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TAZ Nr. 2049 Seite 1-2 vom 29.10.1986 57 Zeilen von TAZ-Bericht Thomas
Rogalla
In die Knie geschossen
Anschlag auf Leiter der Berliner Ausländerbehörde, Harald
Hollenberg / Motiv und Täter gestern abend noch unbekannt /
Vorwürfe gegen Hollenbergs Amtsführung
Auf den Leiter der Ausländerbehörde im Einwohnermeldeamt
Berlin, Harald Hollenberg, ist gestern morgen ein Anschlag nach Art der
Roten Brigaden verübt worden. Als der 54jährige seinen
weißen Mercedes besteigen wollte, bemerkte er nach Angaben der
Polizei direkt hinter sich eine Person. Als er sich umdrehte, schoß
ihn eine junge Frau wortlos mit einer Pistole in den linken Unterschenkel.
Sekunden später verletzte ein unbekannter Mann auch das rechte Bein
durch einen Schuß. Die Täter flüchteten zunächst mit
einem Klappfahrrad, dann mit einem in der Nähe geparkten Auto, das von
einer dritten Person gesteuert wurde. Beim Wegfahren wurden sie von einem
Zeugen beobachtet, der angab, daß die Täter/ innen Perücken
vom Kopf nahmen. Das vermutliche Fluchtauto wurde wenig später
brennend aufgefunden. Hollenberg wurde sofort mit einem Steck- und einem
Durchschuß in ein Krankenhaus eingeliefert, Lebensgefahr besteht
nicht. Welche Motive dem Anschlag zugrunde lagen, war gestern nachmittag
noch unklar. Einen Bekennerbrief gab es zunächst nicht. Fortsetzung
auf Seite 2 Auch stand nicht fest, ob es sich bei den Tätern um
Deutsche oder Aus länder handelte. Ein Sprecher der Bundesanwaltschaft
schloß gegenüber der Agentur ap nicht aus, daß es einen
Zusammenhang zwischen dem Berliner Anschlag und dem auf die
Lufthansa-Verwaltung in Köln gibt. Auch dort sei es um die Asyl- und
Ausländerproblematik gegangen (Siehe Bericht auf Seite 5). Der
Leitende Regierungsdirektor Hollenberg war seit 1972 Leiter der Berliner
Ausländerbehörde. Ende 1982 wurde er in die
Führerscheinbehörde strafversetzt, nachdem bei den Ermittlungen
eines Untersuchungsausschusses des Abgeordnetenhauses Vorwürfe laut
wurden, er habe ausländische Mandanten seines CDU-Freundes und
Anwaltes Schmitz bevorzugt behandelt. Als "Akt der Fürsorge"
wurde Hollenberg vom damaligen Innensenator Lummer 1985 wieder auf seinen
Posten bei der Ausländerbehörde zurückversetzt, gegen den
entschiedenen Widerstand der Oppositionsparteien AL und SPD, die
Hollenbergs rigide Amtsführung kritisierten. Unter Hollenbergs
Amtsführung blieb die Ausländerbehörde wegen Abschiebung von
schwangeren Ausländerinnen, Verhinderung von
Familienzusammenführungen und der engstirnigen Auslegung der Gesetze
stets in den Negativ- Schlagzeilen. Innensenator Kewenig, der den Anschlag
auf Hollenberg gestern verurteilte, bescheinigte Hollenberg, daß
dieser "seine Aufgaben, die ihm der Staat übertragen hat,
jederzeit pflichtbewußt und in vollem Einklang mit dem geltenden
Recht erfüllt hat".
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