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Früchte des Zorns

TitelblattRevolutionärer Zorn Nr. 4 - Januar 1978


Karl LiebknechtRosa Luxemburg"... Die Rechtspresse jubelte, die bürgerlichen und sozialdemokratischen Zeitungen wetteiferten mit Rechtfertigungen des an sich bedauerlichen­ Vorfalls. Scheidemann [1] verteidigte die Untat, Ebert [2] schwieg dazu und Gustav Noske [3] ließ erkennen, daß er mit dem Ergebnis zufrieden war...Die Ermordung der beiden Sozialistenführer war tatsächlich der Beginn einer Entwicklung, die in den Massenvernichtungslagern ihren Höhepunkt erreichte, aber noch keineswegs abgeschlossen ist, sondern in abgeschwächter Form weiterwirkt. Die Bluttat, zu einer von der Geschichtsschreibung schamhaft verschwiegenen, weil allen beteiligten peinlichen Konterrevolution sollte nicht allein das noch schwache Häuflein Spartakisten treffen, vielmehr die Revolution selbst"
(Bernd Engelmann [4] / Ermordung Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht [5])

Nach über 50 Jahren: wieder die Sozialdemokratie, wieder ein noch schwaches Häuflein von Sozialrevolutionären. Doch die Geschichte wiederholt sich nicht. Diesmal keine aufgeputschte, gröhlende, mordende Soldateska, sondern das Innenministerium selbst, die Hinrichtungen in eigens dafür konstruierten Todestrakten, als Zeugen nur sie selbst, die Medien sprungbereit, in millionenfacher Auflage aus den Ermordeten die Täter zu machen. Am Ende werden die Mauern der Hinrichtungsstätte eingerissen, um ein für allemal alle Untersuchungen, alle Nachforschungen unter einem Steinhaufen zu begraben.

My LaiDoch die Ermordeten lassen sich nicht begraben: Rosa und Karl - das sind heute noch die lebendigsten Menschen, die dieses Volk jemals hervorgebracht hat, - Ulrike [6], Halimeh [7], Gudrun [8], Ingrid [9], Holger [10], Wilfried [11], Andreas [12] und Jan [13] gehören bestimmt dazu.

Das wissen wir, doch das macht unseren Schmerz nicht geringer. Wir werden jedoch nicht an ihm ersticken, sondern aus unserer Hoffnung und unserem Schmerz heraus weiterkämpfen. Nicht verzweifelt und blindwütig, das hieße, wir hätten uns Illusionen gemacht, hätten uns den Kampf in den Metropolen einfacher vorgestellt, den Feind weniger blutrünstig als in der Dritten Welt - hieße, wir hätten zwar My Lai [14], Attica [15], Tel Saatar [16] für möglich gehalten, nicht aber ein Massaker in Stammheim (Warum, weil es dort Gelbe, Schwarze, Braune waren, hier aber Weiße?)

Wir werden mit unseren Waffen, den Waffen der Unterdrückten, weiterkämpfen - und das sind unsere Utopie, unsere List, Phantasie und Ausdauer, unsere Kollektivität und Kontinuität.


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