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Wenn die Sache irre wird -
werden die Irren zu Profis Infos und Texte zur Aussageverweigerung
und Beugehaft aus dem Jahr 1988.
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Die "Auf-Ruhr" zur Anti-Beugehaft-Kampagne
Der § 129 a richtet sich als Angriff gegen
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militante feministische und linksradikale Gruppen (Rote Zora,
Amazonen / RZ) und
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gegen Leute, die zu "anschlagsrelevanten" Themen
radikale Positionen vertreten (Zeitungen, Veranstaltungen, Gruppen
... ).
Beide Zusammenhänge werden verfolgt, weil eine Wechselwirkung
besteht, d.h. Konflikte werden initiiert durch Militante (z.B. Angriff
auf Lufthansa) daraus folgen dann Diskussionen. Öffentlichkeit
(hier Flüchtlinge/Sextourismus) oder andersherum Veranstaltungen,
Kampagnen etc. werden gemacht (z.B. IWF), daraus folgen und beziehen
sich Anschläge zu beteiligten Objekten/ Personen.
Die Funktion von, Beugehaft in diesem Rahmen:
Aussagen erzwingen, um die o. g. Zusammenhänge zu durchleuchten
(d.h. bestimmte Mitglieder rauszufinden, einknasten), kriminalisieren,
einschüchtern um Widerstand zu spalten, d.h. Menschen, die
legal von radikalen Positionen aus zu bestimmten Themen arbeiten,
sollen sich entweder zur Kooperation mit dem Staatsschutz entscheiden
müssen oder dazu, solidarisch zu den betroffenen Zusammenhängen
zu sein und verstärkte Repression zu riskieren. Damit ist die
Aussageerzwingung ein Mittel der vorbeugenden Aufständsbekämpfung.
Was haben wir damit zu tun?
Wir als Zeitung verstehen uns als Bestandteil der Zusammenhänge,
die versuchen, eine offene Diskussion über radikale/systemfeindliche
Ansätze und Aktionen zu fördern/führen. Wir wollen
Widerstand verbreitern und finden zur Verschärfung der Konflikte
militante Aktionen notwendig. U.E. sind diese wichtig, um erstens
bestimmte Auseinandersetzungen ins Bewußtsein zu heben (z.B.
Shell-Aktionen), was dann aber verbreitert und diskutiert werden
muß. Zweitens sind militante Aktionen notwendiger Bestandteil
bestimmter Kampagnen:
so ist die Parole "Verhindern wir den IWF-Kongreß"
nur im Zusammenhang mit Aktionen sinnvoll gewesen, die die Verhinderung
auch als Ziel hatten (Angriffe auf Hotels, Infrastruktur etc.)
Zur Kampagne gegen Beugehaft:
Sie hat nicht verhindert, daß zwei Frauen in Haft gehen mußten.
Aber Beweis dafür, daß die Kampagne gegriffen hat ist
die Tatsache, daß die BAW von der ursprünglichen Forderung
nach Aussagen runterschrauben mußte auf die Forderung nach
rechtskonformem Verhalten ("Bei der Anordnung von Erzwingungshaft
geht es nicht unbedingt darum, einen Zeugen zu einer Sachaussage,
sondern zu einem gesetzmäßigen Verhalten anzuhalten,
das darin besteht, die Aussage nicht ohne gesetzlichen Grund zu
verweigern. (Zitat aus einem Beugehaftbeschluß)
Zudem hat es eine relativ breite - über die engere Szene hinausgehende
- Diskussion um Aussageverweigerung und zum Verhältnis zu staatlicher
Verfolgung gegeben (gerade auch in Verbiridung mit dem Strobl-Prozeß).
Ein weitergehender politischer Druck der Öffentlichkeit (zur
Freilassung der beiden Frauen) konnte nicht geleistet werden.
Zu kritisieren ist, daß die Diskussion zu losgelöst
von den Betroffenen geführt wurde. D.h. um die Lücke zwischen
abstrakter politischer Bestimmung und persönlicher Konsequenz
zu schließen, wäre eine Debatte über Knast und das
persönliche Umgehen damit angesagt gewesen. Gefehlt hat die
Auseinandersetzung, von welchem politischen Standpunkt aus sich
die Aussageverweigerung als Konsequenz ergibt (wobei verschiedene
Positionen nebeneinander stehen können, wie "prinzipielle
Antistaatlichkeit" oder "aus eigener politischer Arbeit
an bestimmten Themen / Inhalten"...) Aussageverweigerung ist
von vielen Positionen aus sinnvoll, ein Austausch über diese
nötig. Nochmal: es geht nicht darum, eine bestimmte politische
Anschauung als die einzig richtige durchzukämpfen!
Wie weiter?
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halten wir es für wichtig, daß die Menschen die
Teilaussagen gemacht haben, sich dazu äußern, wie
es in der Situation dazu gekommen ist und wie sie zur Kampagne
stehen.
Das hat den Sinn:
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zu klären, wo wir als Zusammenhang den Betroffenen nicht
genug Rückhalt gegeben haben;
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die Unsicherheit zu beseitigen, die sich in verschiedenen Beurteilungen
der Aussagen und der Stellung der Zeuglnnen dazu niederschlägt
(von "Teilaussagen sind gar nicht so schlimm" bis
"nahe dran an Verrat"). Es geht uns nicht darum, den
"Verratsvorwurf" zu erheben, sondern darum, die Verhörsituation
besser zu verstehen und zukünftig die Kampagne offener
und kollektiver zu führen.
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Wir wollen eine Spaltung verhindern in Leute, die Teilaussagen-gemacht,
nach §55 verweigert oder grundsätzlich verweigert
haben und diejenigen, die die Kampagne politisch unterstützt
und getragen haben.
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Zur Weiterführung der Kampagne ist eine Auseinandersetzung
mit Knast unumgänglich. Nicht nur weil die beiden im Knast
sitzen -, sondern weil eine Konsequenz aus unserer politischen
Arbeit verschärfte Kriminalisierung und Repression ist.
Das würde auch die oben beklagte Lücke zwischen abstraktem
politischen Richtigfinden der Aussageverweigerung und persönlichem
Handeln schließen helfen. Dazu gehört u. E. auch
die Auseinandersetzung und Solidarität mit Kämpfen
und Widerstand, die im Knast stattfinden, wie dem Hungerstreik
der politischen Gefangenen und dem der Frauen in Plötzensee.
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Anknüpfend an die Erfahrungen aus Frankfurt halten wir
es für richtig, daß die Aussageverweigerung in möglichst
vielen Szenen und Städten thematisiert wird, weil wir denken,
daß Zeuginnenvorladungpn und Beugehaft in Zukunft verstärkt
angewandt werden, um feministische / linksradikale Zusammenhänge
auszuforschen.
Nur durch gemeinsame Diskussion darüber, was wir politisch
wollen und wie wir unserem Ziel näher kommen und durch Klarheit
darüber, daß "der Feind unendlich gemein ist"
,jede Information über uns gegen uns benutzt (daraus
ergibt sich als logische Folge kollektive Aussageverweigerung) wird
es uns möglich sein, Strukturen aufzubauen, die der Gegenseite
den Zugriff auf unsere Zusammenhänge so schwer wie möglich
machen.
Die "Aufrührer"
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