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Erklärungen BGH/GBA

(Hervorhebungen wie im Original)

DER GENERALBUNDESANWALT BEIM BUNDESGERICHTSHOF

Der Generalbundesanwalt Postfach 27 20 76014 Karlsruhe

An die Vorsitzende des 1. Strafsenats
des Kammergerichts Berlin
Frau Vorsitzende Richterin
am Kammergericht Hennig

Elßholzstraße 30-33
10781 Berlin

Aktenzeichen 2 StE 11/00

Bearbeiter OStA b. BGH Bruns

(0721) 81 91- 237

Datum 4. Oktober 2001

Betrifft:

Strafverfahren gegen

1. Sabine Eckle
2. Harald Glöde
3. Matthias Borgmann
4. Axel Haug

wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung u.a.

Erklärung:

Hoher Senat, meine Damen und Herren!

Die Ereignisse während und nach dem letzten Hauptverhandlungstermin am allem der Vortrag des Schriftsatzes der Rechtsanwältinnen Studzinsky und dessen weitere "Verwertung" geben den Vertretern der Bundesanwaltschaft Anlass zur Sorge.

Wir alle hier haben - und ich glaube insoweit habe ich auch das Mienenspiel Ihrer Mitverteidiger nicht völlig unzutreffend gedeutet - wir alle hier haben mit Überraschung zur Kenntnis genommen, dass die Verteidigerinnen des Angeklagten Glöde es für notwendig erachten, nunmehr nicht nur die Zahlungs-, sondern auch die Sexualmoral des Zeugen Tarek Mousli zum Gegenstand der Hauptverhandlung zu machen.

Das von den Rechtsanwältinnen Studzinsky und Würdinger zum Beleg ihrer absurden Behauptung, die vorgelegten Bänder der Telefonüberwachung seien manipuliert, herangezogene Telefongespräch des Zeugen mit einer Hostessenagentur beweist nichts - außer der Tatsache, dass dieser Telefonkontakt stattgefunden hat.

Die Ankündigung eines Folgeanrufs in diesem Gespräch vermag nicht einmal die Vermutung zu rechtfertigen, dass ein solcher Folgeanruf tatsächlich stattfand.

Zudem haben die beiden Verteidigerinnen den Prozessbeteiligten ja bereits ein beredtes Beispiel für ihre Fähigkeit, Telefonüberwachungsbänder auszuwerten, geboten, als sie das Vorhandensein des Telefongesprächs zwischen Tarek Mousli und Janet Qlbricht vom 24. November 1999 schlicht in Abrede stellten.

Erst Ihr Kollege Euler, meine Damen, war in der Lage, das von Ihnen vergeblich gesuchte Gespräch auf den Bändern auszumachen!

Vor diesem Hintergrund muten Sie uns schmierige Histörchen aus dem Leben eines "Märchenprinzen" zu ...

Nein - es geht Ihnen hier nicht etwa darum, die angebliche Unvollständigkeit von TÜ- Bändern zu belegen. Es geht Ihnen um etwas ganz anderes:

Der Zeuge Mousli hat hier seine bereits in zwei Gerichtsverfahren bestätigten Angaben vorgetragen und auch die ausgiebigen Nachfragen der Verteidigung haben diese in der Sache nicht erschüttern können. Im Gegenteil: Mousli hat sein lnsiderwissen noch durch das eine andere Randdetail bestätigen können.

Offenbar sieht die Verteidigung von Herrn Glöde den Versuch, die Aussage des Zeugen Mousli zu den Tatvorwürfen zu erschüttern, als gescheitert an. Deshalb verlegt Sie sich darauf den Zeugen Mousli als Person anzugreifen und ihn zu demontieren.

Das mag man zwar als nicht sonderlich fantasievoll ansehen. Es überrascht uns auch nicht. Zumal diese Strategie bereits vor Prozessbeginn eingehend in der "Soli- Gruppe" diskutiert wurde - wie jeder Interessierte im Internet nachlesen konnte.

Als Verteidigungsstrategie hinterlässt der kleinbürgerlich muffige Angriff auf des Märchenprinzens Zahlungsgebaren und seine vermeintlichen Bettgeschichtchen einen eher schalen Geschmack - es werden eben die letzten Reserven mobilisiert. Ernsthafte Einwendungen können und sollen von unserer Seite hiergegen nicht erhoben werden. Die Verteidigerinnen müssen schon selbst wissen, wie tief der Griff unter die Gürtellinie im Rahmen der von ihnen praktizierten Konfliktverteidigung sein darf, bis man am eigenen Anspruch Schaden nimmt ...

Eines jedoch ist unerträglich: Wenn ausgerechnet jener Schriftsatz, den ja nicht etwa seine inhaltliche Tiefe auszeichnet, sondern der in wohlgesetzten Worten mehr andeutend als dokumentierend schmuddelige Details aus dem Leben des Zeugen hervorzerrt, wenn man ausgerechnet diesen Schriftsatz in das Internet einstellt!

Dies wohlgemerkt - obwohl der sonstige Informationsgehalt des Schriftsatzes für die Öffentlichkeit eher uninteressant sein dürfte.

Das hat mit zulässiger Prozesstaktik nichts mehr zu tun. Hier geht es darum, den Zeugen in einer breiten Öffentlichkeit in den Schmutz zu ziehen. Es soll offenbar eine weitere Seite in dem schon bisher über die Medien geführten Propagandakrieg aufgeschlagen werden: Mousli soll in der Öffentlichkeit nicht nur als Verräter an der linken Sache, sondern als moralisch ganz und gar verworfene Person erscheinen.

Ziel ist es, den Druck der veröffentlichten Meinung auf das Gericht zu verstärken und zugleich etwaigen "Abweichlern" aus der Szene zu signalisieren, was sie zu erwarten haben, wenn sie als Zeugen mit Polizei und Justiz zusammenarbeiten.

Ich gehe davon aus, dass die wortgetreue Veröffentlichung des Schriftsatzes der Rechtsanwältinnen Studzinsky und Würdinger nicht ohne deren Wissen erfolgt ist. Falls dies nicht so sein sollte, gehe ich jedenfalls davon aus, dass sie durchaus über die Möglichkeiten verfügen, eine solche Veröffentlichung zu verhindern. Jedoch habe ich bislang nicht einmal eine Distanzierung vernommen.

Mit einer solcherart agierenden Verteidigung sehen wir keine gemeinsame Grundlage mehr. Die Bundesanwaltschaft hat in diesem Verfahren bisher versucht, einen "Krieg" mit der Verteidigung zu vermeiden, die Möglichkeit des Miteinander- Sprechens und des professionellen Umgangs miteinander offen zu halten. Das jetzt an den Tag getretene Verhalten mit dem Ziel einer "Totalvernichtung" der bürgerlichen Existenz des Zeugen Mousli stellt eine Aufsage des notwendigen Minimums an Gemeinsamkeiten dar, zu denen wir auch den Respekt vor der Person eines "Kronzeugen" zählen.

Wir werden hierauf entsprechend reagieren. Gehen Sie also davon aus, dass wir Versuche, Zeugen mit sachlich nicht gebotenen und unfairen Mitteln persönlich zu demontieren oder Beweismittel zu Propagandazwecken zu missbrauchen, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln verhindern werden. Im Übrigen werden wir unsere Kooperationsbereitschaft gegenüber solcherart auftretenden Verteidigern auf das prozessrechtlich Unumgängliche beschränken.

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http://www.freilassung.de/prozess/bgh_gba/gba021001.htm