Übersicht
Aktuelle Meldung
Meldungen
Berichte
Vorschau
Hintergrund
Mailingliste
Mail
Suche
|
26.02.2004: 171. Prozesstag
Herrn Graf von Schlieffens Gespür für die Strafprozessordnung
Geschlagene 15 Minuten dauerte der heutige Termin der Hauptverhandlung.
Angeblich aus Rücksicht auf den angeschlagenen Gesundheitszustands
von Sabine E., wie die Vorsitzende Richterin Gisela Hennig weiß
machen wollte. Allerdings wurde auf den Gerichtsfluren gemunkelt,
der Saal 500 des Kriminalgericht Moabit sei bereits für 11 Uhr
anderweitig vergeben. Wie auch immer - mit Verhandlungsschluss um
9.30 Uhr lag der Senat gut in der Zeit. Die Viertelstunde Verhandlungsdauer
reichte für zwei Beschlüsse des Senats, zwei Beweisanträge
der Verteidigung und eine Stellungnahme der Bundesanwaltschaft sowieso
dicke aus. Abgelehnt wurden ein Beweisantrag von Rechtsanwältin
Lunnebach und ein Antrag der Verteidigung von Rudolf Sch.. Lautete
im einen Fall die Begründung, es gäbe keinen Widerspruch
in der Aussage des Kronzeugen in der Hauptverhandlung und seiner
Version in einer Vernehmung, weshalb die Verlesung von entsprechenden
Passagen aus dem Vernehmungsprotokollen nicht notwendig sei, sprach
sich im anderen Fall der Senat die erforderliche Sachkunde einfach
selbst zu und lehnte die Bestellung eines Sachverständigen
ab.
Zuvor hatte Rechtsanwältin Lunnebach beantragt, es soll protokolliert
werden, dass der Kronzeuge Mousli bei seinem letzten Auftritt vor
Gericht die Paraphierung und den Wahrheitsgehalt seiner polizeilichen
und richterlichen Vernehmungen bestätigt hatte. Dies habe keine
Beweisbedeutung, meinet die Bundesanwaltschaft in ihrer anschließenden
Stellungnahme keck. Eine Ad-hoc-Stellungnahme zu dem am Ende von
Rechtsanwalt von Schlieffen gestellten Beweisantrag traute sich
Bundesanwalt Bruns dann allerdings doch nicht zu. Die Verteidigung
von Axel H. hatte die Beiziehung aller Oberservationsvorgänge
verlangt, aus denen Mousli in einer Vernehmung im November 1999
vorgehalten worden war.
Wie von Schlieffen betonte, sei die Beiziehung "unabhängig
von ihrem möglichen Beweiswert oder Aufklärungsgehalt"
geboten, da es sich um einen Aktenbestandteil handele, der von der
Bundesanwaltschaft gemäß § 199 Abs.2 Satz 2 StPO
mit der Anklage hätte vorgelegt werden müssen. Er erinnerte
daran, dass die Bundesanwaltschaft in diesem Fall erneut "ihrer
Verpflichtung zur Vorlage des vollständigen Akten- und Beweismaterials"
nicht nachgekommen sei. Gleichzeitig wies er den Senat darauf hin,
dass er, um "die Waffengleichheit im Verfahren wiederherzustellen",
die Akten auf Antrag der Verteidigung beiziehen müsse.
"Im Interesse ihrer Gesundheit", so die Vorsitzende Richterin noch
vor der Wortmeldung von Schlieffens etwas voreilig in Richtung von
Sabine E., "hebe ich den Termin auf." Ob es nächste Woche weitergeht,
ist unklar. Wie Hennig deutlich machte, hängt dies vom Gesundheitszustand
von Sabine E. ab. Offiziell wurde zwar die Fortsetzung der Hauptverhandlung
für den 4. und 5. März anberaumt, doch signalisierte der
Senat seine Bereitschaft, die Termine auch ausfallen zu lassen,
falls Sabine E. bis spätestens Mittwoch eine entsprechenden
Wunsch äußern sollte.
|