Kammergericht
Berlin, den 08.03.2002
In der Strafsache
./. Harald Glöde u.a.
2 StE 11/00 (4/2000)
wird beantragt,
zum Beweis der Tatsache,
daß das aufgefundene Sprengstoffpaket nicht seit 28.3.1995,
sondern erst seit Sommer 1999 in dem Seegraben bei Buch gelegen
hat
einen Sachverständigen des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik
und Angewandte Materialforschung, Bereich Klebtechnik und Oberflächen,
Wiener Straße 12, 28359 Bremen mit der Untersuchung des Klebebandes,
Asservat 8.4.1.
zu beauftragen.
Die beantragte Untersuchung des Klebebandes wird bestätigen,
daß das Klebeband erst kurze Zeit bevor es gefunden wurde,
dem Wasser des Seegrabens ausgesetzt war.
Der Sachverständige des Fraunhofer-Instituts wird folgendes
bekunden:
Es gibt 2 Arten von Klebstoffen bei Paketklebebändern. Entweder
ist es acrylathaltig und damit wasserlöslich oder gummihaltig
und damit nicht wasserlöslich.
Er wird bekunden, daß bei beiden Arten des Klebstoffes eine
zeitliche Bestimmung möglich ist, wie lange der Klebstoff dem
Wasser ausgesetzt war.
Im Fall des acrylathaltigen Klebstoffes wird die Bestimmung über
den Zersetzungsprozeß durch Wasser bestimmt. Im Falle des
gummihaltigen Klebstoffes gibt die Menge der eingedrungenen Fremdkörper
Auskunft über die Dauer des Wasserkontakts.
Das beim Asservat 8.4.1 asservierte Klebeband ist ein solche Paketklebeband.
Der Sachverständige wird den beim Asservat 8.4.1. aufgebrachten
Klebstoff untersuchen und feststellen, ob es sich um ein acrylathaltiges
oder gummihaltiges Klebeband handelt.
Er wird zunächst eine Wasserprobe aus dem Seegraben entnehmen
und auf seine Zusammensetzung untersuchen.
Anhand eines Vergleichsklebebandes, welches er den so festgestellten
Seegrabenwasserbedingungen aussetzt, wird er im Falle eines acrylathaltigen
Klebebandes die durch Wasser verursachte Zersetzung feststellen.
Je länger der Klebstoff Wasser ausgesetzt ist, desto mehr wird
er durch Wasser zersetzt.
Er wird feststellen, daß das Klebeband erst einige Wochen
dem Seegrabenwasser und Schlick ausgesetzt war und nicht bereits
seit 4,5 Jahren.
Wenn es sich um einen gummihaltigen Klebstoff handelt, bei dem
ein hydrolytischer Prozeß nicht stattfindet, wird der Sachverständige
folgende Feststellungen treffen:
Durch spektroskopische Untersuchung des Klebstoffes ist es möglich,
das Eindringen von Fremdbestandteilen in den Klebstoff festzustellen.
Dies betrifft sowohl anorganische als auch organische Stoffe, die
beide im Seegrabenwasser enthalten sind.
Die Menge der eingedrungenen Fremdbestandteile nimmt mit zunehmender
Zeit, die der Klebstoff dem Wasser und Schlick ausgesetzt war, zu.
Der Sachverständige wird anhand der im Seegraben vorhandenen
Fremdbestandteile und der Rekonstruktion der Witterungsbedingungen
(nachvollziehbar anhand der Auskunft des meteorologischen Instituts)
in Abhängigkeit von der Zeit den Veränderungsprozeß
des Eindringens dieser Fremdbestandteile feststellen.
Darüberhinaus wird er durch das Anfertigen sogenannter Bruchbilder
die Strukturveränderung des Klebstoffs abhängig von der
Zeit bestimmen.
Er wird sodann feststellen können, daß der Klebstoff
erst eine kürzere Zeit, nämlich nicht mehr als einige
Wochen und nicht 4,5 Jahre dem Wasser und Schlick des Seegrabens
ausgesetzt war.
Begründung:
Der Sachverständige Dr. Kolla kommt in seinem Gutachten vom
24.1.2002 zu der Frage, wie lange ein am 24.8.99 gefundenes Paket
mit Gelamon 40 im Wasser gelegen hat zu folgendem Ergebnis:
Angesichts des Zustandes des Sprengstoffs, kann das Paket noch
nicht lange vor der Bergung geöffnet worden sein. Bei einem
Anteil Ammoniumnitrat von ca. 50 % dauert die Auflösung unter
Wassereinfluß 28 Tage.
Nach der allgemeinen Hochrechnung des Sachverständigen Kolla,
müßte das Sprengstoffpaket folglich ca. vier Wochen bevor
es gefunden wurde, geöffnet gewesen sein.
Dieses Ergebnis ist ein starkes Indiz dafür, daß erst
nach der Haftentlassung Mouslis (7.7.1999 bis zum Auffinden am 24.8.99)
das Sprengstoffpaket aufgerissen wurde.
Das Ergebnis des zuvor beantragten Ergänzungsgutachtens des
Sachverständigen Dr. Kolla korrespondiert und unterstützt
das Ergebnis des nunmehr beantragten Gutachtens. Es wird bestätigt
werden, dass der Sprengstoff erst nach der Haftentlassung des Zeugen
Mousli in den Seegraben verbracht wurde.
Dafür, dass das Sprengstoffpaket erst nach der Haftentlassung
in den Seegraben verbracht wurde, spricht insbesondere auch der
Umstand, daß nach zweimaliger Suche mit Tauchern das Paket
im Juni 1999 nicht gefunden wurde.
Dafür, daß es sich bei den asservierten Klebebändern
um diejenigen handelt, die von dem Zeugen Mousli verwendet worden
sind, spricht die Aussage des Zeugen Slawinski, der in der Hauptverhandlung
am 7.3.02 bekundete, daß der von ihm im Keller der Schönhauser
Allee 46a aufgefundene Sprengstoff nicht in Mülltüten
verpackt war, sondern sich ohne weitere Verpackung lose in der Tasche
befunden hatte. Damit ist die Behauptung des Zeugen Mousli widerlegt,
der ihm angeblich von einem Mitglied der RZ übergebene Sprengstoff
sei noch in blaue Mülltüten eingepackt gewesen, die er
wiederum nochmals in Mülltüten eingewickelt habe widerlegt.
Damit handelt es sich bei dem asservierten Verpackungsmaterial um
das von dem Zeugen Mousli verwendete.
Studzinsky, Rechtsanwältin
Würdinger, Rechtsanwältin
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