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Verteidigung

Kammergericht

Elßholzstraße 30-33

10781 Berlin

Berlin, den 4.12.03

In der Strafsache

./. Harald Glöde u.a.

1. 2 StE 11/00 (4/2000)

wird zu dem Beschluß des Senats vom 4.12.03 folgende Gegendarstellung erhoben und werden weitere Anträge gestellt:

1.

In dem Beschluß heißt es:

"Im übrigen nimmt der Senat Bezug auf die Stellungnahme der Bundesanwaltschaft vom heutigen Tage, die er sich der Sache nach zu eigen macht, und die Senatsbeschlüsse vom 27. und 28. November 2003."

Im einzelnen handelt es sich dabei um folgende Ausführungen in der Stellungnahme der BAW:

"Auf der homepage "freilassung.de" befinden (sich) (Ergänz. der Verf.) nämlich auch noch andere Texte, in denen der fragliche Durchsuchungsbeschluß zum Teil wörtlich zitiert wird.

So geschieht dies unter anderem in dem unter der Rubrik "Presse" abgelegten Artikel aus der Zeitschrift "Jungle World" mit dem Titel "Herolds Traum" vom 22.Dezember 1999"

Der erwähnte Artikel ist der Stellungnahme beigefügt. Er hat jedoch gerade nicht den behaupteten Bezug zum Durchsuchungsbeschluß.

Vielmehr heißt es in dem Artikel :

"Und noch mehr erzählte Tarek M. den Behörden:

Im Mehringhof sollen sich die Räume eines Koordinierungsausschusses befunden haben, "der für die Verteilung der Gelder zuständig war, die den im Untergrund lebenden RZ-Mitgliedern zum Bestreiten ihres Lebensunterhaltes zur Verfügung gestellt wurden."

Der Zeuge Mousli kann folglich seine Erkenntnisse, die er dem Zeugen Wiedebach am 16.5.2000 mitteilte, aus diesem Artikel nicht haben.

Dies hätte auch dem Senat ohne weiteren Aufwand erkennbar sein müssen, denn dies war in der Anlage der BAW -Stellungnahme nachlesbar.

Aber auch in anderen bis zum 16.5.2000 erschienenen Artikeln bzw. Veröffentlichungen wird an keiner Stelle erkennbar aus dem Durchsuchungsbeschluß zum Mehringhof zitiert, dass sich der Koordinierungsausschuß im Mehringhof befunden habe.

Aus diesem Grunde kann die BAW auch keine entsprechenden Fundstellen benennen und die angeführte gibt den behaupteten Inhalt nicht wieder.

2.

In der in Bezug genommenen Stellungnahme der BAW heißt es weiter:

" Die Behauptung einer Beeinflussung des Zeugen Mousli durch Gespräche mit dem Verfassungsschutz ist um so abstruser, als der Zeuge Mousli nicht nur vor dem Telefonat mit dem Zeugen Wiedebach, sondern auch vor den von der Verteidigung auf die Zeit zwischen dem 17.April und 16.Mai 2000 angesetzten Kontakten mit dem Verfassungsschutz nämlich in seiner Vernehmung vom 9.Dezember 1999 dezidiert das Gegenteil der ihm von der Verteidigung des Angeklagten Glöde untergeschobenen Aussage erklärt hat. Der Zeuge Mousli hat - der Verteidigung Glöde mag dies missfallen - zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass der sogenannten Koordinierungsausschuß seinen Sitz im Mehringhof gehabt hätte." (Fettdruck v.d.Verf.)

Auch wenn dem Senat zugestanden wird, daß er sich die Polemik der BAW, als nicht zur Sache gehörend, nicht zu eigen gemacht hat, sind die Behauptungen der BAW unzutreffend.

Bereits im Antrag der BAW und dem diesem nachfolgenden Durchsuchungsbeschluß zum Mehringhof heißt es:

"Nach Tarek Mouslis Angaben befinden sich im Mehringhof auch die Räumlichkeiten des "Koordinierungsausschusses", der für die Verteilung der Gelder zuständig war... ."

Diese Angabe ist grammatikalisch und sprachlich eindeutig. Daß der Koordinierungsausschuß im Mehringhof ist, ergibt sich gerade nicht aus sonstigen Ermittlungen oder Schlussfolgerungen oder gar der Annahme, wie die BAW heute vermutetet, die im Mehringhof tagende "Montagsrunde" sei der Koordinierungsausschuß, sondern aus den Aussagen von Tarek Mousli.

Diese eindeutige Angabe kann der Senat auch nicht dadurch aus der Welt schaffen , indem er in seinem Beschluß vom 27.11.03 dem Ermittlungsrichter Dr. Wolst und Staatsanwalt Monka zu Gute hält, eine "falsche Bewertung" der "vom BKA missverständlichen Darstellung" vorgenommen zu haben.

Im Beschluß vom 27.11.03 interpretiert der Senat noch, wenn auch ins Blaue hinein, während er im Beschluß am 28.11.03 bereits weiter geht:

Dort heißt es : ... dass eine angebliche Aussage Mouslis betreffend den Sitz des Koordinierungsausschusses im Mehringhof nicht vorhanden ist, sondern das Gegenteil belegt sei.

Der Senat folgert dies allein aus dem Umstand, dass ihm eine solche Aussage nicht bekannt ist und auch die BAW behauptet, ihr liege eine solche nicht vor.

Nach der fast vierjährigen Erfahrung im hiesigen Verfahren ist letzterer Bekundung mit erheblichen Zweifeln zu begegnen.

Unzählige Aktenbestandteile sowie auch Aussagen Mouslis wurden erst nach zahlreichen Anträgen der Verteidigung übersandt So wurde z.B. die Vernehmung Mouslis vom 8.11.2000 erst nach 10 Monaten Hauptverhandlung am 20.März 2002 vollständig vorgelegt.

3.

In der im Beschluß in Bezug genommenen Stellungnahme heißt es weiter:

" Unabhängig von der fehlenden Beweiseignung der zu verlesenden Internet-Inhalte kommt es aber vorliegend insgesamt auf die unter Beweis gestellten Tatsachen für die Entscheidung der Schuld- und Rechtsfolgenfrage nicht an.

Sie sind aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos, weil sie - ihre Richtigkeit unterstellt- allenfalls mögliche Schlüsse zulassen, die zu ziehen für den Senat jedoch unter keinem Gesichtspunkt Veranlassung besteht.

Selbst wenn der Zeuge Mousli seine Kenntnis vom Wortlaut des fraglichen Durchsuchungsbeschlusses aus einer anderen Quelle als der Internetseite

www.freilassung .de gehabt haben sollte, ist nicht ersichtlich, welche verfahrensrelevanten Schlussfolgerungen aus einer fehlerhaften Auskunft hierzu gegenüber dem Zeugen Wiedebach gezogen werden könnten."

Die Aufklärungspflicht des Senats gebietet es jedoch, unter dem Aspekt der Aussageentwicklung Mouslis und damit der Prüfung seiner Glaubwürdigkeit, der beantragten Beweiserhebung nachzugehen.

Denn die unrichtige Angabe des Zeugen, er habe seine Kenntnisse aus dem Durchsuchungsbeschluß, soll verschleiern, dass er selbst angegeben hat, der Koordinierungsausschuß sei im Mehringhof, daß also er mit seiner Aussage dafür verantwortlich ist, daß diese Angabe in den Durchsuchungsbeschluß gelangte.

Damit ist die gegenteilige Vermutung des Senats vom 27.11.03, Mousli sei dafür nicht verantwortlich, was zu diesem Punkt im Durchsuchungsbeschluß steht, widerlegt.

4.

In der im Beschluß in Bezug genommenen Stellungnahme heißt es weiter:

"Zu denken geben sollte der Verteidigung nur, dass Mouslis Hinweis auf die Unrichtigkeit des Durchsuchungsbeschlusses in dem Telefongespräch in völligem

Einklang mit seiner Aussage vom 9.Dezember 1999 steht. Es bedurfte danach keiner Unterrichtung des Zeugen mehr durch Mitarbeiter des Verfassungsschutzes."

Diese Behauptung ist unzutreffend.

Die - nach Aktenlage erstmalige - Behauptung Mouslis im Telefongespräch mit KKzA Wiedebach am 16.5.2000,

"der Koordinierungsausschuß habe sich in der Skalitzer Str. 34 (bei Volz-Walk und Benner) getroffen", steht gerade nicht mit seiner Aussage vom 9.12.99 "in völligem Einklang".

Denn in der Vernehmung vom 9.12.99 heißt es:

" ... der Koordinierungsausschuß war eine regelmäßig tagende Gruppe ohne festes Büro oder Anschrift... "

Der Senat übernimmt durch seine Inbezugnahme der Stellungnahme der BAW diese unrichtige Behauptung der BAW, die Angabe Mouslis gegenüber dem Zeugen Wiedebach decke sich mit seiner Aussage am 9.12.99.

Der Senat verkennt, dass in den förmlichen Vernehmungen jedoch erst am 8.11.00 erstmalig auftaucht,

"die Gruppe (gemeint ist der Koordinierungsausschuß, Anm. der Verf.) selber pflegte allerdings ihre Sitzungen in der jeweiligen Wohngemeinschaft von Uschi, Armin und Hauke (also in der Skalitzer Str. 34, Anm. der Verf.) abzuhalten."

5.

Ferner wird beantragt,

a)

die weiteren Aussagen des Zeugen Mouslis beizuziehen, in denen er vor dem 16.5.00 behauptet hat, der Koordinierungssausschuß habe sich in der Skalitzer Straße 34 getroffen.

Da sich bis zum Zeitpunkt des Telefonats am 16.5.00 keine Angabe des Zeugen zum Sitz bzw. regelmäßigen Treffpunkt des Koordinierungsausschusses in den Akten befindet, diese Aussage aber, wie die beantragte Beweiserhebung ergeben wird, mehrfach getätigt wurde, sind auch diese noch fehlenden Vernehmungen vorzulegen.

b)

den Zeugen KKzA Wiedebach

als Zeugen zu laden und zu hören.

Der Zeuge wird bekunden, dass der Zeuge Mousli ihm gegenüber am 16.5.00 zum wiederholten Male angab, der Koordinierungsausschuß habe sich in der Skalitzer Straße 34 getroffen. Er wird ferner bekunden, dass Mousli zum Ausdruck brachte, dass er die Richtigstellung nun bereits ebenfalls zum wiederholten Male mache.

6.

Außerdem wird beantragt,

Frau Molly Davis

Custodian of Records

The Presidio of San Francisco

116 Sheridan Avenue

San Francisco, CA 94129

U.S.A.

als Zeugin zu laden und zu hören,

hilfsweise

die Internetseite http://www.archive.org/web/*/freilassung.de [Anmerkung von www.freilassung.de: die Adresse muss als www.archive.org aufgerufen werden, dann www.freilassung.de eingeben und es erscheint: http://www.archive.org/*/freilassung.de]

sowie die dort erschienenen up-dates vom 27.10.00 bis zum 1.4.01 mit sämtlichen Rubriken

in Augenschein zu nehmen.

Die Zeugin wird folgendes bekunden:

Sie ist Leiterin eines seit 1996 existierenden Internet Archivs mit Sitz in den Vereinigten Staaten und archiviert regelmäßig zahlreiche Internetseiten, so auch die Seite "www.freilassung.de.

Mit der Archivierung dieser Seite wurde am 27.10.2000 begonnen. Weitere up-dates dieser Seite wurden u. a. gefertigt am 4.12.2000, 2.2.2001, 3.2.2001, 21.2.2001, 2.3.2001 und am 1.4.2001. Das Datum der jeweiligen up-dates gibt den Beginn der Erstellung an. Je nach Umfang der zu kopierenden Internetseiten kann dies einige Tage dauern.

Diese up-dates werden dann ins Internet gestellt und danach nicht mehr verändert. Gibt es auf der zu archivierenden Web-Seite neue Eintragungen, wird von Zeit zu Zeit ein neues up-date erstellt. Die Arbeit und Aufgabe des Internetarchivs ist ausschließlich die Dokumentation vorhandener Internetseiten. Eine wie auch immer geartete Bearbeitung dieser Seiten erfolgt grundsätzlich nicht.

Zugriffe von Hackern in diesem Archiv sind bisher nicht vorgekommen.

Der Zugang Unbefugter ist auch nahezu ausgeschlossen, da die Datensätze auf 4 x 630 Anlagen verteilt sind.

Die Beweiserhebung wird ergeben, dass erstmalig in dem up-date am 1.4.2001 der Durchsuchungsbeschluß zum Mehringhof unter der Rubrik "Prozeß" auf der Seite "freilassung.de" zu finden ist.

Sollte der Senat die Ladung der Auslandszeugin ablehnen, obwohl diese bereit ist zu erscheinen, wird bereits die hilfsweise beantragte Inaugenscheinseinnahme der oben genannten Seite ergeben, dass der Durchsuchungsbeschluß zum Mehringhof erstmalig in dem up-date vom 1.4.2001 erscheint.

Im übrigen wird erneut beantragt, die Zeugen Monka, Dr. Wolst, Schulzke und Palm sowie KKzA Wiedebach und die Mitarbeiter des BfV zu laden und zu hören.

Hinsichtlich der Beweisbehauptungen und Begründungen wird Bezug genommen auf die Beweisanträge des Angeklagten Glöde vom 20.11.03, 27.11.03 und 28.11.03.

Studzinsky, Rechtsanwältin
Würdinger, Rechtsanwältin

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