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Verteidigung

Kammergericht Berlin

Elßholzstr. 30-33

10781 Berlin

26.06.2003

In der Strafsache

./. Borgmann, Matthias

b e a n t r a g e ich,

den Dr. Kolla, zu laden über das BKA, mit einem Nachbau des Sprengstoffpaketes zu beauftragen und seine sachverständige Bekundung dazu einzuholen, daß ein solches Paket, wenn es nicht eingerissen ist, mindestens mehrere Wochen an der Oberfläche schwimmt, wobei mehr als 1/3 des Paketes aus der Wasseroberfläche herausragt.

Zur Begründung des Antrags wird folgendes ausgeführt:

Die Kammer hat zu früheren Anträgen der Verteidigung (so in Ablehnung des Antrags der Verteidigung vom 21.05.2002 auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens) deutlich gemacht, daß sie bezüglich der Liegezeit des Sprengstoffpakets im Wasser der Auffassung von Dr. Kolla folgen will, wie sie sich aus dem Gutachten vom 24.01.2002 ergibt. Dort hat Herr Dr. Kolla u.a. ausgeführt, daß "der Algenbewuchs und die Auffindesituation (des Pakets) unter einer Dünnschlickschicht darauf schließen lasse, daß das Paket zumindestens mehrere Wochen an der betreffenden Stelle gelegen hat."

Diese Feststellung des Sachverständigen darf aber aus Sicht der Verteidigung nicht aus dem Gutachtenzusammenhang herausgelöst bewertet werden. Ersichtlich diskutiert der Sachverständige in seinem Gutachten nicht die Möglichkeit, daß das Paket beim Einwurf geöffnet wurde, so daß es unmittelbar sinken konnte. Für diesen Fall aber, der nach der weiteren Beweisaufnahme aus Sicht der Verteidigung einzig mögliche Ablauf ist, kann das Sprengstoffpaket auch nach seiner äußeren Erscheinung ohne Weiteres z.B. erst drei Wochen im Seegraben gelegen haben, bevor es dann geborgen wurde. Es wäre auch bereits dann mit Algen bewachsen, allerdings wäre der Sprengstoff eben nicht vollständig gelöst, vielmehr wäre der Sprengstoffinhalt des Paktes genau in dem Zustand, den der Sachverständige in seinem Gutachten vom 24.01.02 auch beschreibt: "der Sprengstoff war nass, aber weitgehend erhalten". In seinem Gutachten vom 12.04.2002 diskutiert Dr. Kolla erneut die mögliche Liegezeit und die Auflösungszeit des Sprengstoffes im Wasser und kommt zu der wissenschaftlich begründeten Auffassung, daß die Sprengstoffanteile Ammonium- und Natriumnitrat innerhalb eines Zeitraumes von 25-47 Tage durch das eindringende Wasser aufgelöst werden. Dies war bei den aus dem Seegraben untersuchten Proben 1 und 2 nicht der Fall, so daß die Auffindesituation des Paketes erneut damit in Einklang steht, daß dieses kürzer als 3 Wochen im Seegraben gelegen hat. Dies aber wiederspricht aber eklatant den Angaben des Zeugen Mousli, der das Paket bereits im Frühjahr 1995 im Seegraben entsorgt haben will. Hätte Mousli allerdings nach seiner Haftentlassung am 07.07.1999 das Paket entsorgt, so steht die Auffindesituation des Paketes am 24.08.1999 hiermit im Einklang.

Baut man nun ein Paket nach, wie es ohne Weiteres unter Beschaffung der Sprengstoffstangen Gelamon 40 und der in den Fotos über das Sprengstoffpaket deutlich dokumentierten Verpackungsart möglich ist, so erhält man ein Paket, welches wasserdicht ist. Hiervon geht auch der Sachverständige Dr. Kolla in seinem Gutachten vom 24.01.02 aus, in dem es heißt: "Die Materialien sowohl der äußeren als auch der inneren Verpackung sind wasserdicht. Ein Eindringen von Wasser kann nur an den Verschlussstellen stattfinden. Nach der Beschreibung und der äußeren Beurteilung der Verpackungsart kann man davon ausgehen, daß auch beim Eindringen geringer Wassermengen durch undichte Verschlussstellen ein Stoffaustausch mit der äußeren Umgebung, der zur Auflösung des Sprengstoffes notwendig wäre, ohne die einseitige Öffnung nicht möglich war." (Seite 4 des Gutachtens). Dieses - wasserdichte - Paket hätte über mehrere Monate an der Wasseroberfläche schwimmen müssen. Hiervon ist auch der in der Hauptverhandlung vernommene Gutachter Prof. Dr. Gumlich ausgegangen, der das Volumen des Paketes berechnet hat.

Lediglich aufgrund des Aufrisses konnte das Paket untergehen. Eine Beschädigung des Paketes durch Tierfraß, wie sie als Erklärungsmodell für den Auffindezustand des Paketes diskutiert wird, ist schon deshalb nicht plausibel, weil diese Beschädigung dann ausgerechnet nur wenige Wochen vor dem Auffinden des Paketes im Seegraben hätte geschehen sein müssen (wie dargestellt und durch den Sachverständigen bekundet wäre der Nitratanteil des Sprengstoffs nach 25-47 Tagen vollständig diffundiert). Da es weiterhin auch nicht sehr wahrscheinlich ist, daß der Zeuge Mousli, der das Paket nach seinen eigenen Angaben ja entsorgen wollte, dieses in den Seegraben wirft und dann aufgrund der Schwimmfähigkeit des Paketes feststellen muß, daß dies auf der Wasseroberfläche sichtbar schwimmt, ist mit dem bisherigen Beweisergebnis allein der Sachverhalt vereinbar, daß der Zeuge Mousli das Sprengstoffpaket relativ kurze Zeit vor dem 24.08.1999 unter Aufreißen der Verpackung im Seegraben versenkt hat.

Lunnebach

Rechtsanwältin

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