11.07.2002
Kammergericht
In der Strafsache
./. Glöde
1 - 4/2000
wird gem. § 257 StPO zu der Vernehmung des Sachverständigen
Dr. Ibisch vom 27.6.02 wie folgt Stellung genommen:
Der Sachverständige hat sämtliche Beweisbehauptungen
der Verteidigung im Antrag vom 28.3.02 bestätigt.
Danach sind alle Behauptungen des Zeugen Mousli zum Bau und zur
Funktionsweise des von ihm beschriebenen Sprengsatzes, der bei der
ZSA eingesetzt worden sein soll, widerlegt.
1.
Der Zeuge Mousli bekundete in der Hauptverhandlung am 24.8.2001
und am 15.3.2002 anhand der Skizze Bd. 18,( Bl. 738 R) , daß
durch die Faltung des Deckels eine Richtungswirkung erzielt werden
sollte und bezeichnete den Mittelpunkt wegen der geringen Verdämmung
als den Punkt der maximalen Sprengwirkung ( vgl. ausführlich
Beweisantrag vom 28.3.02, S. 3).
Der Sachverständige hat dazu bekundet:
Eine maximale Sprengwirkung kann weder durch eine Faltung des Pappkartondeckels
- wie von Mousli beschrieben - noch durch eine geringere Verdämmung
erreicht werden. Ebenfalls ist eine Richtungsweisung ausgeschlossen.
Eine Explosion des von dem Zeugen beschriebenen Selbstlaborats
findet gerade nicht statt, wenn an einem Punkt eine schwache Verdämmung
gewählt wird. Zündet man das Gemisch aus Unkraut-Ex und
Puderzucker in einem solchen Behältnis, ist lediglich ein schneller
Abbrand die Folge und keine Explosion.
Eine Explosion dieses Gemisches wäre nur bei Verwendung eines
festen Metallbehälters, wie z.B. eines Feuerlöschers denkbar.
Der Sachverständige konnte ausschließen, daß der
"Sprengsatz", den der Zeuge Mousli beschrieben und aufgezeichnet
hat, der bei der ZSA verwendete ist. Dieser hätte kein 30 x
40 cm großes Loch in das Mauerwerk des Gebäudes reißen
können.
2.
Nach Angaben des Zeugen Mousli wurde der Sprengsatz aus Unkraut-Ex
und Puderzucker hergestellt. Als Zünder seien Blitzlichtbirnchen
verwendet worden.
Der Sachverständige hat dazu ausgeführt:
Er hat an den Anhaftungen der untersuchten Asservate Ammoniumnitrat
und TNT aufgefunden. Diese Spurenlage weist eindeutig auf die Verwendung
eines gewerblichem Sprengstoffs hin.
Dieser läßt sich nur mit einem gewerblichen Zünder
oder einem entsprechenden Nachbau zünden.
Die Zündung mit präparierten Blitzlichtbirnchen ist ausgeschlossen.
Das ebenfalls am Tatort aufgefundene Natriumchlorat als Hauptbestandteil
von Unkraut-Ex ist nicht zwingend Bestandteil des Sprengsatzes,
sondern kann von Unkrautvernichtungsmitteln aus der Umgebung stammen.
3.
Auf Nachfrage konnte der Sachverständige ausschließen,
daß das Selbstlaborat
als Zünder für den gewerblichen Sprengstoff verwendet
worden ist, da gewerbliche Sprengstoffe nicht durch eine Flamme,
sondern nur durch einen Detonationsstoß
gezündet werden können.
Ebenfalls konnte der Sachverständige ausschließen, daß
der Sprengsatz aus einer Mischung von Natriumchlorat ( als Bestandteil
des von Mousli beschriebenen Selbstlaborats ) und Ammoniumnitrat
( als Bestandteil eines gewerblichen Sprengstoffes) bestanden hat.
Ein solches Gemisch ist selbstentzündlich und bereits die
Herstellung, erst recht der Transport sind höchst gefährlich.
Nach Ausführungen des Sachverständigen ist deshalb schon
eine gemeinsame Lagerung verboten.
4.
Die Beweisaufnahme hat die Angaben des Zeuge Mousli komplett widerlegt.
Der Zeuge Mousli hat behauptet, bei dem Anschlag auf die ZSA von
Anfang an dabei gewesen zu sein und den Bau des "Sprengsatzes"
selbst miterlebt zu haben.
Seine detailreichen Beschreibungen sollten offensichtlich bezwecken,
aufgrund ihres Detailreichtums zu überzeugen. Dieses Beweisergebnis
ist von besonderer Bedeutung für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit
des Zeugen und die Glaubhaftigkeit seiner Angaben soweit sie die
Belastung anderer und seinen eigenen Tatbeitrag betrifft.
Studzinsky, Rechtsanwältin
Würdinger, Rechtsanwältin
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