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113. Prozesstag: 23.
Januar 2003
Kurz und schmerzlos
Nach nicht einmal 50 Minuten war der heutige Prozesstag schon wieder
vorbei. Befragt wurde erneut der diesmal mit leicht aufgedunsenem
Gesicht erschienene Staatsanwalt bei der Bundesanwaltschaft (BAW),
Christian Monka.
Monka, der zunächst Mühe hatte, sein Lebensalter zu memorieren,
aber immerhin sein Geburtsjahr wusste (er ist 38), wurde zu dem
Brief "Lieber Luka", der 1999 in der Wohnung von Tarek Mousli gefunden
wurde, befragt. Mousli habe damals angegeben dieser Brief gehöre
nicht ihm, sondern seinem damals schon verstorbenem Bekannten Roger
W. Bei den Ermittlungen stellte sich heraus, dass das Papier den
Behörden damals schon als "höchst intern" bekannt und auch zeitlich
einzuordnen gewesen sei.
Dass Mousli mit seiner Behauptung nicht die Wahrheit sage, sei
ihm "aus dem Bauch heraus schon damals klar" gewesen, das sei "eben
kriminalistisches Gespür, das einen befällt"; Mousli habe, sprachlich
gewandt und unauffällig, eine "Mauertaktik" angewandt.
Auf die Fragen der Verteidigung, warum Mousli nie auf seine Lügen
und die Beschuldigung des damals schon verstorbenen Roger W. angesprochen
wurde, machte Monka die damals noch unzureichende Beweissituation
geltend.
Die BAW beantragte in verschiedenen Stellungnahmen, Anträge der
Verteidigung zurückzuweisen. So auch den Antrag der RechtsanwältInnen
Kaleck und Lunnebach, die einen rechtlichen Hinweis des Gerichts
auf die konkreten Tatvorwürfe gegen ihren Mandanten verlangt hatten.
Laut Strafprozessordnung müssen Tatvorwürfe genau bestimmt sein
oder im Nachhinein vom Gericht im Rahmen eines rechtlichen Hinweises
konkretisiert werden. Bundesanwalt Michael Bruns lehnte ein solches
Ansinnen mit den Worten ab, es sei keine Variante zu den Tatbeteiligungen
des Angeklagten jenseits der Aussagen von Tarek Mousli denkbar.
Bruns war es auch, der sich in einer weiteren Stellungnahme sprachlich
an Rechtsanwalt Euler und insgesamt an der Zunft der Rechtsanwälte
verging, nachdem beantragt worden war, Rechtsanwalt Euler als Zeugen
in Hinblick auf das Beinschussattentat auf Hollenberg zu vernehmen.
Bruns vertrat die Auffassung, damit wolle der Rechtsanwalt auf mehr
Glaubwürdigkeit als in seiner schon gemachten Stellungnahme hinaus
und bringe damit die Reputation der gesamten Rechtanwälte in Verruf.
Es blieb Rechtsanwalt von Schlieffen vorbehalten, auf diesen kuriosen
Anwurf zu erwidern. Euler solle keineswegs als Leumund für seinen
Mandanten fungieren, sondern vielmehr Tatsachen bekunden, die er
im Rahmen seiner Arbeit in Erfahrung, aber noch nicht vor Gericht
zur Kenntnis gebracht habe. Neben weiteren Ungenauigkeiten sei vor
allem zu bemängeln, dass für Bruns die Erklärung Eulers bereits
als Beweisaufnahme gelten solle.
Abschließend wurden Lichtbilder des Bahngeländes in Augenschein
genommen, die beweisen, dass Mouslis Angaben zu seinem Überwachungsstandort,
dem Fluchtweg über angebliche S-Bahngleise mit Hochleitungen und
Straßenführungen, die er im Zusammenhang mit dem Anschlag auf Harald
Hollenberg ausgespäht haben will, sämtlich falsch sind.
Der Prozesstermin am 30. Januar wurde aufgehoben, fortgesetzt wird
am 31. Januar 2003 um 9.15 Uhr. Es sieht, mit Blick auf ein etwaiges
Prozessende, nach Sommer aus...
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