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Erklärungen BGH/GBA
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Der Ermittlungsrichter
des Bundesgerichtshofes Herrenstraße 45a
Postfach 1661 76125 Karlsruhe, den 14.12.1999 Fernsprecher (0721) 159-0
Telefax (0721) 159-831
Ermittlungsverfahren gegen UNBEKANNT wegen Mitgliedschaft in einer
terroristischen Vereinigung
nach § 129a Abs. 1 StGB u.a.
BESCHLUSS
Es werden angeordnet: I. Die D u r c h s u c h u n g der in den
nachfolgenden Nummern 1 bis 34 bezeichneten Räumlichkeiten im
MehringHof, Gneisenaustraße 2a, Berlin-Kreuzberg mit der
Maßgabe, daß die Durchsuchung sich auf die Räume zu
beschränken hat, die Zugang haben zu Treppenhäusern,
Aufzugsschächten, Kaminschächten, Fahrstühlen oder die an
derartige Räumlichkeiten/Gelassen (Treppenhäuser,
Aufzugsschächte etc.) angrenzen, sowie auf sämtliche
Kellerräume, Speicherräume und Dachstühle. Zu durchsuchen
sind auch Treppenhäuser, Aufzugsschächte usw.
1. MehringHof
Grundstücksverwaltungs GmbH,
2. Ambulante Dienste e.V.
3. Antifa Gruppen
4. AOB Arbeitskreis Orientierung und Bildung e.V.
5. Atif Förderation der Arbeiter aus der Türkei und der BRD,
6. BIEP e.V./Pathhai, Begegnungsstätte für Menschen aus Sri
Lanka,
7. Büro für medizinische Flüchtlingshilfe,
8. ErmittlungsAusschuß,
9. Ex/TinA, Treff in netter Kneipen-Atmosphäre,
10. Fahrradladen
11. FDCL
Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile/Lateinamerika,
12. Femmes-Moos, Landschaftsplanerinnen,
13. FFM Forschungszentrum Flucht und Migration ,
14. FrauenLesbenRaum,
15. Fremde Welten e.V. SAMsolidam Kinderzeitung,
16. Gesundheitsladen e.V.
17. Graph Druckula,
18. HansWurstNachfahren,
19. IDK e.V. Berlin, Internationale der KriegsgegnerInnen,
20. ID-Verlag,
21. Kinderschuppen/schülerladen
22. Latainamerika Nachrichten
23. MehringHofTheater
24. MehringHofVerwaltung
25. Musikgruppen
26. Netzwerk
27. Ökotopia,
28. Rechtsanwälte Herzog, Klinggräff, Lindemann, Poell,
29. SfE, Schule für Erwachsenenbildung,
30. Schwarze Risse Buchladen,
31. StattbuchVerlag,
32. TransitVerlag,
33. T'ung Dojo,
34. WEB, Werkstatt Ethnologie Berlin e.V.
II. die B e s c h l a g n a h m e von Sprengstoffen, Waffen, nicht
zugelassenen Scannern, Peil- und Funkgeräten sowie sämtlicher
schriftlicher Unterlagen über die Weiterleitung und Aushändigung
von Geldern an die im Untergrund lebenden Mitglieder der
"Revolutionären Zellen/ Rote Zora (RZ)" G r ü n d e:
I. Die auf Antrag des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof
ergehende Entscheidung beruht auf §§ 94, 98, 103 Abs. 1, 169 Abs.
1 StPO. II. Es ist anzunehmen, daß die Durchsuchung zur Auffindung
von Beweismitteln führen wird.
1. Dem Ermittlungsverfahren liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Seit Ende des Jahres 1973 existiert in der Bundesrepublik Deutschland
eine terroristische Vereinigung, die sich zunächst
"Revolutionäre Zelle" genannt hat und sich seit Sommer 1976
"Revolutionäre Zellen" nennt. Als Teilorganisation der
gemischt-geschlechtlichen Vereinigung "Revolutionäre Zellen"
bildete sich seit etwa 1977 ein feministischer Zweig mit der Bezeichnung
"Rote Zora" Ziel der terroristischen Vereinigung
"Revolutionäre Zellen/ Rote Zora (RZ)" ist die gewaltsame
Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse in der
Bundesrepublik Deutschland durch die Begehnung schwerer Straftaten, wie
Schußwaffen-, Brand- und Sprengstoffanschläge. In Verfolgung der
vorgenannten Ziele hat sich diese Vereinigung seit ihrer Gründung zu
mindestens 186 Anschlägen in Selbstbezichtigungschreiben bekannt. Der
bislang letzte Sprengstoffanschlag der terroristischen Vereinigung
"Revolutionäre Zellen/ Rote Zora (RZ)" erfolgte in der Nacht
zum 24. Juli 1995 auf eine Werkhalle der Lürssen-Werft in Lemwerder
bei Bremen. Nach außen leben die einzelnen Mitglieder der
"Revolutionären Zellen/ Rote Zora (RZ)" in der
Legalität. Einzelne Mitglieder sind jedoch in die Illegalität
abgetaucht und werden von den in der Legalität lebenden Mitgliedern
durch Geldzuwendungen unterstützt. In der Zeit von 1973 bis 1999
verübte die terroristischen Vereinigung "Revolutionäre
Zellen/ Rote Zora (RZ)" in Berlin und Umgebung über 40
Anschläge. Zu diesen Anschlägen bekannten sich jeweils
"Revolutionäre Zellen" oder der feministische Zweig der
"RZ", die "Rote Zora". Am 15. Januar 1991 verübten
Mitglieder der "Revolutionäre Zellen/ Rote Zora (RZ)" einen
Sprengstoffanschlag auf die Siegessäule in Berlin-Tiergarten. Dabei
setzten die Täter Sprengstoff ein, der am 4. Juni 1987 von unbekannten
Mitgliedern dieser Vereinigung aus einem Zweigwerk der Firma Glöckner
Durilit GmbH in Salzhemmendorf entwendet worden war. Dort wurden insgesammt
110 kg des gewerblichen Sprengstoffes Gelamon 40 und 22,5 kg des ebenfalls
im gewerblichen Bereich verwendeten Sprengstoffes Hablastit 60/65 sowie 195
m Sprengschnur mit gelber Ummantelung entwendet. Sprengstoff aus diesem
Diebstahl wurde darüber hinaus bei dem versuchten Sprengstoffanschlag
auf das biotechnische Zentrum der Technischen Universität Braunschweig
im Februar/März 1988 sowie bei dem versuchten Sprengstoffanschlag auf
die Staatskanzlei und das Ministerium für Arbeit, Soziales und
Gesundheit Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf am 6. Januar 1991
eingesetzt. Auch zu diesen Anschlägen haben sich Mitglieder der
terroristischen Vereinigung "Revolutionäre Zellen/ Rote Zora
(RZ)" bekannt.
2.
Nach dem Ergebnis der Ermittlungen ist davon auszugehen, daß sich
Sprengstoff aus dem vorgannten Diebstahl in den Räumlichkeiten des
MehringHofes befindet. Im Frühjahr 1995 erhielt das Mitglied der
terroristischen Vereinigung "Revolutionäre Zellen/ Rote Zora
(RZ)" Tarek Mousli von einem anderen Mitglied der Vereinigung 48
Stangen des gewerblichen Sprengstoffes Gelamon 40 - insgesamt etwa 10 kg -
sowie 4,15 m Sprengschnur mit gelber Ummantelung zur weiteren Aufbewahrung
für die terroristische Vereinigung ausgehändigt. Der Sprengstoff
stammte auch aus dem Steinbruch in Salzhemmendorf. Nach Angaben von Tarek
Mousli lagerte dieser Sprengstoff zuvor in einem Schacht im MehringHof. In
diesem Schacht sollen darüber hinaus Waffen gelagert worden sein,
unter anderem eine Maschinenpistole, eine oder mehrere Pistolen und weitere
Sprengstoffvorräte. Bereits am 6. November 1987 war fernmündlich
im Vorzimmer des Justizsenators in Berlin ein anonymer Hinweis eingegangen,
daß sich im MehringHof, in der Gneisenaustraße, im AL-Büro
und in einem Buchladen Waffen und Sprengstoff befänden. Diesem Hinweis
war seinerzeit nicht nachgegangen worden. Da noch eine größere
Menge des in Salzhemmendorf entwendeten Sprengstoffes bisher nicht
aufgefunden worden ist und nach Angaben Mouslis davon auszugehen ist,
daß das Depot im MehringHof noch immer besteht, ist zu vermuten,
daß die Durchsuchung zum Auffinden von Sprengstoff und Waffen
führen wird. Nach Tarek Mouslis Angaben befinden sich im MehringHof
auch die Räumlichkeiten des "Koordinierungsausschusses", der
für die Verteilung der Gelder zuständig war, die den im
Untergrund lebenden "RZ"-Mitgliedern zum Bestreiten ihres
Lebensunterhaltes zur Verfügung gestellt wurden. Aus der Beschlagnahme
derartiger Unterlagen können sich Hinweise auf die gegenwärtigen
Aufenthaltsorte gesuchter Mitglieder der terroristischen Vereinigung
"Revolutionäre Zellen/ Rote Zora (RZ)" ergeben. Angesichts
des von vorneherein nicht eingegrenzten Bereichs, in dem sich das Depot der
"RZ" befinden soll und der räumlichen Struktur des
MehringHofes sowie der Angaben des "RZ"-Mitgliedes Tarek Mousli,
daß sich das Depot möglicherweise auch in Aufzugsschächten,
alten Kaminschächten oder in alten Ölkellern befinden
könnte, ist die Durchsuchung in den im Beschlußtenor genannten
weit verzweigten Räumlichkeiten des MehringHofes durchzuführen.
Dies ist auch deshalb geboten, weil nach Angaben Mouslis der Hausmeister
des MehringHofes in die Strukturen der terroristischen Vereinigung
"Revolutionäre Zellen/ Rote Zora (RZ)" eingebunden war. Als
Hausmeister des Gesamtkomplexes MehringHof hat er Zugang zu sämtlichen
im MehringHof befindlichen Räumlichkeiten, zumindest soweit sie
für den Betrieb des Gesamtkomplexes genutzt werden. Angesichts der
Gefahren, die von dem im Depot gelagerten Sprengstoff und Waffen ausgehen,
ist die Durchsuchung in dem oben bezeichneten Umfang auch
verhältnismäßig. Die Durchsuchung verspricht nur Erfolg,
wenn sie in sämtlichen Räumlichkeiten des MehringHofes
vorgenommen wird.
3.
Die in der Beschlußformel enthaltene Beschränkung auf
Räume mit Zugang zu Treppenhäusern usw. war unter Beachtung des
Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit aus folgendem Umstand
vorzunehmen: nach Tarek Mouslis Angaben befindet sich das Depot entweder im
Treppenhaus, Aufzugsschacht, Kaminschacht, Fahrstuhl, Fahrstuhlschacht oder
in einem Raum, deran derartige Räumlichkeiten, Gelasse
(Treppenhäuser, Aufzugschächte usw.) angrenzt, bzw. in einem
Kellerraum oder Dachstuhl.
4.
Von der vorherigen Anhörung der Betroffenen ist abzusehen, um den
Zweck der Anordnung nicht zu gefährden (§ 33 Abs. 4 Satz 1
StPO).
Dr. Wolst Richter am Bundesgerichtshof [Stempel Bundesgerichtshof]
Ausgefertigt Knummel Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
des Bundesgerichtshofs
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