Antrag vom 13. September 2001
An das Kammergericht
In der Strafsache
./. Harald Glöde u.a.
2 StE 11/00 ( 4/2000)
wird beantragt,
der Verteidigung Einsicht in sämtliche TÜ - Protokolle der ab
dem 7.9.99 durchgeführten 20 weiteren TÜ Maßnahmen
(Übersicht siehe Anlage) zu gewähren und in die
dazugehörigen 955 Cassetten ebenfalls Einsicht zu gewähren.
Begründung:
Am 20.11.00 beantragte die Verteidigung bereits die vollständige
Beiziehung und Akteneinsicht in die TÜ Protokolle der von dem Zeugen
Mousli benutzten Anschlüsse. Aus den Akten ergab sich , daß die
TÜ Protokolle in Bd.20 bzw.44 unvollständig waren.
Trotz wiederholter Erinnerungsschreiben und Anträge der
Verteidigung wurde von der BAW das Material nicht zur Verfügung
gestellt.
Unstreitig ist, daß die Verfahrensakte ./. Mousli durch Beiziehung
zum hiesigen Verfahren Aktenbestandteil geworden ist und damit den
Verfahrensbeteiligten und dem Senat die Akteneinsicht zusteht.
Im April 2001 wurden schließlich 500 Cassetten übersandt mit
folgendem Begleitschreiben des BKA:
" Die Überwachung des Anschlusses im Sportstudio Snoops und des
Privatanschlusses von Mousli in Schönow erfolgte vom 2.11.1998 bis
26.4.1999. Die Überwachung des Handyanschlusses erfolgte vom 17.11.98
bis zum 31.5.1999. Dann erfolgte die Abschaltung."
Wird hier der Anschein erweckt, daß nach Mai 1999 keine
TÜ-Maßnahmen mehr erfolgten, ergibt sich aus den Akten (Bd.20,
Bl.209 ), daß zumindest noch 2 Gespräche am 16.10.00
abgehört wurden.
Deshalb beantragte die Verteidigung bereits im März 2001 (SS vom
14.3.01) die Offenlegung sämtlicher TÜ-Maßnahmen mit den
entsprechenden richterlichen Beschlüssen.
Zwei Anfragen im Mai 2001 ( 12.5.,22.5.01) rissen die BAW nicht aus
ihrem Schweigen.
Ein am 7.6.01 in der Hauptverhandlung gestellter Antrag sowie
Bemühungen aus Juli und August 2001 der Verteidigung und des Senats
führten dazu, daß am 14.8.01 11 weitere Stehordner mit TÜ
Protokollen übersandt wurden. Diese Protokollbände enthalten zum
Großteil nach erster Durchsicht die Gespräche bis Mai 1999,
deren Inhalt sich die Verteidigung bis dato durch abhören der bisher
vorliegenden 500 Cassetten hatte antun müssen.
Die Nachlieferungen legen aber auch offen, daß nach Mai 1999 noch
weitere TÜ-Maßnahmen und zwar bis Januar 2000 durchgeführt
wurden.
Das BKA und die BAW haben bisher Verschwiegen, daß es zumindest ab
dem 7.9.1999 20 weitere TÜ-Maßnahmen gab und noch weitere 955
Cassetten existieren, ebenso wie dazugehörige TÜ-Protokolle.
Aus den 11 Stehordnern ergibt sich weiterhin, daß es - entgegen der
Versicherung des OStA Homann - weitere Wortprotokolle gibt.
So heißt es im Schreiben vom 2.2.2001:
"Die vom Bundeskriminalamt erstellten wörtlichen
Protokollierungen der Ferngespräche, die auf den von Tarek Mousli
benutzten Anschlüsse geführt worden sind befinden sich in dem
auch den Verteidigern vorliegenden Band 20 der Sachakten. Darüber
hinaus bestehen keine weiteren Wortprotokolle der auf den von Tarek Mousli
benutzten Fernsprechanschlüssen geführten Telefonate
Die TKÜ ab dem 7.9.1999 enthalten auch durchaus Relevantes. Z.B.
zur Aussagemotivation und Situation des Zeugen Tarek Mousli, die ja schon
Gegenstand der gerichtlichen Befragung gewesen ist.
So berichtet Mousli seiner Mutter im Telefonat am 19.9.1999
(unpaginierter Sammelordner TKÜ Maßnahmen Mousli),
- dass das BKA den Präsidenten des BKV aufgesucht habe, diesem
mit Entzug von Fördergeldern des BMI gedroht hat, wenn sich der BKV
nicht gänzlich von Mousli löse und distanziere
- Mousli daraufhin nicht nur von seinem Ämtern suspendiert worden
sei, sondern darüberhinaus generell für alle Veranstaltungen,
Lehrgänge und Turniere des BKV Hausverbot erhalten habe
- Alle Mitgliedsvereine des BKV , Institute und der Landessportbund
darüber informiert worden seien
Und
Mousli dies als " Hetze" gegen seine Person empfinde und
äußert:
" das BKA will mich in Bereichen treffen, wo ich mit Herzblut
dranhänge. Und das ist nun mal das."
Der Vermerk des BKA zu diesem Besuch beim DKV vom 3.9.99 befand sich
bisher auch nicht in den Akten. Er wurde ebenfalls erst auf Antrag der
Verteidigung am 14.8.2001 nachgeliefert
Damit geht die Unterschlagung des Vermerks einher mit der Unterschlagung
der dazugehörigen TÜs, in denen Tarek Mousli von dem Ergebnis des
BKA-Besuchs berichtet.
Bisher war lediglich bekannt, daß Mousli von der
Trainertätigkeit beim DKV und beim BKV entbunden wurde.
Daß das BKA ihn auch so weit unter Druck setzte, daß er
Hausverbot überall hatte und damit, wie er selbst sagt "sein
Herzblut" getroffen werden sollte, ist neu und wirft ein ganz anderes
Licht auf die Entstehungsgeschichte der Aussage Mouslis.
Diese Drucksituation schuf das BKA, indem dem DKV offensichtlich sogar der
Entzug von Fördergeldern angedroht wurde, was wohl rechtswidrig sein
dürfte.
Aus dem am 14.8.01 überreichten Vermerk des BKA von Schulzke und
Trede zu diesem Besuch beim DKV ergibt sich das (selbstverständlich)
nicht.
Das von der Verteidigung und dem Angeklagten zu sichtende neue Material:
955 Cassetten und TÜ - Protokolle
ist derart umfangreich, daß dies nicht neben einer laufenden
Hauptverhandlung geschehen kann, auch eine kurze Unterbrechung ist nicht
ausreichend.
Insoweit wird beantragt, die Hauptverhandlung auszusetzen.
Diese ist einzig und allein durch das rechtswidrige Vorenthalten und
Unterschlagen von Beweismaterial durch das BKA und die GBA verschuldet.
Ferner beantragen wir, sämtliche Ermittlungsergebnisse und
Aktenbestandteile unverzüglich und vollständig dem Gericht und
der Verteidigung vorzulegen.
Darüber hinaus wird beantragt, den Haftbefehl aufzuheben,
hilfsweise, den Angeklagten Glöde von dem weiteren Vollzug der
Untersuchungshaft zu verschonen.
Studzinsky, Rechtsanwältin
Würdinger, Rechtsanwältin
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