig nicht.

In entsprechend aggressiver Stimmung endete der Prozesstag um 12.30 Uhr und wird am kommenden Donnerstag, dem 20. Dezember, mit einem weiteren Vernehmungsversuch Tredes fortgesetzt.

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13.12.2001: 43. Prozesstag

"Ich würde Ihnen ja gerne helfen ..."

Am heutigen Verhandlungstag wurde als einziger Zeuge der BKA-Beamte Ralf Trede befragt. Seit November 1997 war er, u.a. von der Bundesanwaltschaft, damit beauftragt, Verwendung und Funde des Sprengstoffs Gelamon nach 1987 zu recherchieren. Bei diesen Ermittlungen, wurde Trede unmittelbarer Mitarbeiter des schon länger tätigen Ermittlungsführers Schulzke.

Beide ermittelten zusammen u.a. gegen den jetzigen Kronzeugen Mousli und dessen damalige Freundin Karmen T. Auf diese Spur hätte sie der Sprengstoff aus einem Kellereinbruch 1995 in Berlin gebracht. Ein junger, bereits verurteilter "Allgemeinkrimineller" wäre letztlich "überzeugt" worden, sie zum Tatort zu führen, an dem dann durch kriminaltechnische Untersuchung ein Sprengstofflager hätte nachgewiesen werden können. Die folgenden Ermittlungen hätten sich dann auf die Wohnungsmieter des Kellers, den Kronzeugen und seine Lebensgefährtin konzentriert. Verdeckte Ermittlungen hätten dann zu Durchsuchungen bei Mousli und letztlich im Mai 1999 zu seiner ersten Festnahme geführt. Trede hätte sich dann ausschließlich um den Verbleib des restlichen Gelamons gekümmert, den Tarek Mousli in einem Feuchtgebiet nahe Buch entsorgt haben will.

Die Suche am "Seegraben" bleibt zunächst ohne Erfolg, erst bei einer erweiterten Aktion im August 1999 wäre man fündig geworden.

Der gesamte Verhandlungstag war von dem offenkundigen vorbereiteten und einstudierten Aussageverhalten des Zeugen schwer gezeichnet. Ausweichende Antworten, schlagartig einsetzende Vergesslichkeit, Detailvorträge an unbedeutenden Punkten, Antworten auf nicht gestellte Fragen, so sah die taktische Schablone für seinen Auftritt vor dem Kammergericht aus. Was taten die Ermittler des BKA zwischen 1995 (Fund beim Einbruch), November 1997 (Zuordnung zu RZ-Anschlägen) und März 1998 eigentlich? Wie konnte der offensichtlich kooperationsunwillige junge Einbrecher dazu gebracht wurde, den Beamten den Keller zu zeigen? Woher wusste Tarek M. beim Einbruch vom "Seegraben" , obwohl er ihn erst durch Karmen T. später kennnengelernt hat? Warum tauchten beim Ermittler keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des späteren Kronzeugen auf, nachdem der Fundort des Sprengstoffes offensichtlich falsch war? Warum wurde die spätere Fundstelle des Sprengstoffs im Seegraben nicht ausreichend untersucht und dokumentiert?

Selten haben bei einer Vernehmung in diesem Verfahren nicht beantwortete Fragen bessere Auskünfte erteilt.

Aber, es ging nicht immer gut. Nachdem Trede jegliche Amtskontakte zu Prozessinhalten im Vorfeld verneint hatte, musste ihn der Bundesanwalt höchstpersönlich an mehrere Telefonate mit ihm selbst erinnern, um so "seinen BKA-Mann" vor einem möglichen Meineid zu bewahren. Aber selbst darüber, so Trede, müsse er erst noch nachdenken ... bis morgen, Freitag, den 14.12. ab 9.15 Uhr (an gleicher Stelle), dann geht's weiter!

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07.12.2001: 42. Prozesstag

Sechs in weniger als drei Stunden

Am heutigen Verhandlungstag waren verschiedene Zeugen geladen, die zu den Ermittlungen im Fall Korbmacher, dem Sprengstoffanschlag auf die Siegessäule bzw. zu Auswertungsmethoden des Bundeskriminalamtes (BKA) befragt wurden. Von den insgesamt sechs Zeugen stammten fünf aus den Reihen der bewaffneten Organen, die sechste Zeugin ist Taxifahrerin.

Kriminalhauptkommissar i.R. Joachim Meiser (64), dessen Befragung fünf Minuten dauerte, war beteiligt an den Ermittlungen zum Tatfahrzeug im Fall Korbmacher. Bemerkenswert an seiner Aussage war lediglich, dass zum ersten Mal während dieser Hauptverhandlung davon die Rede war, die "Selbstbezichtigungsschrieben", in denen die RZ zu ihrer Aktion Auskunft gab, seien unterschiedlichen Formats gewesen. Sein Kollege Horst Nickel (62), Polizeibeamter a.D., veranlasste die Überprüfung des Fluchtautos, das bei dieser Tat verwendet worden war und monatelang in Berlin-Dahlem stand. Detailliert gab er Auskunft, wie, warum und in welcher Weise die Sicherstellung des Autos erfolgte. Der 48-jährige Klaus Brinkmann vom BKA referierte über seine Untersuchung, die dem in diesem Wagen vorgefundenen Brandsatzes galt, der nicht explodiert war. Seine Aufgabe war es, etwaige "Tatmittelübereinstimmungen" festzustellen, die zum Ergebnis hatten, dass Zündvorrichtungen der gleichen Art bei Anschläge in Hamburg und Hannover verwendet worden war, nicht aber in Berlin.

Nach einer vorverlegten Mittagspause schilderte der pensionierte Kriminalbeamte Eberhard Marter (64) ab 11.20 Uhr die Situation an der Siegessäule, am Morgen nach dem missglückten Sprengstoffanschlag auf die Victoria-Figur. Danach kam die mutmaßliche einzige "Tatzeugin", die Taxifahrerin Antje B. (38) zu Wort. Sie war zum Explosionszeitpunkt mit ihrem Taxi auf der Straße des 17. Junis unterwegs, hatte aber keine verdächtigen Beobachtungen gemacht. Lediglich eine kleine Pulverwolke an der Siegessäule war ihr aufgefallen, die sie allerdings für von einer Silvesterrakete verursacht hielt. Als letzter an diesem Verhandlungstag durfte der BKA-Beamte Michael Döll (50) zur technischen Auswertungsmethode von Karbonbändern Stellung nehmen, was er souverän meisterte, in dem er den halbautomatischen Vorgang schilderte.

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06.12.2001: 41. Prozesstag

Vom Gerichtssaal der offenen Fragen zum Hörsaal der offenen Antworten

Am heutigen Prozeßtag sagten zwei ZeugInnen und zwei Sachverständige aus. Dabei ging es bei der ersten Zeugin um den Sprengstoffanschlag im Februar 1987 auf die Berliner Zentrale Sozialhilfestelle für Asylbewerber (ZSA). Gerda E. (daselbst Verwaltungsangestellte) führte aus, es habe bei der ZSA zu dieser Zeit nur einen Einzelplatz-Computer gegeben. Ein Zentralcomputer sei erst 1990/91 installiert worden.

Als zweiter Zeuge gab der heute 71jährige Pensionär Karlheinz Halfter trotz "dürftiger Erinnerung" Auskunft darüber, wie er nach dem Sprengstoffanschlag den Tatort ZSA vorgefunden hatte, wie die Ermittlung von Spuren vor sich ging und wie es zu seinen Vermutungen über den möglichen Weg der TäterInnen, der möglichen Tatzeit und der möglichen Schadenshöhe kam. Die "Inaugenscheinnahme" von Bildern und Skizzen und das "Vorhalten" von Textstellen aus seinem damaligen Bericht halfen bei der Teils mühseligen Erinnerungsarbeit. Umso erstaunlicher ist, daß ihm die Forderung "Für freies Fluten" aus dem Bekennerschreiben noch nach 15 Jahren "in Erinnerung geblieben" ist.

Während der ehemalige Kriminalbeamte Halfter sich durch Lehrgänge immerhin als Sprengstoffermittler qualifiziert hatte, trat nach ihm mit Dr. Hans-Joachim K. ein ausgesprochener Sprengstoffexperte als Sachverständiger auf. In knapp zwei Stunden erhielten alle Anwesenden von ihm äußerst detailreiche Auskünfte über die chemische Zusammensetzung, Hersteller, die Lagerung und das Verhalten von Sprengmitteln. Dass der Gerichtssaal bisweilen zum Hörsaal mutierte, war sicher auch der Liebe des Dr. K. zu seinem Metier geschuldet. Die entscheidende Frage jedoch - ob sich nach langfristiger Lagerung des Sprengstoffs Gelamon 40, vorausgesetzt die Bedingungen der Lagerung sind bekannt, aus dem verbliebenen Anteil der Chemikalien Rückschlüsse auf die Dauer der Lagerung ziehen lassen - konnte der Sachverständige nicht beantworten und muss nun von einem anderen Experten geklärt werden.

Als zweiter Sachverständiger war der Diplominformatiker Wolfgang D. vom Bundeskriminalamt (BKA) geladen. Verschiedene Merkürdigkeiten hatten beim Abhören der Cassetten aus der Telefonüberwachung des Kronzeugen sowohl beim Senat als auch bei den VerteidigerInnen zu offenen Fragen geführt. So gab der BKA-Beamte in gleichfalls rund zwei Stunden zwar einen tiefen (und mit einem eigens aufgebauten Abhörgerät auch sinnlichen) Einblick, wie mensch abgehört wird, konnte aber - wie sein Vorgänger - an bestimmten Punkten nicht weiterhelfen. Im Zentrum des Interesses standen Daten (wie Tag, Ort und Zeit), die im Kontext mit dem abgehörten Gespräch erfaßt werden. Weil ein Teil dieser Daten auch von den mit dem BKA kooperierenden Netzbetreibern erhoben und geliefert werde, so der Sachverständige, gäbe es auch die Möglichkeit, dass angesprochene Unstimmigkeiten auf technische Probleme der Netzbetreiber zurückzuführen seien.

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30.11.2001: 40. Prozesstag

Was das BKA unter Ermittlungsarbeit versteht

Vor äußerst ausgedünnten Zuschauerbänken mussten heute drei BKA-Beamte vor dem 1. Strafsenat Rede und Antwort stehen. Bei den drei BKA-Beamten handelte es sich um den Leiter der Wohnungsdurchsuchung und Festnahmeaktion von Axel H. am 19.12.1999, Helmut Hause, seinen Kollegen Boris Bischoff sowie um Sven van Elkan, der mit der Auswertung der bei der Durchsuchung beschlagnahmten Asservate beauftragt war.

Im Mittelpunkt der Befragung von Hause und Bischoff stand dabei die Aufklärung darüber, in welchen Räumen welche Dinge gefunden wurden. Durchsucht wurden damals nicht nur die Wohnung von Axel H., sondern auch ein Abstellraum und Gemeinschaftsräume, die auf dem selben Stockwerk gelegen sind. Die Ermittler fanden in dem Abstellraum eine Schreibmaschine, auf der Briefe von Axel H. und ein Brief unterzeichnet mit "Anton" (laut dem Kronzeugen Tarek Mousli der Deckname von Axel H.) geschrieben worden waren, wie eine Analyse des Karbonband ergab. Warum das BKA damals diesen Raum untersucht hatte, und welche Anhaltspunkte es gab, dass dieser Raum Axel H. zuzurechnen sei, darüber könnten beide heute keine Auskunft geben. Zugeben mussten sie allerdings, dass der Abstellraum allgemein zugänglich war und sie ihn selbst zum Zeitpunkt der Durchsuchung unverschlossen vorgefunden hatten.

Die kriminalpolizeiliche Auswertung der Gegenstände, die bei den Durchsuchungen der Wohnung am 23.11. und 19.12.1999 beschlagnahmt worden waren, oblag dem BKA-Beamten van Elkan. Er hatte die kriminaltechnische Untersuchung des Karbonbands veranlasst. Gleichzeitig war er verantwortlich für die Auswertung gefundener Adressbücher, Notizbüchern und anderen Aufzeichnungen. Auf die Qualität der Ermittlungsarbeit wirft der Umstand ein bezeichnendes Licht, dass weder handschriftliche (Vergleichs-)Analysen, noch Altersbestimmungen unternommen wurden, die über das Datum der Aufzeichnungen Aufschluss geben könnten. Das BKA begnügte sich, die Adressbücher und andere Notizen auf Namen und Umstände abzugleichen, die ihm im Zuge seiner Ermittlungen in Sachen RZ bekannt geworden sind. So lassen sich in den Adressbüchern die Telefonnummern von allen weiteren Angeklagten und Lothar E., gegen den die BAW ein Auslieferungsverfahren in Kanada führt, finden. Inwieweit die Auswertung auf den Angaben des Kronzeugen beruhte oder umgekehrt, die Auswertungen bei den Vernehmungen des Kronzeugen zum Einsatz kamen, konnte nicht geklärt werden. Ebenso wenig wurde geklärt, was es mit einer Notiz auf sich hat, die nach Angaben von Mousli Hinweise auf ein Treffen von Axel H. mit Rudolf Sch. gibt. Die Befragung des BKA-Kriminalkommissars van Elkan zu diesem und anderen Punkten wird am kommenden Freitag fortgesetzt.

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29.11.2001: 39. Prozesstag

Durchsuchungen und ein Geburtstagsständchen

Zu Beginn des heutigen Verhandlungstages ließ es sich die große Mehrheit der 25 ProzessbesucherInnen nicht nehmen, dem Angeklagten Axel H. ein kleines Geburtstagsständchen zu singen.

Dem folgte ein Beweisantrag der Verteidigung von Harald G. Diese will durch das Hinzuziehen weiterer Unterlagen des Bundeskriminalamtes (BKA) beweisen, dass der Kronzeuge Mousli bereits 1995 im Blickfeld der Ermittlungsbehörden stand und nicht - wie es die bisher vorliegenden Akten darstellen - erst seit Oktober 1997.

Weiterhin wurden fünf Zeugen zu drei unterschiedlichen Komplexen befragt.

Das Motorrad des ersten Zeugen Ulrich B. hatte als Vorlage für eine Doublette bei dem Anschlag auf Korbmacher im Jahre 1987 gedient. Der Zeuge beschrieb und identifizierte auf Fotos sein damaliges Motorrad.

Als Nächster berichtete ein BKA-Beamter über die zweite erfolglose Durchsuchung des Mehringhofs am 30.5.2000. Während dieser Polizeiaktion hatte der Kronzeuge die Suche nach einem von ihm behaupteten Waffen- und Sprengstoffdepot über eine Videoverbindung verfolgt und die FahnderInnen per Telefon dirigiert. Es stellte sich heute heraus, dass ein Videoband dieser Durchsuchung im BKA existiert. Das Gericht will darüber nachdenken, ob es diese Aufzeichnung in den Prozess einführt.

Über die Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten Axel H. im November 1999, bei der u.a. eine Pistole und Munition gefunden wurden, gaben danach drei beteiligte BKA-Beamte mehr oder weniger Auskunft.

Es ging im wesentlichen um die Frage, wer wo welche Gegenstände gefunden und nach welchem Verfahren sie asserviert wurden. Trotz einer Asservatenliste konnten sich die Beamten an die genauen Umstände des Auffindens nicht mehr erinnern. So konnte heute nicht geklärt werden, wo die Munition gefunden wurde, die offensichtlich veraltet war und auch nicht zur Pistole paßte. Klar wurde lediglich, dass die Pistole selbst nicht versteckt gewesen sei, sondern "irgendwo dazwischen" in einem Regal gelegen habe.

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23.11.2001: 38. Prozesstag

Polizeiliche Berichte über Durchsuchung des Mehringhofs

Im Mittelpunkt des heutigen Verhandlungstages stand die Durchsuchung des Berliner Kulturzentrums Mehringhof am 19.12.1999.

Die als Zeugen geladenen Beamten des Bundeskriminalamtes (BKA) Horst Kröschel und Kurt Schmitz bestätigten, dass dabei weder die vier eingesetzten Sprengstoffspürhunde noch die neun Durchsuchungsteams Waffen oder Sprengstoff finden konnten. Nach Angaben von Tarek Mousli sollten sich mehrere Kilogramm des in Salzhemmendorf gestohlenen Sprengstoffs Gelamon sowie Schusswaffen in einem Aufzugschacht des Mehringhofs befinden. Sowohl Einsatzleiter Kröschel als auch der für die Durchsuchung des Kellerbereichs zuständige Schmitz sagten aus, sie hätten die Durchsuchung in der Gewissheit beendet, dass es definitiv keinen Sprengstoff im Mehringhof gegeben habe. Sie hätten auch nicht den Eindruck gehabt, dass MitarbeiterInnen des Zentrums vorab bekannt geworden sei, dass eine Durchsuchung geplant gewesen war.

Außer diesen BKA- Beamten waren heute drei weitere ZeugInnen geladen.

Der erste wurde umgehend wieder entlassen, da er aufgrund einer Namensdopplung nur fälschlicherweise geladen worden war.

Der zweite Zeuge, Thomas K., der zusammen mit seiner Schwester seit 1986 Halter eines roten VW-Passat-Kombi war, machte Angaben zu diesem Fahrzeug. Er und seine Schwester waren 1987 von der Polizei befragt worden, weil in der Berliner Ihnestraße eine Doublette ihres Fahrzeugs entdeckt worden war.

Die dritte Zeugin, Manuela K., Polizeibeamtin außer Dienst, war 1987 mit der Sichtung des RZ-Bekennerschreibens zum Anschlag auf Richter Korbmacher befasst, hatte aber daran so gut wie keine Erinnerung mehr.

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22.11.2001: 37. Prozesstag

Gezielte Vertuschung bei BKA-Ermittlungen zu Sprengstofffunden?

Im Laufe der heutigen Zeugenvernehmungen von drei Beamten des Bundeskriminalamtes (BKA) traten offensichtliche und gravierende Unstimmigkeiten bei den Ermittlungen im Zusammenhang mit Sprengstofffunden zutage. So soll laut Aktenlage die Herkunft des in Berlin bereits 1995 sichergestellten Sprengstoffs des Typs Gelamon 40 erst 1997 eingehend untersucht worden sein. Dies widerspricht dem sonst üblichen Vorgehen des BKA. Der Polizeibeamte Deutesfeld erläuterte heute, dass z.B. im Fall von 1988 bei Bielefeld gefundenem Sprengstoff die zuständigen BKA- Beamten umgehend informiert wurden und diese bereits am Folgetag Fundort sowie Sprengstoff untersuchten.

Im Fall des aus dem Keller von Tarek Mousli gestohlenen und 1995 beschlagnahmten Sprengstoffs wurde eine "Sprengstoffsofortmeldung" zwar umgehend erstellt und mehrfach, auch nochmal 1996, an verschiedene BKA- Abteilungen weitergeleitet. Ermittlungen sollen aber erst im November 1997 eingeleitet worden sein, als der BKA-Beamte Schulzke seinen Kollegen Möller damit beauftragte, ein "Auswertungsschreiben" zu erstellen. Einerseits sollte Möller in diesem Schreiben erläutern, inwieweit der 1987 in Salzhemmendorf gestohlene mit dem in Berlin 1995 sichergestellten Sprengstoff identisch sei. Andererseits hatte Schulzke laut Aktenvermerk seinem Kollegen Möller bereits vorab mitgeteilt, dass der in Berlin gefundene Sprengstoff aus Salzhemmendorf stamme, was anhand der auf der Originalverpackung befindlichen Nummerierung nachzuweisen sei.

Die Sprengstoffherstellerfirma VEB Schönebeck ihrerseits bestritt gegenüber dem BKA, zum fraglichen Zeitpunkt am 9.2.1987 Sprengstoff mit der entsprechenden Nummerierung überhaupt aus der DDR ausgeführt zu haben. Eine Lieferung sei nur an "Sonderbedarfsträger" wie NVA oder MfS erfolgt. Eine individuelle Kennzeichnung habe es dabei nicht gegeben.

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16.11.2001: 36. Prozesstag

Urkundenverlesung damit der Prozess nicht platzt

Da die gesundheitliche Stabilität der Richterschaft noch nicht wieder vollends hergestellt ist, wurde ein Notprogramm aufgelegt, damit der Prozess nicht mehr als 10 Tage unterbrochen ist: Zunächst Verlesung der Sterbeurkunde des Zeugen Ernst Heinz W. - dann seine Zeugenaussage vom 25.4.88. Dr W. war Anwohner in der Ihnestraße und hat das dort parkende spätere Tatfahrzeug gesehen. Außer dem KFZ selbst hat er nichts gesehen.

ausführlicher Bericht entfällt


15.11.2001: 35. Prozesstag

Frei für alle - nur für die Gefangenen nicht

Auch die Richterschaft ist nicht gegen Krankheit gefeit. Prozess vertagt auf morgen - höchstwahrscheinlich mit verkürztem Programm.

ausführlicher Bericht entfällt


09.11.2001: 34. Prozesstag

Vage Erinnerungen an Motorradfahrer

Olaf und Florence F. sollten heute nacheinander als Zeugen Aussagen über zwei Männer machen, die sie am 30.8.1987 am Grenzübergang Drewitz mit einem "auffälligen" Motorrad gesehen hatten. Dieses Motorrad meinten die beiden später wiederzuerkennen, als es im Fernsehen gezeigt wurde. Es sollte sich dabei um das Fahrzeug gehandelt haben, von dem aus Mitglieder der Revolutionären Zellen dem Leiter der Berliner Ausländerbehörde Harald Hollenberg in die Beine geschossen haben sollen.

Heute zeigte sich, dass die Erinnerungen der beiden Zeugen inzwischen sehr verblasst sind. Genauer beschreiben konnten sie lediglich noch die ungewöhnliche Neulackierung des Motorrads und eine nicht serienmäßige helle Sitzbank.

Nach ihrem Anruf bei der Polizei wurden sie 1987 und auch 2000 mehrmals von Bundeskriminalamt (BKA) und Staatsschutz vernommen. Olaf F. will 1987 zwischen einem der ihm dabei vorgelegten Fotos und dem Fahrer des Motorrads "gewisse Ähnlichkeiten" erkannt haben. Bei einem der im Jahr 2000 vorgelegten Lichtbilder wollen beide Zeugen ebenso eine Ähnlichkeit zum Motorradfahrer ausgemacht haben. Beide schätzten damals, dass der Mann auf dem Foto, bei dem es sich um den Angeklagten Axel H. handelt, mit 40-prozentiger Wahrscheinlichkeit mit dem Fahrer des Motorrads identisch sei. Heute sind sie sich nicht mehr sicher, ob sie Ähnlichkeiten zu dem Mann, den sie vor 14 Jahren gesehen hatten, erkennen können.

ausführlicher Bericht


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