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Mit dem Taxi ins Gefängnis

"Deutliche Spuren bei den Betroffenen"

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Parlamentarischen Staatssekretär Fritz Rudolf Körper, der für die Bundesregierung spricht.

Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nur soviel zu meiner Vorrednerin: Ihr merkwürdiges Verhältnis zu unserer unabhängigen Justiz und den Justizbehörden entspricht nicht dem unseren.

(Beifall bei der SPD und der F.D.P.)

Ich will festhalten: Seit dem Jahre 1992 ist die gezielte Beteiligung von einzelnen Taxifahrern an unerlaubten Einreisen von Drittausländern durch Transporte aus dem Grenzgebiet festgestellt worden. Es ist richtig: 1996 nahm die Zahl dieser Handlungen, insbesondere im Grenzgebiet Görlitz-Zittau, sprunghaft zu. Es wurden insgesamt 53 Ermittlungsverfahren gegen Taxifahrer geführt, die sich in der strukturschwachen Region eine lukrative Einnahmequelle verschafft hatten. An 15 Prozent aller durch den Bundesgrenzschutz festgestellten Schleusungen waren Taxifahrer beteiligt, die gegen hohe Pauschalbeträge illegal Eingereiste unmittelbar im Grenzraum aufnahmen und weit ins Landesinnere transportierten.

(Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)

Auf Grund der hohen kriminellen Intensität und auch der zunehmenden Verstrickungen in Schleusungsorganisationen verhängten die Gerichte empfindliche Freiheitsstrafen ohne Bewährung gegen die Taxifahrer, denen die vorsätzliche Beteiligung an Einschleusungen nachgewiesen wurde. Allein die Staatsanwaltschaft Görlitz zählte im Februar 1998 28 dieser Verfahren. Alle in der Berufungsinstanz angefochtenen Urteile wurden bestätigt. Die Revisionsverfahren sind bis jetzt nicht abgeschlossen. In einem besonders gravierenden Fall wurde ein Taxifahrer, der nachweislich innerhalb von fünf Monaten 96 Ausländer eingeschleust hatte, zu einer Haftstrafe von vier Jahren und zwei Monaten verurteilt. Da auch 1997 die Tathandlungen von Taxifahrern anhielten und es zu 20 weiteren Ermittlungsverfahren kam, versuchte der Bundesgrenzschutz, seine Präventionsarbeit durch verschiedene Aktivitäten gezielt zu verstärken, beispielsweise durch Gesprächsrunden und Zusammenarbeit mit den Taxifahrerverbänden. Das Ziel, den kriminellen Schleusern die Möglichkeit der Tatbegehung unter Nutzung des Taxigewerbes zu entziehen, wurde weitestgehend erreicht. Strafurteile und präventive Maßnahmen führten mittlerweile dazu, daß in diesem Jahr, also im Jahre 1998, nur noch in fünf Fällen wegen der Beteiligung von Taxifahrern an Verstößen gegen das Ausländergesetz im Bereich der Ostgrenze ermittelt wurde. Die Behauptung, daß infolge dieser präventiven und repressiven Maßnahmen rechtmäßige Beförderungen verweigert würden, ist mir bekannt. Nicht bekannt wurden mir bisher konkrete Fälle, in denen es zu echten Beförderungsverweigerungen gegenüber ausländischen und ausländisch aussehenden Fahrgästen gekommen ist.

(Dr. Gregor Gysi [PDS]: Aber sehr wohl!)

Sicherlich ist eine Verhärtung und eine gewisse Trotzhaltung seitens der Taxifahrer zu verzeichnen. Diese wird von interessierter Seite und vor allem auch von bestimmten Medien dazu benutzt, die gesamte Problematik nicht immer objektiv darzustellen. Es wurden sogar ausländisch aussehende Personen als Köder eingesetzt, um die Transportverweigerung der Taxifahrer zu belegen. Die dadurch hervorgerufenen Szenarien, über die dann berichtet wurde, entsprechen jedoch nicht der Realität. Nach den Erfahrungen des Bundesgrenzschutzes können die Taxifahrer im Grenzgebiet sehr wohl erkennen, wann es sich um offensichtlich unerlaubt eingereiste Personen handelt. Hierfür sind nämlich die Staatsangehörigkeit und die Hautfarbe keinesfalls ein Kriterium. Objektive Merkmale sind für diese Entscheidung heranzuziehen, und diese objektiven Merkmale gibt es auch in der Praxis. Beispielsweise hinterlassen wochenlange beschwerliche Reisewege, behelfsmäßige Unterkünfte und schließlich ein langer Marsch über die grüne Grenze, oftmals bei schwierigsten Witterungsverhältnissen und verbunden mit der Überquerung von natürlichen Hindernissen wie Bergen und Flüssen, unzweifelhaft deutliche Spuren bei den Betroffenen.

(Widerspruch bei der PDS)

Ich erwarte, daß sich die Beteiligung von Taxifahrern an kriminellen Einschleusungen weiter zurückentwickelt, so daß Stafverfolgung und Prävention einerseits sowie das Taxigeschäft andererseits auch entlang der Grenze nicht mehr in Widerspruch zu geraten brauchen. Eine schnelle Entspannung der derzeit noch emotional aufgeheizten Situation sollte die Folge sein. Gleichwohl sollte auch weiterhin versucht werden, in der Grenzregion durch die regionalen Dienststellen des Bundesgrenzschutzes vertrauensbildende Maßnahmen zu ergreifen. Für eventuell verunsicherte Taxifahrer soll und wird der Bundesgrenzschutz nach wie vor jederzeit Ansprechpartner und Berater sein. Wir werden dieses schwierige Problem weiter beobachten, auch eine sachbezogene und sachliche Diskussion darüber führen und gegebenenfalls weiterhin in diesem Sinne entsprechende Entscheidungen finden. Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Guido Westerwelle [F.D.P.])

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