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Erklärungen BGH/GBA
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Beschluss des 1. Strafsenat des Kammergerichts in
Berlin vom 30. Mai 2001
(1) 2 StE 11/00 (4/00)
1.
Die Bestimmung der regelmäßigen Sitzungstage eines Senats
im Geschäftsverteilungsplan bezieht sich lediglich auf Sitzungen
in dem im Geschäftsverteilungsplan genannten Gerichtsgebäude.
Wird eine Hauptverhandlung in einem anderen Gerichtsgebäude
durchgeführt, in dem aus organisatorischen Gründen an
anderen Sitzungstagen verhandelt werden muss, so gelten diese Sitzungstage
als ordentliche Sitzungstage mit der Folge, dass Richter, deren
Stammsenate an diesen Sitzungstagen regelmäßig Sitzungstage
haben, als Ergänzungsrichter ausscheiden.
2.
Richter, die lediglich mit 1/10 Arbeitspensum für richterliche
Aufgaben zur Verfügung stehen, im Übrigen mit Verwaltungsaufgaben
befasst sind, sind auch dann bei Heranziehung von Ergänzungsrichtern
nicht zu berücksichtigen, wenn der Geschäftsverteilungsplan
dies nicht ausdrücklich vorsieht. Ihrem Einsatz steht entgegen,
daß das Richterpensum dieser Richter in Höhe von 1/10
offensichtlich nicht ausreicht, um der Tätigkeit als Ergänzungsrichter
nachgehen zu können, und daß das Präsidium kein
Verfügungsrecht über den darüber hinausgehenden Verwaltungsanteil
hat
In der Strafsache gegen
1. ... 5.
wegen Bildung terroristischer Vereinigungen u.a.
hat der 1. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 30. Mai 2001
beschlossen:
Der Besetzungseinwand der Angeklagten wird zurückgewiesen.
Gründe:
Der Einwand, daß das Gericht vorschriftswidrig besetzt sei,
ist unbegründet.
Nach der Regelung des Geschäftsverteilungsplanes sind die
vom Präsidium des Kammergerichts als Ergänzungsrichter
benannten Richter, Richter am Kammergericht M., Richterin am
Kammergericht S. und Richterin am Kammergericht Dr. K, die gesetzlichen
Richter. Ein Fall der Entziehung des gesetzlichen Richters liegt
nicht vor.
1. Die Regelung des Geschäftsverteilungsplanes, wonach für
die Teilnahme an der Verhandlung diejenigen Beisitzer unberücksichtigt
bleiben, deren regelmäßige Sitzungstage in ihrem Stammsenat
ganz oder teilweise mit denen desjenigen Senats übereinstimmen,
dessen Vorsitzende/r die Anordnung nach § 192 Abs. 2 GVG
getroffen hat, schließt diejenigen Beisitzer aus, deren Sitzungstage
in ihrem Stammsenat mit den regelmäßigen Sitzungstagen
des anderen Senats kollidieren. Die regelmäßigen Sitzungstage
des beschließenden Senats in der im Gebäude des Kriminalgerichts
Moabit stattfindenden Hauptverhandlung sind jeweils der Donnerstag
und der Freitag, so daß die an diesen Tagen durch den Einsatz
in ihren Stamrnsenaten verhinderten Beisitzer als Ergänzungsrichter
ausscheiden.
Der Auffassung des Besetzungseinwands, wonach nur diejenigen Beisitzer
unberücksichtigt bleiben dürfen, deren Sitzungstage in
ihrem Stammsenat auf einen Freitag fallen - dieser Tag ist im Geschäftsverteilungsplan
(5. 37) als Sitzungstag des 1. Strafsenats vorgesehen, allerdings
mit der gleichzeitigen Bestimmung des Saals 145 im Dienstgebäude
des Kammergerichts als Sitzungssaal - enthält eine Auslegung
des Wortlauts des Geschäftsverteilungsplanes. Eine solche Auslegung
ist, da der Wortlaut des Geschäftsverteilungsplanes nach allgemeinen
Grundsätzen auslegungsfähig ist (vgl. BGH NJW 1993, 867;
wistra 1993, 224; NJW 1999, 797), zulässig. Sie ist auch durchaus
möglich. Zwingend ist sie jedoch keineswegs. Der Wortlaut läßt
in gleichem Maße das Verständnis zu, welches das Präsidium
des Kammergerichts ihm zugrundegelegt hat. Gegen die im Besetzungseinwand
vorgenommene Deutung des Wortlautes spricht, daß sie dem offenkundigen
Sinn und Zweck der Regelung widerspricht, Terminskollisionen im
Interesse einer möglichst effizienten und reibungslosen Funktion
der hiervon betroffenen Spruchkörper zu vermeiden. Es ist daher
nicht zu beanstanden, daß das Präsidium bei der Feststellung
der Ergänzungsrichter (auch) diejenigen Beisitzer unberücksichtigt
gelassen hat, deren regelmäßige Sitzungstage in ihren
Stammsenaten auf einen Donnerstag fallen.
Im übrigen wäre eine Regelung des Geschäftsverteilungsplanes
des Kammergerichts, in der die Sitzungstage der Strafsenate im vorhinein
festgelegt werden, nicht möglich. Denn in Fällen wie diesem,
in denen wegen der Zahl der Angeklagten nicht im Kammergericht verhandelt
werden kann, werden die konkret möglichen Sitzungstage von
einer anderen Gerichtsverwaltung - je nach der Verfügbarkeit
eines dortigen ausreichend großen Saales - vorgegeben.
2. Es unterliegt auch keinen Bedenken, daß die in der Justizverwaltung
tätigen Richter als Ergänzungsrichter unberücksichtigt
geblieben sind. Ihrem Einsatz steht entgegen, daß das Richterpensum
dieser Richter in Höhe von 1/10 offensichtlich nicht ausreicht,
um der Tätigkeit als Ergänzungsrichter nachgehen zu können,
und daß das Präsidium kein Verfügungsrecht über
den darüber hinausgehenden Verwaltungsanteil hat (vgl. Kissel,
GVG 3. Aufl., § 21 e Rdn. 11, 12, 14, 58; Schäfer in LöweRosenberg,
St P0 24. Aufl., § 21 e GVG Rdn. 58; Kleinknecht / Meyer - Goßner,
St P0 44. Aufl., § 21 e GVG Rdn. 20).
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