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HILFSBEWEISANTRAG
Az: 2 StE 11/00
In der Strafsache
./. Borgmann
b e a n t ra g e ich namens und in Vollmacht
des Angeklagten,
die Zeugen- und Beschuldigtenvernehmungen des
Zeugen Mousli vom 14.04., 15.04., 16.06., 07.07.,07.10.,25., 26.
und 30.11., 02., 07.,09., 13., 16. und 30.12.1999, vom 02., 04.,
07.,10., 12.,18.,19. und 23. und 27.01.2000, vom 01., 07.,14.,15.,16.
und 29.02.2000, vom 15.,21., 28. und 29.03.2000, vom 07.,10.,11.
und 12.04.2000, vom 18.05., vom 04. und 05.07.2000 und vom 23.08.2000
sowie vom 24.01.2001 zu verlesen
Die Verlesung hinsichtlich des genauen Wortlauts
ist aus folgenden Gründen beweiserheblich.
Der damals gesondert verfolgte Beschuldigte
hat zunächst als Beschuldigter dann zwischenzeitlich als Zeuge
und später wieder als Zeuge umfangreiche Angaben gegenüber
den Ermittlungsbehörden (Polizei und Staatsanwaltschaft) gemacht.
Die Angaben des Zeugen Mousli sind jeweils inhaltlich
aufeinander bezogen und stellen sich, zumindest was den Großteil
der Vernehmung als Beschuldigter angeht, als einheitliche Vernehmung
dar.
Der Zeuge Mousli hat in der Hauptverhandlung
angegeben, das alles, was er mit den Ermittlungsbehörden besprochen
hätte, Gegenstand solcher Vernehmungen geworden ist. Dies wurde
auch von den hauptsächlichen Vernehmungsbeamten, den Zeugen
Schulzke und Trede bestätigt. Teile der Vernehmungen sind dem
Zeugen Mousli zudem in der Hauptverhandlungjeweils vorgehalten worden
und wurden durch den Zeugen bestätigt.
Es kommt vorliegend auch auf den Wortlaut der
Gesamtheit der Vernehmungen an.
Zunächst ergibt sich aus diesen Vernehmungen,
daß der Zeuge im Jahr 1999 bis zum 25.11.1999 kunstvoll und
bewußt gelogen hat. Dies hat er selbst zugegeben. Hierbei
war es nicht nur so, daß der Zeuge ihn oder andere belastende
Details einfach nicht erwähnt. Vielmehr hat er Details erwähnt,
sie aber falsch zugeordnet und Beweise erfunden.
Ferner hat der Zeuge, nachdem ihm seitens der
Ermittlungsbehörden seine Kronzeugenrolle ab dem 25.11.1999
geglaubt wurde, zwischen dem 25.11.1999 und dem 30.12.1999 erneut
gelogen, bzw. Dinge wahrheitswidrig erfunden.
Aus der Gesamtheit der Vernehmungen wird weiter
deutlich, daß ihm ab 30.12.1999 seitens der Ermittlungsbehörden
ein quasi Sachverständigenstatus zukam. Dies ergibt sich aus
der Art und Weise, wie der Vernehmungen seit dem 30.12.1999 strukturiert
waren.
Zwischen dem 30.11. und dem 30.12.1999 waren
dem Zeugen zunächst insgesamt 290 Fahndungslichtbilder vorgelegt
worden, damit er zur Identifizierung der RZ- verdächtigen Personen
mithelfen könne. Hierdurch wurde dem Zeugen bis zum 30.12.
vertraut, welche Personen ohnehin von den Ermittlungspersonen in
entsprechendem Verdacht standen.
Nach dem 30.12.1999 sind die Vernehmungsbeamten
dann dazu übergegangen, dem Zeugen jeweils "Zusammenfassungen"
seiner bisherigen Aussagen zu einzelnen Personen mit in die Zelle
zu geben, so daß er bei darauffolgenden Vernehmungen in die
Lage versetzt wurde, zu den jeweiligen Themenkomplexen Angaben zu
machen.
Dies beginnt mit Zusammenfassungen zu "Anton"
und geht weiter mit Zusammenfassungen zu "Sigi", "Sebastian", "Malte",
"Lea", "Toni", bis zu "Heiner" am 27.01.2000.
Ab dem 20.01.2000 werden dem Zeugen dann von
den Vernehmungsbeamten jeweils weitere Aufgaben gestellt. So hat
er Auszüge aus "Radikal" zu kommentieren, ab dem 01.02.2000
die Strategie - Papiere der RZ vor Sommer 1987 und in Folge die
Bekennerschreiben zu den verfahrensgegenständlichen Anschlägen.
Hierbei bleibt es dabei, daß dem Zeugen immer ein Thema vorgegeben
wird, er sich in der Zelle anhand seiner bisherigen Aussagen auf
das Thema vorbereiten kann und die Vernehmungsbeamten sein selbstreferierendes
Statement dann in einer "Vernehmung" entgegennehmen.
Ab dem 29.02. gehen die Ennittlungsbeamten dann
dazu über, dem Zeugen erneut personenbezogene Zusammenfassungen
abzuverlangen, so zunächst zu Sigi, dann zu Anton, zu Drogentod,
zu Sebastian und schließlich am 10.04. zu Heiner.
Der Zeuge wird damit erneut in die Rolle eines
Sachverständigen erhoben. Ihm werden seine eigenen Aussagen
erneut vertraut gemacht, so daß ihm sowohl die Struktur der
Nachfragen der Ermittlungsbehörden vertraut werden, als auch
er selbst seine Angaben immer wieder repetieren kann. Durch diese
Vorgehensweise wird der Zeuge auf seine spätere Kronzeugenrolle
eingeübt. Die Gesamtstruktur der Vernehmungen und ihres Wortlautes
belegt eindrucksvoll, daß der Zeuge pflichteifrig seiner ihm
von den Ermittlungsbehörden zugewiesenen Rolle nachkommt. In
der Hauptverhandlung hat sich der Zeuge dann auch überwiegend
auf die sehr detailreichen, im Antrag genannten Vernehmungen bezogen.
Das Verwertungsverbot des § 250, Satz 2 StPO
gilt nicht, da die Vernehmung des Zeugen nicht durch die beantragte
Verlesung der Vernehmungsprotokolle ersetzt werden soll. Vielmehr
ist die Verlesung des gesamten Wortlautes deshalb erforderlich,
weil die Vielzahl der Vernehmungen dieses Zeugen ein "Gesamtkunstwerk"
darstellen und nur unter Bezug auf den gesamten in sich verflochtenen
Detailreichtum von Lüge und Wahrheit bewertet werden können.
Dieser Antrag wird hilfsbeweislich für
den Fall gestellt, daß das Gericht beabsichtigt, eine Verurteilung
des Angeklagten Borgmann auf die Aussagen des Zeugen Mousli zu stützen.
Lunnebach
Rechtsanwältin
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