Donnerstag, den 22.01.2009
Zehn BesucherInnen hatten sich nach Stammheim aufgemacht und mussten
sich den üblichen Sicherheitskontrollen unterziehen.
Für die Medien war das Spektakel schon wieder vorbei, so dass
sie sich von der Pressestelle des Gerichts über die plötzliche
Wende des Prozesses informieren lassen mussten.
Die vorsitzende Richterin eröffnete den zweiten Verhandlungstag
nämlich mit der Mitteilung, dass es zwischen Senat, Bundesanwaltschaft
und Verteidigung in vorangegangenen Gesprächen Absprachen über
die folgenden Punkte gegeben hätte:
- Gegenstand des Verfahrens sind nur Straftaten ab Anfang Januar
1985
- der Vorwurf der Rädelsführerschaft in einer terroristischen
Vereinigung wird fallen gelassen und die Anklage auf Mitgliedschaft
beschränkt
- im Falle einer 'geständnisgleichen Erklärung' des
Angeklagten beträgt die Strafobergrenze zwei Jahre, die zur
Bewährung ausgesetzt werden
- alle Beteiligten verzichten auf die Heranziehung zusätzlicher
Beweismittel.
Im Klartext bedeutete dies, dass die Bundesanwaltschaft auf den
Kronzeugen verzichtet und sich mit einer Bewährungsstrafe zufrieden
gibt, wenn Thomas sich im Gegenzug zur Sache einlässt.
Nachdem alle Beteiligten öffentlich ihr Einverständnis
erklärt hatten, erließ der Senat einen entsprechenden
Beschluss, womit das Urteil also feststeht. Im Gegenzug hat Rechtsanwalt
Heinrich Comes dann die Einlassung verlesen.
Kernpunkte dieser Einlassung sind, dass Thomas
- in den 70er Jahren zum Kreis der RZ gehörte, dort allerdings
relativ schnell als verbrannt galt
- in der Folge einen Sonderstatus als assoziiertes Mitglied bekam,
da er die Politik der RZ inhaltlich weiterhin teilte
- sich ab 1985 als Malte in die Debatten über die Flüchtlingskampagne
einmischte und zu dem Zweck auch einmalig an einem außerordentlichen
Treffen teilnahm
- an der Produktion und dem Vertrieb einer Extraausgabe des Revolutionären
Zorn zur Flüchtlingskampagne mitwirkte
- nach dem 18.12.1987 an einem zweiten außerordentlichen
Treffen beteiligt war, bei dem es um die Konsequenzen aus der
damaligen Polizeirazzia ging
- danach persönlich keine ihm bekannten RZ-Mitglieder mehr
traf
- sich dennoch weiterhin als assoziiertes Mitglied der RZ bis
zu deren Auflösung verstand
- Anfang der 90er Jahre einen Entwurf zu dem Text 'Gerd Albartus
ist tot' verfasste.
Im Anschluss daran präsentierte der Senat Thomas zwei Aktenordner,
die dem BKA bei der Hausdurchsuchung in Hamburg im Dezember 1987
in die Hände gefallen waren. Deren Inhalt wurde dazu verwendet,
um die in der Einlassung gemachten biografischen Angaben zu verifizieren.
Nachdem sich das Gericht ein Bild von seinem Lebenslauf und seiner
derzeitigen Lebenssituation verschafft und noch mal verkündet
hatte, dass auf eine Vernehmung des Kronzeugen verzichtet wird,
wurde die Verhandlung für diesen Tag unterbrochen.
Außerhalb der Hauptverhandlung verständigten sich die
drei Parteien dann über das Restprogramm, das folgendermaßen
aussieht:
Am 23.01., 29.01. und 06.02. kommt jeweils ein Zeuge vom BKA, am
12.02. plädieren die BAW und die Anwälte und am 19.02.
ergeht das Urteil.
Die Verhandlung beginnt nach wie vor um 9.30 Uhr und in das weniger
symbolträchtige Gerichtsgebäude in der Stuttgarter Innenstadt
will der Senat auch nicht umziehen, obwohl von einer Gefährdung
des Kronzeugen wohl keine Rede mehr sein kann, wenn er gar nicht
erst kommt.
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