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Lothar Ebke

 

Extradition 3.Tag 24.05.2001

Am heutigen Donnerstag führte Wes Wilson als Verteidiger von Lothar aus, dass er sich auf zwei Schwerpunkte konzentrieren würde.
Zum einen ging es um die von der Auslieferungsvereinbarung geforderte doppelte Kriminalität - double criminality -, also dem Vergleich der Strafbarkeit bestimmter Taten zwischen den beiden Ländern, zum anderen ging es um die Substanz der Vorwürfe des begehrenden Landes.
Bezüglich der doppelten Kriminalität sei zu bedenken, dass in dem Auslieferungsvertrag mit Deutschland eine Liste möglicher Straftaten vorhanden sei, in der der Paragraph 129a aber nicht auftaucht. Da es in Canada keinen vergleichbaren Paragraphen 129a gibt, hat die canadische Staatsanwaltschaft vergleichbare Paragraphen gesucht, falls diese Taten in Canada verübt worden wären. Dadurch entstehen aus 3 deutschen 11 canadische Anklagepunkten. Wilson argumentierte, dass dies unzulässig sei, da von deutscher Seite etwas anderes gemeint sei und die Aufzählung von Einzelpunkten vielleicht die Hintergrundgeschichte zu den Anklagepunken sei, nicht aber deren Substanz.
Dies werde u.a. daran deutlich, dass die Körperverletzungsdelikte dort zwar aufgezählt seien, Lothar aber dafür in Deutschland gar nicht angeklagt werden könne, da die Verjährungsfrist längst überschritten sei. Die canadische Staatsanwaltschaft listet diese Vorkommnisse als einzelne Taten auf.
Zusätzlich gibt es in Canada keine Definition von Gruppenkriminalität. Mitgliedschaft in was auch immer ist von der Verfassung als Grundrecht geschützt und wird nicht als kriminelle Handlung verfolgt. Zusätzlich dürfe es keine Auslieferung geben, wenn die Straftaten zum Tatzeitpunkt keine strafbaren Handlungen gewesen sind.
Bezüglich des Vorwurfes "Anschlag auf die Siegessäule" führte er an, dass dieser Vorwurf nach canadischem Recht nicht vom Gericht zugelassen werden dürfe, da Mousli in seiner Schilderung des Hergangs nur vom Hörensagen berichtet und die Tatvorwürfe gar nicht auf Personen spezifiziert worden seien.
Gleiches gelte auch zum "Anschlag auf die ZSA", wo Mousli den eigentlichen Tathergang wiedersprüchlich schildere, aber zur Tatausführung gar keine konkreten Angaben mache. Er könne also offensichtlich gar nicht sagen, was wer gemacht hat. In seiner Aussage sage er nur, was geplant gewesen sei. Und das sei ein grosser Unterschied.

Generell sei aber auch eine Auslieferung an Deutschland zum Zwecke eines Ermittlungsverfahrens dort unzulässig. Die deutsche Staatsanwaltschaft habe genügend Zeit gehabt, innerhalb des letzten Jahres Anklage zu erheben, wie es ja auch in den anderen z.Zt. in Berlin verhandelten Fällen geschehen sei.
Schlussendlich kritisierte er noch den deutschen Antrag als Ganzes. In diesem bestätigt Staatsanwalt Bruns, dass alles nach deutschen Recht richtig gemacht worden sei. Am Ende des Antrages tauche aber als ein Beweisstück eine Kopie des deutschen Reisepasses von Lothar auf, der von dem BKA-Beamten Trede offensichtlich ohne Beschlagnahmebeschluss von Canada mitgenommen und in Kopie dem Auslieferungsantrag beigefügt wurde.

Am Nachmittag bezog die Staatsanwaltschaft kurz Stellung zu Wilsons Antrag vom Vortag, den Haftbefehl aufzuheben und das Verfahren ruhen zu lassen. Der Haftbefehl sei schon ok, da man ja sehen könne, dass es auch in Deutschand einen Haftbefehl gebe und es sei zuviel verlangt, an alles die canadischen Kriterien anzulegen. Der deutsche Haftbefehl sei von einen Richter unterschrieben, der eventüll zu einem Test - ähnlich dem der Zulassung zu einem canadischen Gerichtsverfahren verpflichtet sei - was er aber nur vermuten könne. Auch falls es mit dem canadischen Haftbefehl nicht ganz korrekt gelaufen sei, so sei das Verfahren doch in einem anderen Stadium und die Offentlichkeit wäre von einer Aussetzung des Verfahrens geschockt. Ausserdem läge die eigentliche Kontrolle des Begehrens beim Justizministerium - und an deren professioneller Rechtsstaatlichkeit bestände kein Zweifel.
Und schliesslich habe man noch die Möglichkeit, den Ablauf des Verfahrens vom Berufungsgericht überprüfen zu lassen.

Morgen (Freitag) wird die Staatsanwaltschaft zu Wilsons Kritik an dem Vergleich der Strafbarkeit Stellung nehmen und Wilson dann nochmals die Gelegenheit zur Erwiderung haben. Damit wird die Anhörung zum Auslieferungsverfahren abgeschlossen sein. In der nächsten Woche wird dann über die übersendung der beschlagnahmten Sachen gestritten.

 

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