(1) 2 StE 11/00 (4/00)
Die Verteidigung des Angeklagten Schindler ist wegen einer etwaigen
Einlassung des Angeklagten an die Bundesanwaltschaft und den Senat
herangetreten. Es haben Vorgespräche am 29. November und 6.
Dezember 2001 sowie 10. Januar 2002 stattgefunden, an denen die
Verteidiger Euler und Dr. König, die Sitzungsvertreter der
Bundesanwaltschaft Bruns und Mägerle (am 10. Januar 2002 auch
Wallenta) und die Mitglieder des Senats Hennig, Alban, Genthe, Hanschke
und Lechner teilgenommen haben.
Wesentlicher Inhalt dieser Gespräche war folgendes:
1.
Die Verteidiger teilten mit, sie hätten Vorgespräche
mit Vertretern der Bundesanwaltschaft geführt. Der Angeklagte
Schindler sei bereit, im Wege einer Erklärung seiner Verteidiger
einzuräumen, was er und die Mitangeklagte Eckle zu verantworten
hätten, und zur Aussage des Zeugen Mousli Stellung zu nehmen.
Zu einer etwaigen Beteiligung der übrigen Mitangeklagten werde
er sich nicht äußern.
2.
Die Verteidiger teilten in groben Zügen den Inhalt der beabsichtigten
Einlassung mit. Diese läßt sich zum Kerngeschehen wie
folgt zusammenfassen:
a)
Die Angeklagten Schindler und Eckle sowie der Zeuge Mousli seien
Mitglieder der Revolutionären Zellen (RZ) gewesen.
b)
Anschlag Hollenberg:
Der Angeklagte Schindler und eine Frau - nicht jedoch die Angeklagte
Eckle - hätten den Anschlag ausgeführt. Geschossen habe
die Frau. Das Fluchtfahrzeug sei mit einem von ihm gefertigten Brandsatz
in Brand gesetzt worden.
c)
Anschlag ZSA:
Der Anschlag habe der dort vermuteten Computeranlage der ZSA gegolten.
Der Angeklagte Schindler habe den Sprengsatz weder hergestellt noch
am Tatort abgelegt. Letzteres habe der Zeuge Mousli getan. Der Angeklagte
Schindler habe während des Anschlags den Tatort an der Stelle
abgesichert, die der Zeuge Mousli als seinen eigenen Standort bezeichnet
habe.
d)
Anschlag Dr. Korbmacher:
Der Angeklagte Schindler habe den Anschlag nach Besprechung mit
den Beteiligten zusammen mit dem Zeugen Mousli unter Verwendung
eines im Ruhrgebiet gestohlenen Motorrades verübt. Der Angeklagte
Schindler habe geschossen, der Zeuge Mousli habe das Motorrad gefahren.
Der Fluchtwagen sei gestohlen worden. Der Angeklagte Schindler habe
den Brandsatz für das Fluchtfahrzeug hergestellt. Die Angeklagte
Eckle habe das Bekennerschreiben verfaßt.
e)
Die Angeklagte Eckle sei an den Anschlägen der RZ nie direkt
beteiligt gewesen.
f)
Nach dem Anschlag auf Dr. Korbmacher hätten die Angeklagten
Schindler und Eckle die Entscheidung getroffen, aus den RZ auszusteigen.
3.
Für den Fall einer solchen Einlassung ist folgendes besprochen
worden:
a)
Der Senat und die Sitzungsvertreter der Bundesanwaltschaft wiesen
darauf hin, daß die Beweisaufnahme fortzuführen ist und
die Feststellungen nach deren Ergebnis zu treffen sein werden.
b)
Der Senat wird für den Angeklagten Schindler eine Strafobergrenze
von drei Jahren und neun Monaten zusagen. Die Vertreter der Bundesanwaltschaft
werden hierzu ihr Einverständnis erklären.
c)
Der Senat beabsichtigt, den Angeklagten Schindler vom Vollzug der
Untersuchungshaft zu verschonen. Er sieht angesichts der - in diesem
Verfahren ersten - teilgeständigen Einlassung und der darin
zum Ausdruck kommenden Bereitschaft des Angeklagten, sich im wesentlichen
zu seiner Verantwortung zu bekennen, die Fluchtgefahr so weit gemindert,
daß weniger einschneidende Maßnahmen als der Haftvollzug
vertretbar erscheinen.
d)
Ohne daß dies einer Verständigung zugänglich wäre,
beabsichtigt der Senat - in seiner jetzigen Besetzung - im Falle
der Rechtskraft des Urteils bei einer von ihm in seiner Zuständigkeit
zu treffenden Entscheidung die Vollstreckung des Strafrestes für
den Angeklagten Schindler gemäß § 57 Abs. 2 StGB
zur Bewährung auszusetzen.
4.
Der Senat erhielt am 17. Januar 2002 vorab von Rechtsanwalt Euler
die schriftlich abgefaßte Erklärung des Angeklagten Schindler
vom 16. Januar 2002.
(1) 2 StE 11/00 (4/00)
Der Senat wird mit Blick auf die zu erwartende teilgeständige
Einlassung des Angeklagten Schindler eine Strafobergrenze von drei
Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe nicht überschreiten.
Der Senat ist hieran nur dann nicht gebunden, wenn sich in der
Hauptverhandlung neue, ihm bisher unbekannte schwerwiegende Umstände
zu Lasten des Angeklagten ergeben sollten.
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