122. Prozesstag: 3. April 2003
Die Entdeckung der Geschwindigkeit
An das Beschleunigungsgebot bei Strafverfahren erinnerte sich heute
die Bundesanwaltschaft (BAW) nach fast zwei Jahren Hauptverhandlung.
Gerade rechtzeitig, um damit ihre Ablehnung des Antrages auf Prozessaussetzung
zu begründen.
Die Verteidigung der Angeklagten Harald G. und Matthias B. hatte
das zuvor verlangt, nachdem ein Verwaltungsgericht (VG) die Herausgabe
von ungeschwärzten Verfassungsschutzakten als beweiserheblich beurteilt
hatte (s. letzte Prozesstage). Die Sachaufklärung gebiete nicht
die Übergabe der Protokolle in Reinschrift von Gesprächen zwischen
dem Kronzeugen Mousli und dem Verfassungsschutz (VS) abzuwarten.
Sie würden ohnehin nur einen kleinen Teil der Befragungen durch
den VS wiedergeben.
Ein inkompetentes VG hätte ein fehlerhaftes Urteil gefällt, so
BAW Bruns fast wörtlich, der ziemlich tonlos seine Argumente vortrug.
Die Beweisbedeutung der VS-Unterlagen wäre völlig falsch gewürdigt
worden, das Urteil sei sachlich nicht ausreichend gerechtfertigt,
eine Bestätigung dieses Urteils in der Hauptsache wäre höchst unwahrscheinlich
und die Gefahr, dass die gesamte bisherige Hauptverhandlung wertlos
würde, zu groß.
Bitteres Gelächter erntete sein tatsächlich ernsthaft vorgetragener
Eingangsargument: eine Aussetzung des Verfahrens verböte sich alleine
schon durch das Gebot zur Beschleunigung des Verfahrens.... Außerdem
könne ein abschließendes VG-Urteil (in ca. 2 Jahren) in Ruhe abgewartet
werden, solange die Beweisaufnahme in diesem Verfahren nicht abgeschlossen
sei! Bleibt die BAW weiterhin der 'Chef im Ring'? Bleibt das Kammergericht
beharrlich im Windschatten?
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