Kammergericht
Elßholzstraße 30-33
10781 Berlin
Berlin, den 28.08.03
In der Strafsache
./. Harald G. u.a.
(1)2 StE 1 l/00 (4/2000)
wird erneut beantragt,
das Verfahren auszusetzen.
Begründung:
Am 18.8.03 entschied das Verwaltungsgericht Berlin (Az VG 34
A 42.03) in der Hauptsache, daß die Sperrerklärungen
vom
2.7.2002, 19.12.2002 und 8.4.2003 rechtswidrig sind und den Angeklagten
G. in seinen Rechten verletzen und hob diese deshalb auf.
Damit hat das Verwaltungsgericht an seiner bereits im vorläufigen
Rechtsschutzverfahren geäußerten Auffassung festgehalten.
Die nach § 96 StPO ausgesprochene Sperrerklärung existiert
nicht mehr.
Wir fordern deshalb den Senat auf, darauf hinzuwirken, daß
das Bundesamt für Verfassungsschutz die Gesprächsprotokolle
ungeschwärzt vorlegt.
Der Senat stützt die Ablehnung der Aussetzung der Hauptverhandlung
im Beschluß vom 4.7.2003 im wesentlichen auf drei Gründe.
1 .Prozeßökonomie (S. 2a des Beschlusses):
Nach Ansicht des Senats machen bereits Gründe der Prozeßökonomie
die Aussetzung des Verfahrens unmöglich, da offensichtlich
bei Neubeginn der Hauptverhandlung der Senat eine Verurteilung der
Angeklagten nicht mehr für gewährleistet ansieht.
Prozeßökonomische Gesichtspunkte im hiesigen Zusammenhang
sind jedoch sachfremd.
Entscheidungserheblich muss hier sein, das Recht auf ein faires
rechtsstaatliches Verfahren als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips
(Art. 20 Abs. 3 GG) in Verbindung mit dem allgemeinen Freiheitsrecht
(Art. 2 Abs. 1 GO). Es handelt sich um einen auf der Ebene des Verfassungsrechts
angesiedelten Grundsatz des Verfahrensrechts. Dies gilt um so mehr,
da im Falle der Verurteilung mit einer mehrjährigen Freiheitsstrafe
zu rechnen ist.
2. Geringe Beweisbedeutung der geschwärzten Gesprächsniederschriften
(S. 2b des Beschlusses)
Über die Beweisbedeutung der geschwärzten Gesprächsniederschriften
kann der Senat aufgrund der vorgenommenen Schwärzungen tatsächlich
keine Einschätzung abgeben.
Die Gesprächsniederschriften und deren Inhalt selbst sind
der Beweisaufnahme auch nicht entzogen.
Auch der Hinweis, dass es sich ausschließlich um eine Beweisermittlung
handele reicht nicht aus, um die Beweisermittlung nicht vorzunehmen.
Die Aufklärungspflicht des Senats gebietet es die ungeschwärzten
Protokolle anzufordern und zum Gegenstand der Hauptverhandlung,
insbesondere der Befragung Mouslis zu machen. Dies gilt um so mehr
weil diese Gespräche mit dem Verfassungsschutz zwischen den
Aussagen Mouslis im Ermittlungsverfahren und seinen Bekundungen
in der Hauptverhandlung liegen. Da der Zeuge Mousli nach wie vor
das einzige Beweismittel gegen den Angeklagten G. darstellt, hat
sich die Beweisaufnahme auf alle möglichen Erkenntnismittel
den Zeugen Mousli betreffend zu erstrecken. Hierzu gehören
selbstverständlich insbesondere sämtliche Aussagen und
Äußerungen die der Zeuge Mousli gegenüber Beamten
getätigt hat, seien es Beamten des BKA oder des Verfassungsschutzes.
Ob der Zeuge Mousli in diesen Vernehmungen über Einzelheiten
des hier maßgeblichen Tatgeschehens berichtet hat läßt
sich im übrigen nur beurteilen, wenn die Protokolle hier in
ungeschwärzter Form vorliegen.
Dass die Gesprächsniederschriften nicht die Unterschrift des
Zeugen Mousli tragen kann ebenfalls für die Beweiserheblichkeit
nur eine untergeordnete Rolle spielen, da zu den Protokollen die
entsprechenden Tonbandaufnahmen vorhanden sind und seine Gesprächspartner
als Zeugen zur Verfügung stehen.
3. Mangelnde Erfolgsaussichten der Klage (5. 3 c des Beschlusses)
Das Verwaltungsgericht hielt auch in seiner Hauptsacheentscheidung
daran fest, dass die hier in Rede stehende Sperrerklärung rechtswidrig
sei und hob sie auf. Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung
die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Kriterien für
die Voraussetzungen einer rechtsfehlerfreien Sperrerklärung
zugrunde.
Würdinger, Rechtsanwältin
Studzinsky, Rechtsanwältin
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