9. Prozesstag: 22. Juni 2001
Staatsanwalt Monka als Zeuge vernommen
Der bei der Bundesanwaltschaft (BAW) für RZ-Verfahren
zuständige Bundesanwalt Christian Monka berichtete über seine
Gespräche mit Tarek Mousli. Nach Aussage des 37- jährigen
Stuttgarters sei er zum ersten Mal bei der Durchsuchung in Mouslis Wohnung
am 14.4.99 und zum letzten Mal bei dessen Prozess im Dezember 2000 mit ihm
in Kontakt gekommen.
Monka arbeitete von 1998 bis Ende 2000 als Staatsanwalt und
wissenschaftlicher Mitarbeiter im Referat des Staatsanwaltes Griesbaum. In
diesem Rahmen war er für Verfahren im Zusammenhang mit den
Revolutionären Zellen (RZ) zuständig.
Bei der Hausdurchsuchung im April 1999 habe er Mousli über die
Möglichkeit der Kronzeugenregelung grob belehrt, Mousli habe
abgelehnt.
Mouslis erste Verhaftung: "Geständnisgleiche
Einlassungen"
Am 19. Mai 1999 wurde Mousli verhaftet und in die Justizvollzugsanstalt
Moabit gebracht. Dort habe Monka bei der ersten staatsanwaltschaftlichen
Vernehmung am 16. Juni 1999 seine Belehrungen wiederholt. Auch zu diesem
Zeitpunkt habe Mousli die Kronzeugenregelung noch nicht in Anspruch nehmen
wollen. Er habe aber erstmals "geständnisgleiche
Einlassungen" zu Sprengstoffbesitz gemacht, allerdings noch keine
Aussagen zu anderen Personen.
Nach eigenen Angaben war Monka anwesend, als Mousli bei seinem
Haftprüfungstermin am 7. Juli 1999 vom zuständigen Richter Dr.
Wolst befragt und danach sofort aus der Haft entlassen wurde.
Zweite Verhaftung: Mousli zeigt sich
"gesprächsbereit"
Monka sei bei Mouslis erneuter Verhaftung am 23. November 1999 in
"zweiter Reihe" dabei gewesen, "nachdem Sicherheit
hergestellt war" und habe wiederum auf die Möglichkeit der
Kronzeugenregelung hingewiesen. Er habe auch angeboten, an einem
Gespräch zwischen Mousli und dem zuständigen Ermittlungsrichter
am nächsten Tag teilzunehmen.
Bei dieser erneuten Verhaftung habe Mousli darauf verzichtet, einen
Anwalt hinzuzuziehen.
Noch am selben Abend habe der BKA- Beamte Schulzke Staatsanwalt
Griesbaum telefonisch darüber informiert, dass Mousli einen
"Gesprächswunsch" angedeutet habe. Griesbaum seinerseits
habe daraufhin Monka am nächsten Morgen damit beauftragt, dieses
Gespräch zu führen.
Am 24. November 1999 habe der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof
(BGH), Dr. Wolst, Mousli den Haftbefehl eröffnet und ihn auch auf die
Kronzeugenregelung hingewiesen.
Anschließend daran habe im Flur des BGH ein Gespräch zwischen
Mousli, Monka und den BKA- Beamten van Elkan und Schulzke stattgefunden, in
dem Mousli seine Gesprächsbereitschaft bekundet habe. Er habe auch
wissen wollen, was im Rahmen des Ermittlungsverfahrens auf ihn zukommen
könne. Monkas Eindruck sei gewesen, dass "sehr schnell
'rüber kam, er wolle mit mir sprechen". Mousli habe
verdeutlicht, dass er sich sehr viele Gedanken gemacht habe.
Staatsanwaltschaftliche "Arbeitshypothesen"
Monka habe dann zwei "Arbeitshypothesen" aufgestellt. Variante
1 sei als "Negativszenario" gewesen, Ermittlungen, Verfahren,
Prozess würden lange dauern und Mousli müsse als
"Märtyrer der RZ" mit mindestens fünf bis sechs Jahren
Haft rechnen.
Variante 2, der "günstigste Fall", hingegen sei laut
Monka gewesen, Mousli mache "hochkarätige Aussagen", lege
ein voll umfängliches Geständnis ab und Informationen offen, die
dem BKA bis dahin noch nicht bekannt waren. Insbesondere die Berliner RZ
sei bis dahin ein "unbeschriebenes Blatt, man könnte auch sagen
Schwarzes Loch" für die Ermittlungsbehörden gewesen.
Er habe, so Monka, Mousli auch klargemacht, dass er nicht nur
umfangreich aussagen müsse, sondern auch "Knüller" zu
liefern habe. Mousli, ein "Mann der klaren Worte", müsse
auch "Hintermänner" nennen. Aussagen zu anderen Personen
könnten strafmildernd wirken, wie dies etwa in Betäubungsmittel-
Verfahren üblich sei, wenn Beschuldigte Aussagen zu
"Tatgenossen" machten. Bei dieser Variante könne er, Mousli,
mit einem schnellen Verfahren und Prozess rechnen und käme in den
Bereich einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren.
Auf Vorhalt des Rechtsanwaltes von Sabine E., Johannes Eisenberg,
betonte Monka, er habe immer von "Aufklärungshilfe"
gesprochen, die Mousli leisten müsse.
Monka habe zu diesem Zeitpunkt "keine Aussagen hören"
wollen, und Mousli daher aufgefordert, sich das alles "reiflich zu
überlegen". Er und seine Freundin könnten ins
Zeugenschutzprogramm aufgenommen werden. Einzelheiten dazu seien allerdings
Sache des BKA, dazu könne er, Monka, nichts sagen.
"Kein Vertrag", aber ein unterzeichneter
Vermerk
Bei einer Vernehmung durch Schulzke am 25. November 1999 in Köln
habe Mousli signalisiert, auch über andere Personen aussagen zu
wollen. Darüber habe Schulzke ihn, Monka, informiert. Sie beide
hätten bereits gemachte Aussagen von Mousli abgeglichen und den
Eindruck gewonnen, Mousli sei "glaubwürdig" und wolle
tatsächlich aussagen.
Mousli habe aber das Protokoll seiner polizeilichen
Beschuldigtenvernehmung durch Schulzke nicht unterschreiben wollen, bevor
er nicht noch einmal mit Monka gesprochen habe. Er wolle sich vorher bei
ihm über die getroffenen Absprachen vergewissern.
Deshalb sei er, Monka, am 26. November nach Köln gefahren und habe
Mousli erklärt, dass er ihm "keinen Vertrag bieten"
könne. Er habe aber vorgeschlagen, ihm einen Vermerk über das
Flurgespräch vom 24. November zur Gegenzeichnung vorzulegen.
Entsprechend habe Monka den wesentlichen Inhalt des betreffenden
Gesprächs am 29. November 1999 in einem Vermerk niedergeschrieben. Bei
seinem nächsten Aufenthalt in Köln am 7. Dezember 1999 habe er
Mousli dieses Schreiben vorgelegt, der es daraufhin ebenfalls
unterschrieben habe.
In der Folge war es laut Monka dann zu zahlreichen Vernehmungen von
Mousli durch das BKA gekommen; an einigen dieser Vernehmungen habe er,
Monka, teilgenommen.
Nach seinen Angaben begegneten er dann Mousli noch einmal zur
Anklageerhebung und beim Prozess gegen Mousli zum letzten Mal.
Befragung von Staatsanwalt Monka durch das Gericht
Nach Monkas Bericht begann die Vorsitzende Richterin Gisela Hennig mit
dessen Befragung als Zeuge. Monka wiederholte auf ihre Nachfrage, er sei
sowohl am 14. April 1999 bei der ersten Hausdurchsuchung und
vorläufigen Festnahme Mouslis anwesend gewesen, als auch bei dessen
Verhaftung am 23. November 1999. Bei der Verhaftung am 19. Mai 1999 sei er
nicht dabei gewesen; hier sei allein das Bundeskriminalamt (BKA) tätig
geworden. Nach einigen weiteren Fragen von Hennig übernahm der
Berichterstatter (Richter Hanschke).
Monka antwortete auf Vorhalt von Hanschke, dass Tarek Mousli am 23.
November 1999, dem Tag seiner Verhaftung, keinen Rechtsanwalt gewollt habe.
Zunächst habe Mousli gesagt, er könne diesen jetzt - um sechs Uhr
morgens - ohnehin nicht erreichen. An den darauffolgenden Tagen habe er
ebenfalls darauf verzichtet, weil er seinen damaligen Rechtsanwalt Frank
Assner "nicht mit hineinziehen wolle". Mousli habe zudem erst
prüfen wollen, so Monka weiter, ob er seinen Rechtsanwalt behalten
wolle. Auf die Frage, ob Mousli weitere Details dazu genannt habe,
antwortete Monka, er hätte seine Überlegungen damit
begründet, dass er und der Anwalt viele gemeinsame Bekannte "aus
der vergangenen Zeit" hätten. Mit dieser "alten Zeit"
habe er ihn nicht konfrontieren wollen.
Auf die Frage, ob er das Zeugenschutzprogramm gegenüber Mousli am
24. November 1999 erwähnt habe, antwortete Monka, seine Vermutung sei
gewesen, dass Rechtsanwalt Assner dies Mousli gegenüber bereits getan
habe. Bei der staatsanwaltschaftlichen Vernehmung, an der Assner am 16.
Juni 1999 teilnahm, habe dieser mitgeteilt, dass er mit Mousli über
die "Verästelungen der Kronzeugenregelung" gesprochen habe.
Daraus habe er, Monka, geschlossen, dass Assner der "Informant"
war.
Die Bundesanwaltschaft (BAW) hatte an den Zeugen Monka keine Fragen, und
auf Antrag der Verteidigung gab es eine zehnminütige Pause, an die
sich die Befragung durch die RechtsanwältInnen anschloss.
Befragung von Staatsanwalt Monka durch die Verteidigung
Auf die Frage der Rechtsanwältin von Matthias B., Edith Lunnebach,
antwortete Monka, bei der ersten Durchsuchung der Wohnung von Tarek Mousli
sei auch der BKA- Beamte Schulzke dabei gewesen.
Auf Vorhalt bestätigte Monka, dass er am Morgen des 24. November
1999 mit Bundesanwalt Griesbaum gesprochen habe. Dieser habe ihn
darüber unterrichtet, dass Schulzke ihn, Griesbaum, am vorhergehenden
Abend gegen 23.00 Uhr angerufen habe. Schulzke habe ihm am Telefon
mitgeteilt, dass Mousli ein Gespräch mit Staatsanwalt Monka wolle.
Mouslis Freundin, so Monka, habe er erstmalig am 14. April 1999 gesehen,
er könne sich aber nicht erinnern, ob bei der Durchsuchung der Wohnung
selbst oder aber erst anschliessend bei der Polizei. Zu einer weiteren
persönlichen Zusammenkunft mit Mouslis Freundin sei es dann noch am
16. oder 17. Juni 1999 anlässlich eines Gefängnisbesuches
gekommen. Dann habe er sie erst wieder am 23. November 1999 gesehen.
Auf die Frage des Rechtsanwaltes von Sabine E., Nikolas Becker, ob
Mousli ihm gegenüber behauptet habe, er sei mit seiner Freundin
verlobt, verneinte Monka mit Verweis auf ein von ihm angefertigtes
Protokoll. Ob sich das zwischenzeitlich geändert habe, könne er
nicht sagen; auch darüber, ob das Verhältnis der beiden noch
bestehe, könne er keine Angaben machen.
Der Zeuge Monka wurde auf Wunsch der Verteidigung vereidigt, auf seinen
Wunsch mit der religiösen Eidformel.
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