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107. Prozesstag: 12. Dezember 2002

Tag der Pausenbrote: Mehrfache Unterbrechung des Prozesstages

'Torsten', der 32-jährige BKA- Beamte Torsten Klein, war für Tarek Mousli zuständig und saß im Übertragungswagen, der bei der zweiten Durchsuchung des MehringHofes Kontakt zu Mousli hielt. Dieser habe von "einem weit entfernten Ort" auf der Suche nach dem vermeintlichen Sprengstoff- und Waffendepot die Videokamera durch den MehringHof geführt, berichtete 'Thorsten' heute vor Gericht. Mouslis "Anweisungen, sag' ich 'mal", seien die Beamten gefolgt. Mousli habe "sehr schnell" die Bitte geäußert, nach einem Aufzugschacht zu suchen. Darin werde man eine "geriffelte Stahlplatte, sag' ich 'mal" finden, unter der Sprengstoff und Waffen gelagert seien. Mousli sei dann aber "verwundert" gewesen, an diesen Orten keine Stahlplatte zu finden. Eine Stahlplatte habe man nur vor dem Aufzugschacht gefunden, die aber "nichts brachte". Auch links und rechts davon sei der Befund negativ gewesen. Auf Anweisung von Mousli habe man dann im zweiten Innenhof nach Wasser gesucht und auch gefunden, jedoch weder Waffen noch Sprengstoff. Gefunden haben man allerdings einen blauen Müllsack. Da Mousli einen solchen als Verpackung des Sprengstoffs bezeichnet hatte, habe man an einen Fund geglaubt, was sich jedoch als falsch herausstellte. Man habe die Durchsuchung dann eingestellt, weil Mousli keine weiteren Orte benannt habe.

Zwischen "Aufstuhlfahrzeugschacht" und "Zuführung" zum MehringHof

Der 32-jährige Klein betonte noch, dass die "Videoübertragungsdurchsuchungsmaßnahme", ein Wort, das ihm genauso locker über die Lippen glitt wie "Aufstuhlfahrzeugschacht" (er dürfte hier "Aufzugfahrstuhlschacht" gemeint haben, wo es ein schlichter "Fahrstuhlschacht" ja auch getan hätte ...), dass also jene Maßnahme seine Idee gewesen sein, damit man "Herrn Mousli nicht dem MehringHof zuführen musste."

'Torsten', so wurde ihm von der Verteidigung vorgehalten, habe von Mousli gesagt bekommen, er sei sich sicher, dass das Depot im Aufzugschacht sein müsse. Wörtlich, so geht es aus den Videoaufzeichnungen hervor, sagte Mousli: "Das muss da sein. Da bin ich mir sicher wie damals mit dem Graben." Die Verteidigung wollte nun wissen, was er, 'Torsten', sich dabei gedacht habe, als erhörte, "... wie damals mit dem Graben". 'Torsten' habe sich nichts dabei gedacht, damals auch nichts von dem Sprengstoff im Seegraben gewusst, sondern davon erst erfahren, als er sich deutlich später die Berichterstattung zum Prozess angesehen habe. Er habe den Satz im übrigen auch nicht mehr in Erinnerung.

Weitere Angaben zu seiner Tätigkeit als Zeugenschützer verweigerte 'Torsten', denn er habe dafür keine Aussagegenehmigung. Zur Abklärung dieser angeblich fehlenden Aussagegenehmigung unterbrach die Vorsitzende Richterin, Gisela Hennig, die Verhandlung für zweieinhalb Stunden, nachdem bereits vorher mehrfach die Verhandlung unterbrochen worden war, um den Gehalt der Aussagegenehmigung abzuklären. Der Versuch der Vorsitzenden Richterin, eine solche Aussagegenehmigung beim Leiter der BKA-Zeugenschutzabteilung, Graf, zu erwirken, scheiterte, weil Graf auf einen schriftlichen Antrag bestand, den zu formulieren sich Hennig nicht in der Lage sah. Sie erbat von der Verteidigerin Studzinski weitere Details, um dann gegebenenfalls einen solchen Antrag schriftlich einzureichen. Die Vernehmung von 'Torsten' wurde daher auf unbestimmte Zeit unterbrochen, und BKA-Mann Klein konnte so zunächst unvereidigt von dannen ziehen.

Zwischen "Pumpensumpf" und "Datenbankadministrator"

Die um 13.30 Uhr wieder beginnende Verhandlung bestand daher lediglich aus Stellungnahmen der Bundesanwaltschaft (BAW), die zwei Beweisanträge der Verteidigung vom 5. Dezember monierte, und drei neuen Anträgen der Verteidigung.

Bundesanwalt Bruns nahm zum Antrag der Verteidigung von Harald G. vom 5. Dezember 2002 Stellung, die Verhandlung bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin auszusetzen. Die Verteidigung dringt darauf, den Prozess zu unterbrechen, bis über ihren vom 27. November datierenden Antrag auf ungeschwärzte Einsichtnahme in die mindestens sechs Verhörprotokolle des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) mit Tarek Mousli entschieden ist. Die Verteidigung argumentiert, dass, da der Prozess nur bis Januar 2003 terminiert ist, vor diesem Zeitpunkt aber nicht mit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin gerechnet werden kann, ihr Mandant in seinen Verteidigungsrechten behindert ist. Bruns, der den Antrag für unzulässig hält, ficht das nicht an. Er ist vielmehr der Meinung, dass, da das Kammergericht keine Handhabe zur Beschleunigung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts habe, es auch keinen Anlass gebe, das hiesige Verfahren zu unterbrechen.

Zwei Beweisanträge der Verteidigung von Axel H. sollen nachweisen, dass im MehringHof kein geeigneter Ort für ein Depot vorhanden war und dass der Angeklagte zudem rein aus gesundheitlichen Gründen an dem Anschlag auf die Siegessäule nicht beteiligt gewesen sein kann, wie es jedoch Mousli behauptet.

So ergebe sich aus von im MehringHof gefertigten Lichtbildern eindeutig, dass im hinteren Bereich des Fahrstuhles, auf denen u.a. ein dickes Rohr mit einer darin befindlichen Wasserpumpe zu sehen sei, kein Platz für die von Mousli angegebenen Waffen (2 Maschinenpistolen, 1 Pistole) und den Sprengstoff gewesen sei. Dieser so genannte "Pumpensumpf" habe sich für eine solche Lagerstätte nicht geeignet. Auch im Elektroraum und in dessen Kabelschacht, der zudem direkt unter der Hauptstromversorgung des Gebäudes liege, habe es keinen Ort zum Versteck von Waffen oder Sprengstoff gegeben. Schließlich hätten auch, wie von Mousli während der Durchsuchung behauptet, die Schächte des zweiten Innenhofes, die mit Abschlussgittern gesichert sind, keine Möglichkeit gegeben ein Depot anzulegen.

In Hinblick auf den Anschlag auf die Berliner Siegessäule im Februar 1991 legte die Verteidigung Unterlagen der Krankenversicherung und ärztliche Atteste ihres Mandanten vor, aus denen eindeutig hervorgeht, dass zum fraglichen Zeitpunkt Axel H. so stark erkrankt war, dass er sich an dem Anschlag nicht beteiligt haben kann. Die Schäden am Meniskus waren so schwer und schmerzhaft, dass noch im Februar eine Operation durchgeführt werden musste, bei der Teile des Meniskus entfernt wurden.

Der dritte Antrag, gestellt durch die Verteidigung von Matthias B., nimmt Bezug auf eine Sprengstoffsofortmeldung, die nach dem Fund des Gelamon 40 in Berlin dort eingegangen ist. Geladen werden sollen der "Datenbankadministrator" des BKA und der für Beweismittel zuständige Referatsleiter, um nachzuweisen, dass es sich bei der Nicht- Weiterverfolgung dieser Sprengstoffmeldung keinesfalls um eine "Panne" gehandelt habe; auch sei auszuschließen, dass der seinerzeit verantwortliche Beamte einen Eingabefehler am Rechner gemacht habe.

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http://www.freilassung.de/prozess/ticker/berichte/121202.htm