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Aktion gegen die NATO- Pipeline, Mörfelden (Mai 85)
In der Nacht vom 30. auf den 31. Mai haben wir bei Mörfelden
einen Schieberschacht der NATO- Pipeline angegangen, die der Treibstoffversorgung
der Rhein/Main- Air Base dient. Nach drei Jahren Sonntagsspaziergängen
und einem Jahr Inbetriebnahme sieht sich die Anti- Startbahn- Bewegung
mit einer neuen "Endsieg"- Initiative der Betreiber konfrontiert.
Neben präventiven Großeinsätzen der Bullen soll
mit dem juristischen Kunststück eines generellen Versammlungsverbots
die Kontinuität eines Widerstands zerschlagen werden, der noch
immer für vieles steht, was die Herrschenden stört:
- Die kleine, zähe Koalition aus "Bürgern und Chaoten"
bleibt ein unberechenbarer, nicht mehr zu integrierender "Störfaktor".
- der dauerhafte Widerstand vermittelt nach wie vor und über
die Region hinaus einen Bruch mit diesem System, was sich in ständigen,
auch militanten Aktionen ausdrückt.
- Schließlich beinhaltet dieser Widerstand die Ansätze
weitergehender Inhalte (Großprojekte, NATO, ...) und übergreifender
Strukturen (im Rhein- Main- Gebiet).
Umso unverzichtbarer bleibt die Durchsetzung der Sonntage [28],
der gemeinsamen Aktionen vor Ort und die vorläufige Rücknahme
des Verbots stellt hier einen ersten Erfolg dar. Gleichzeitig wollen
wir - und das ist ein Ziel unserer Aktion - dieser Offensive der
Gegenseite, dem Würgegriff draußen am Gelände, erweiterte
Handlungsmöglichkeiten entgegensetzen: gerade auch gegen die
US- Air Base als einem zentralen Bereich des imperialistischen Großprojekts
Rhein- Main- Flughafen.
Passend zum 30. Jahrestag des NATO- Beitritts der BRD am 5. Mai
ist es uns wichtig, die Widerstandsmöglichkeiten gegen die
NATO, insbesondere ihre Infrastruktur, nochmals konkreter zu thematisieren,
eben als eine Linie im Kampf gegen den Imperialismus.
Als Stützpfeiler weltweiter Unterdrückung ist und bleibt
die NATO - ihre Hochrüstung und Perfektionierung auf allen
Ebenen - ein ganz zentrales imperialistisches Projekt, unabdingbares
Mittel insbesondere zur militärischen Absicherung von Rohstoffquellen
und Absatzmärkten auf dem gesamten Globus. Air Land Battle
2000 [29] bestätigt
dies für die nächsten Jahrzehnte.
Die Rolle der BRD darin ist kaum mehr zu überschätzen:
- als Frontstaat aufgerüstet gegen den konkurrierenden Machtblock,
um in ständiger Erstschlagsdrohung eben diese Konkurrenz
weltweit zu neutralisieren, langfristig zu zerschlagen.
- als Hinterland mit zumindest umfangreicher logistischer Beteiligung
bei Interventionen in Arabien, Afrika und Asien;
- als vorantreibende Kraft bei der Integration Westeuropas zum
erstarkten Standbein in der NATO und nicht zuletzt zur gemeinsam
abgestimmten Widerstandsbekämpfung.
Imperialistischer Krieg nach außen, um die wirtschaftlichen
Interessen skrupellos durchzusetzen, die Krise abwälzen zu
können, täglich auf Kosten unzähliger Hungertoter
in der sog. Dritten Welt.
Krieg nach innen, um jeglichen Widerstand hier, der sich nicht
integrieren läßt, möglichst im Keim, präventiv,
zu ersticken oder zerschlagen, die Vernichtungshaft ist ein Beispiel.
Aus diesen Zusammenhängen bestimmt sich für uns Wille
und Notwendigkeit, hier im "Herzen der Bestie" den Kampf
gegen das Projekt NATO fortzusetzen und weiterzuentwickeln.
Auch in bzw. trotz einer aufgeblähten und mehrheitlich staatstragenden
Friedensbewegung hat sich ein Bewußtsein gegen die NATO zweifellos
verbreitert. Die Grenzen zwischen Antimilitarismus und Antiamerikanismus
verfließen nicht selten. Die Aktionstage 83 in Bremerhaven/Nordenham,
die Blockaden gegen Munitionstransporte dort auch 84 (dazu weiter
unten mehr), Manöverstörungen in Hildesheim/Fulda oder
auch der fortgesetzte Widerstand gegen die Startbahn West (unter
verstärkter Einbeziehung der Air- Base) mögen als Beispiele
dafür dienen, daß daran weitergearbeitet wird. Gleichzeitig
haben - das ist unbestritten - viele resigniert, sich perspektivlos
bis abwartend zurückgezogen und das längst nicht nur in
breiteren "bürgerlichen" Kreisen, sondern gerade
auch bei Menschen, die sehr wohl mit diesem System prinzipieller
gebrochen hatten (und haben!). Hier wie in obengenannten Bewegungen
die inhaltliche Diskussion wieder aufnehmen bzw. weiterzuführen,
aber vor allem praktische Orientierungspunkte aufzuzeigen, sehen
wir als dringendste Aufgaben.
Mit "festgefressenem Kräfteverhältnis" hatten
die Gefangenen die aktuelle Situation recht treffend bezeichnet.
Zwar hat sich in der BRD, gemessen an der Entwicklung von der Bewegungshochzeit
81/82 bis heute ein militanter Widerstand von Demos bis zu Anschlägen
stabilisiert, hat sich sogar von einer eher spontanen auf eine organisierte
Ebene verschoben (über 500 Sabotageaktionen, 250 Brand- und
Sprengstoffanschläge, wie Zimmermann [30]
für 84 feststellen mußte). Das war und ist wichtig.
Daß sie hier trotz aller Repression nicht drankommen, bleibt
für uns als kontinuierliche Praxis ein wesentlicher Ausgangspunkt.
Allerdings hat der Staat mangels offensiver Verbreiterung dieser
Aktionen und ensprechend eingeschränkter Effektivität
damit umgehen gelernt, fehlt dadurch auch die politische Brisanz
und Schärfe, die ihm die Möglichkeit nehmen würde,
diesen Kampf als zwar störende aber noch erträgliche Randerscheinung
zu schlucken.
"Gelassenheit" wurde ja selbst nach der "Serie von
Brand- und Sprengstoffanschlägen" im Dezember/Januar zur
Unterstützung der Forderungen von politischen Gefangenen [31]
nach ihrer Zusammenlegung öffentlich propagiert, was freilich
vorgespielt ist. Denn mit dem Versuch, diese Aktionen leerlaufen
zu lassen, sind ohne Frage die Vorbereitungen für ein neues
"Rollback" in Gang, also mit ihren Mitteln, von Razzien
bis Verhaftungen, die sichtbar gewordenen Ansätze einer "Antiimperialistischen
Front", den militanten Widerstand überhaupt, niederzuschlagen.
"Gelassenheit" können sie sich aber auch leisten,
weil die alleinige Potenzierung militanter Aktionen, zumindest in
diesem Grad - und um deren Begrenztheit sie wissen - noch nicht
ausreicht für einen "Durchbruch", der eine neue Qualität
und damit - was sie vor allem fürchten - Orientierung und Perspektive
ausdrückt.
Dazu gehört eine verstärkte offene, politische Mobilisierung,
die die verschiedenen Bewegungen, autonome und antiimperialistische
Gruppen in eine gemeinsame Auseinandersetzung bringt, um den bisher
vor allem objektiven Zusammenhang auch subjektiv zusammenzukriegen
- zu einer starken Kraft, die potentiell existiert.
Dazu gehört natürlich auch die Fortsetzung der militanten
Aktionen an allen ihren Projekten als politische Angriffe gegen
Staat und Kapital, schließlich gezielte, vermittel- und verbreiterbare
praktische Eingriffe an den Schwerpunkten ihres militärischen
Apparates.
Letzteres - also das direkte Eingreifen/Behindern - bleibt sicher
schwieriger anzugehen, setzt bestimmte und zunehmend realistischer
werdende Situationen voraus. Bei RDF(Schnelle Eingreiftruppen)-
Interventionen z.B. in Arabien wäre die BRD logistischer Umschlagplatz
von Kriegsmaterial aller Art, würden von hier aus Soldaten
eingeflogen, Verwundete versorgt (nicht zuletzt über die Rhein/Main-
Air Base mit dem Sitz des military airlift command, direkt zuständig
für die schnelle Luftversorgung nach "Südwestasien",
Afrika ...).
Sicher haben sich die Militärs auch für diesen Fall enorme
Überkapazitäten geschaffen, sowohl was die Anzahl militärischer
Versorgungseinrichtungen hier betrifft, als auch die zunehmende
Installierung von Basen in anderen Ländern "Südwestasiens":
also Türkei, Kenia, Ägypten. Trotzdem werden US/NATO-
Truppen, insbesondere bei länger anhaltenden Auseinandersetzungen
auf einen möglichst gut funktionierenden Nachschub im "ruhigen
Hinterland" angewiesen sein. Und trotzdem konzentriert sich
nach wie vor ein wesentlicher Teil dessen auf das infrastrukturell
optimal ausgebaute und vor allem "politisch stabile" Westdeutschland.
Diesen Zustand effektiv zu verändern, also an dieser tödlichen
Superstruktur NATO politisch an- und gleichzeitig praktisch einzugreifen,
stellt sich als eines unserer mittelfristigen Ziele. Eben auch hier
einen zunehmend heißen Boden zu schaffen, der sie in der Sicherheit
ungestörter Kriegsführungs- und Interventionsfähigkeit
trifft und beginnt, hier eine eigene entschlossene, handlungsfähige
Kraft, "Front" zu bilden.
Konkretisieren wollen wir das im Folgenden mit zusammenfassenden
Informationen und - soweit vorhanden - Erfahrungen, an einigen u.E.
bedeutenden Schwachpunkten des militärischen Apparats.
"Wir
verlangen von euch einzig und allein, daß ihr euch an eurem
Platz bewährt, denn wenn ihr dem Kapitalismus seine eigentliche
Grundlage entzieht, helft ihr uns am meisten. Die Länder der
Dritten Welt hoffen gleichsam auf die Schwächung, die der Klassenkampf
im eigenen Land für den Aggressor bedeutet. Die Stütze
der Befreiungsbewegungen durch den innerkapitalistischen Konflikt
(Klassenkampf) sollten durch direkte Interventionen im Land der
Imperialisten ergänzt werden: durch den Druck auf die öffentliche
Meinung bis hin zu Aktionen gegen die Versorgungseinrichtungen oder
Nachschubwege der US- Armee."
(Amilcar Cabral [32],
afrikanischer Revolutionär)
Die militärischen Anlagen selbst sind insbesondere zu Krisenzeiten,
entsprechend ihrer Bedeutung, verstärkt gesichert und eher
kaum anzugehende Bastionen. Anders sieht es aus mit dem Netzgeflecht
militärisch genutzter, bzw. für das Militär unabdingbarer
Transport- und Verbindungswege, Wege aller Art, die in ihrem Umfang
gar nicht zu bewachen sind:
- Straßen, Schienen, Wasserwege für Truppen- und Munitionstransporte,
- das NATO- Pipelinesystem zur Treibstoffversorgung,
- das NATO- Kommunikationssystem, u.a. mit einem glasfaserverkabelten
Fernmeldenetz.
Gerade letzteres wurde bisher kaum beachtet, obwohl dazu ein eigenes
NATO- Programm in den letzten Jahren immens vorangetrieben wurde,
das NATO integrated communication system (NICS).
Stehen uns noch keine Killersatelliten zur Verfügung, bleiben
dennoch genügend Angriffspunkte, die das auf verschiedenen
Ebenen ausgebaute Kommunikationsnetz effektiv angehen lassen. Glasfaserkabel
müssen irgendwo entlang führen, sind zwar angeblich EMP
[33]- und abhörsicher,
jedoch keineswegs zerstörungssicher. Mit "zivilen"
posteigenen Fernmeldeanlagen, Umsetzern usw. planen und proben die
Militärs - im Erstfall würde wesentlich darauf zurückgegriffen
- bestehen schon heute Koordinationsstellen zwischen Territorialheer
und Oberpostdirektion.
Ohne hier weiter darauf einzugehen, bieten sich an diesem Komplex
zweifellos konkrete Eingriffsmöglichkeiten, die verstärkte
Nachforschungen auf diesem Gebiet voraussetzen. In Beobachtungen
und Nachforschungen, vor allem aber in Diskussionen und Erfahrungen
sehr viel fortgeschrittener, scheint sich dennoch der Widerstand
gegen Munitionstransporte auf einzelne Ausnahmen reduziert zu haben,
entgegen allen Ansprüchen, mit denen doch viele diese "langfristige"
Arbeit verbanden und die wir nach wie vor für zutreffend ansehen.
Heißt doch "Nachschub stören, (zielmäßig)
verhindern" nichts anderes als NATO zerschlagen - oder realistischer:
die NATO niedernagen.
Ohne funktionierenden Nachschub keine funktionierende Armee, vor
allem keine ungestörte Intervention, was 1983 zu Recht der
eurofixierten Raketenbewegung entgegengehalten wurde. Umso trauriger,
daß der anfänglichen Euphorie, hier nämlich einen
fundamentalen, überall angreifbaren Knackpunkt gefunden zu
haben, schon letztes Jahr kaum noch breitere Diskussionen, geschweige
denn Aktionen folgten. Allein Teile des unabhängigen Friedensspektrum
in der Wesermarsch haben ihre Arbeit fortgesetzt, freilich an einem
konkreten Ansatzpunkt, den Bombenzügen in Nordenham und in
offenen Blockadeaktionen. Dort sicherlich möglich und angemessen,
war die Frage des Umgangs (offen oder verdeckt), weil aufgrund der
Observation und Telefonabhören die Beobachtungen und Begrüßungsaktionen
verhindert werden bzw. leerlaufen konnten. Hinzu kamen die verschärften
Bedingungen massiver Repression, von Pressekampagnen über Hausdurchsuchungen
bis zu 129a- Verfahren. Ohne dies zu unterschätzen, muß
damit umgegangen werden.
Ob dem eine offene, breite politische Mobilisierung entgegenzusetzen
oder verdeckt darauf zu antworten ist, hängt von der jeweiligen
Situation ab. Entlang der Wegstrecken erscheint letzteres sicherlich
realistischer, was wiederum die offene politische Diskussion darüber
nicht ausschließen darf.
Wir glauben, daß, wie so oft, trotz oben genannter Bedingungen,
wesentlich unsere mangelnde Ausdauer und Zähigkeit (für
Beobachtungen, für den Aufbau von Strukturen.) dafür verantwortlich
sind, daß dieser wichtige Ansatzpunkt im Sog allgemeiner Perspektivlosigkeit
untergegangen ist.
An Schiffs- und Schienenwegen, wo wegen ihrer relativen Überschaubarkeit
eine Praxis am weitesten entwickelt war, müßte die Auseinandersetzung
wieder aufgenommen werden.
Daß damit Aktionsmöglichkeiten nicht auf die Hauptnachschublinie
(auf die sie sich bisher bezog) beschränkt bleiben, zeigt der
von "Benno, Susi und dem Feuerteufel" in November letzten
Jahres gestoppte Militärzug in Berlin anläßlich
der US- Wahlen oder die zersägte Schiene zur US- Air Base während
der Startbahn- Einweihung. Wenn auch diese und weitere Aktionen
vorerst "symbolisch" bleiben, liegt darin weitergehend
eine ganz konkrete Eingriffsmöglichkeit.
Sichtbar übrigens schon heute im unruhigen Wendland, wo AKW-
Gegner durch Angriffe auf die Infrastruktur (Straßenblockaden,
Schienensabotage) die Durchführung der darauf angewiesenen
Atommülltransporte erheblich in Schwierigkeiten brachten (und
ebenfalls sind dort 129a- Verfahren am laufen). Noch eine weitere
Parallele ließ sich hier ziehen: in der Wendlandblockade im
April 84, wie auch zu den Aktionstagen im Februar 85 wurden sämtliche
Zufahrtstraßen und Schienen gesperrt bzw. zu sperren versucht
angesichts der zugespitzten Situation, unter Inkaufnahme eines gestörten
Zivilverkehrs. Obwohl momentan sicher gezielte Sabotageaktionen
gegen Militärzüge bzw. militärische Schienenstränge
(z.B. zu Depots) vorrangig bleiben, wären ähnliche Aktionskampagnen
gegen die Munitionstransporte vorstellbar.
Zum Beispiel bei Ankunft eines großen Schiffes in Nordenham
könnte durch vielerart Blockaden an zahlreichen Stellen das
gesamte Bundesbahnnetz - vor allen Nord/Süd- Richtung - massiv
angegangen werden. Notgedrungen verbunden mit der Störung des
Zivilverkehrs, stellte dies bisher ein Tabu dar, das allerdings
spätestens mit einer direkten Intervention fallen würde
und entsprechend schon heute - anhand der allgemein zugespitzten
Situation zu begründen - einiger Proben bedarf.
Das NATO- Pipelinesystem (NPS)
"Die Beweglichkeit von Streitkräften hängt entscheidend
von einer gesicherten Kraftstoffversorgung ab. Die NATO- Streitkräfte
in Mitteleuropa stützen sich zur Kraftstoffversorgung ihrer
Land- , Luft- und Seestreitkräfte deshalb in erster Linie auf
die vorhandenen NATO- Pipelinesysteme CEPS und NEPS ab..."(ein
Oberstleutnant in: "Wehrtechnik [34]
4/82")
Auch wenn es in seinen Anfängen weit weniger umfangreich und
verschwendungsfähig war, existiert das NATO- Pipelinesystem
(NPS) doch schon über 25 Jahre. Erst im letzten Jahr kam es
zu einer seiner Bedeutung entsprechenden Würdigung:
- Am 14.6. versuchte eine RZ die Rohrleitungen bei Lorch/Süddeutschland
zu sprengen.
- am 11.12.84 jagten die CCC in Belgien das Pipelinenetz gleich
an fünf Stellen in die Luft, u.a. die Verbindung zum HQ in
Casteau. (Dadurch, daß bei der Verhaftung von RAF- Leuten
im Juli 84 in Frankfurt Pläne gefunden worden waren, die
auch die Treibstoffleitungen in Belgien betrafen, vermuten die
Sicherheitsbehörden einen Zusammenhang).
- im gleichen Monat sprengte die ETA an mehreren Stellen die
Treibstoffleitungen zu spanischen und amerikanischen Militärstützpunkten.
- am 8.1.85 entsteht bei einem Sprengstoffanschlag auf die NATO-
Pipeline bei Hohenahr (Lahn- Dill- Kreis) angeblich nur geringer
Schaden.
- 60- 80.000 DM Sachschaden entstanden Ostern 85 durch einen
Sprengsatz in einem Schieberschacht der NATO- Pipeline bei Aalen,
zu dem sich eine "Kämpfende Einheit Ulrike Meinhof"
bekannte (Pumpstation Osnabrück).
Allein die Reaktionen, insbesondere auf den Anschlag in Belgien,
haben die Bedeutung dieses Systems deutlich gemacht: wahre Aufschreie,
die das Treibstoffversorgungskonzept der NATO- Truppen in Gefahr
sehen, dementsprechend die Hintermänner natürlich gleich
bis hin zum KGB [35] vermuten.
Zu einigen Fakten:
Das NPS gliedert sich in zwei Teile:
- Das CEPS (Central european pipeline system) und
- NEPS (North european pipeline system).
Letzteres, das kleinere NEPS erstreckt sich von der Nordspitze
Dänemarks bis südlich des Nordostseekanals, dient der
Kraftstoffversorgung aller NATO- Streitkräfte im Bereich Europa-
Nord und wird im Frieden von Dänemark und der BRD betrieben.
6.000 km Rohrleitungen, über 100 Pumpstationen und ca. 60 Tanklager
mit einem Fassungsvermögen von 1,5 Millionen Kubikmetern, der
Anschluß anzahlreiche Raffinerien sowie die Transportmöglichkeit
verschiedener Betriebsstoffe machen das CEPS zum umfangreichsten
und zugleich kompliziertesten militärischen Versorgungssystem
weltweit. Fünf Länder - Belgien, Frankreich, Luxemburg,
Niederlande und die BRD sind daran beteiligt. Es dient der Kraftstoffversorgung
aller NATO- Streitkräfte im Bereich Europa Mitte, wozu neben
den oben genannten auch die USA, Kanada und Großbritannien
gehören, das System also von 8 Staaten genutzt wird.
Was die Verantwortlichkeit in logistischen Angelegenheiten als
auch den Betrieb innerhalb ihrer Grenzen betrifft, bleiben die beteiligten
Länder angeblich souverän. Eine Koordinierung findet dann
freilich über eine NATO- Behörde, das Betriebsamt Europa
Mitte (CEQA) statt. Im jährlich großzügig erhöhten
Etat des NATO- Infrastrukturprogramms hat das NPS seinen sicheren
Platz.
Die Aufgaben des NPS sind wie folgt beschrieben:
- "Lagerung von Kraftstoffvorräten - Transport von
Kraftstoffen durch Pipelines
- Umschlag im Kraftstoff bei der Einfüllung von Raffinerien
und Tankern in das System bzw. bei der Entnahme über Eisenbahnkesselwagen,
Tankkesselwagen und Schiffsbeladestellen sowie über Flugplatzanschlüsse."
(Quelle: wie oben)
Das CEPS gliedert sich regional in Betriebsabschnitte, sog. Pipeline-
Devisions und diese wiederum in sog. Distrikte. Die BRD hat gemäß
einer CEPS- Charta die Verpflichtung für den Betrieb, die Instandhaltung,
die Schadensbeseitigung und die Sicherung der auf ihrem Boden liegenden
Betriebsabschnitte übernommen, nämlich der 6. und 7. Pipeline-
Division.
Die Pipeline Div. 6 ist identisch mit dem Bereich des Territorialkommando
Süd, die Pipeline Div. 7 mit dem Bereich des Territorialkommando
Nord, der deutsche Teil des NEPS schließlich mit dem Territorialkommando
Schleswig- Holstein. Diese deutschen Teile des CEPS und NEPS werden
im Auftrag des Bundesministerium für Verteidigung durch eine
sog. zivile Gesellschaft betrieben, die Fernleitumgsbetriebsgesellschaft
mbH, kurz FBG.
Die FGB gliedert sich in eine Hauptverwaltung, eine Betriebsverwaltung
Süd und Nord für das CEPS und in die Betriebsverwaltung
Schleswig- Holstein für das NEPS, also entsprechend den zuständigen
Territorialkommandos. Zuständig für Betrieb, Instandhaltung,
Bewachung, Brandschutz und Ölwehr hat die FGB ca. 1.000 Beschäftige
in ihren Diensten. Im Mobilisierungsfall würden sie sofort
eingezogen und zusammen mit einem eigens bestehenden Pipeline- Pioniere-
Bataillion zu einem entsprechenden Regiment aufgestockt.
Die Pipeline- Pioniere, denen im "Friedensfall" momentan
nur die Schadensbeseitigung unterliegt, sind Teil des Territorialheers,
den Einheiten der Bundeswehr, die selbst im Kriegsfall noch nationalen
Oberbefehl unterstehen sollen und deren Existenz/Aufgabe sehr viel
mehr unsere Beachtung finden sollte. Sie sind beauftragt mit der
"Aufrechterhaltung der Operationsfreiheit für die NATO-
Streitkräfte, einschließlich des Schutzes rückwärtiger
Gebiete, um damit eine Voraussetzung für die Vorneverteidigung
zu schaffen", also "Raum- und Objektschutz, Verkehrsführung,
Sanitätsversorgung", schließlich "logistische
Aufgaben", unter denen natürlich die Treibstoffversorgung
eine wichtige Rolle spielt.
Kaum verwunderlich, daß - entsprechend der ausgebauten militärischen
Infrastruktur - auch im Rhein/Main- Gebiet Tanklager, Rohrleitungen
und Anschlüsse des CEPS bestehen, zumal die Vorneverteidigung
eine Versorgung immer grenznäher, also weiter östlich
erforderlich macht.
Wir haben mal zu recherchieren angefangen, erheben also keinerlei
Anspruch auf Vollständigkeit, erhoffen uns im Gegenteil weitere
Nachforschungen, um ein vollständiges Bild zu bekommen bzw.
bestimmte Vermutungen zu bestätigen oder zu verwerfen ...
3 NATO- Tanklager, betrieben jeweils von der FGB, finden sich im
südlichen Rhein/Main- Gebiet, in etwa einer Ost- West- Linie.
Bei Darmstadt/Eberstadt, unmittelbar neben der Frankenstein(Bundeswehr)-
Kaserne, liegt das wohl größte Treibstoffdepot, direkt
an der A 5.
Aus diesem Lager führt eine Pipeline nördlich von Mühltal
und Roßdorf, zwischen Groß- Zimmern und Dieburg entlang,
schlängelt sich dann südlich von Babenhausen (mit Verbindung
zu den dortigen US- Anlagen, Hubschrauberlandeplatz?) bis kurz hinter
das Seligenstädter Kreuz und dort in das nächste Depot
(Mainhausen/Mainflingen) hinein.
Hier, noch westlich des Mains gelegen, führt die Pipeline
dann durch den Main ins nur wenige Kilometer entfernte NATO- Tanklager
im Kleinostheimer Industriegebiet/Dettingen (bei Aschaffenburg).
Als östliche Versorgungsstelle, unabhängig von evtl. zerstörten
Mainbrücken, besitzt dieses dann optimale Straßenanschlüsse
über die A 45 in nordöstlicher Richtung (Hanau, Fulda)
und über die A 3 in südöstlicher Richtung. Dort konzentrieren
sich bekanntlich US- Truppen.
Die Pipeline, von Eberstadt in westlicher Richtung nachverfolgt,
stößt bei Stockstadt nördlich von Gernsheim auf
den Altrheinarm und führt dann weiter in einem nördlichen
Bogen den Rhein entlang bis nach Ginsheim bei Mainz, wo dieser Pipelinestrang
in einer zentralen Pumpstation der FGB endet bzw. beginnt (Es ist
davon auszugehen, daß prinzipiell beide Lauf/Transportrichtungen
möglich sind).
Auf dieser Strecke Eberstadt- Ginsheim liegen - nur wenige Meter
entfernt, allerdings ohne erkennbare Anschlüsse - ein Bundeswehrdepot
mit Treibstoffdepot in Trebur/Hessenaue und auch ein Erdölgebiet/Raffinerie(?)
bei Crumstadt nördlich von Gernsheim.
In Gernheim befinden sich wiederum ausgedehnte Hafenanlagen, die
einen weiteren Zugang nahelegen.
Ist uns diesbezüglich - gerade auch, was den Anschluß
an das Zentralsystem angeht - noch vieles unklar, so ist doch ein
Adressat mit eigenem Strang bis ins Militärgelande hinein unverkennbar:
die Rhein/Main- Air Base. Etwa bei Roßdorf (Darmstadt), also
auf der Verbindung Eberstadt- Mainhausen, zweigt eine Rohrleitung
nach Norden ab, durchquert den Kranichsteiner Forst, kreuzt dann
in der Nähe des Rasthofes (Tankstelle!) Gräfenhausen die
A 5 und führt westlich von Mörfelden und Walldorf durch
den Mönchbruch in die Air Base.
Und welche/r Startbahngegner/in weiß schon, daß sie/er
beim sonntäglichen Überqueren der Grundbachbrücke
eben diese NATO- Pipeline hinter sich läßt. Es erfreut
sich sicherlich allgemeinen Interesses, hier oder im Wald mal nachzugraben.
Nach den Erläuterungen der RZ, die in Süddeutschland
tätig war, "sind die Rohre in einen 80- 100 cm breiten
und 120 cm tiefen Graben eingelegt und in Sand gebettet. Sie haben
einen Durchmesser von 200 mm und je nach Grabentiefe eine Wandstärke
zwischen 7,1 und 8 mm.
Der Verlauf der Pipeline ist relativ einfach auszumachen. Sobald
die Leitungen Straßen, Bahndämme, Flüsse oder Bäche
unterqueren, sind an mindestens einer Seite rotweiße Markierungspfosten
aufgestellt. Auf freiem Feld stehen sie zumeist in Sichtweite, in
Wäldern wurde eine extra ca. 6 m breite Schneise geschlagen.
Zudem laufen die Rohre nie durch, sondern immer knapp an Wohngebieten
vorbei. Auf den rotweißen Pfählen sind kleine Schilder
angebracht mit der Aufschrift "Fernleitungsbetriebsgesellschaft
mbH, Bezirksverwaltung Süd" (entsprechend: Territorialkommando
Süd - 6. Pipeline Division).
In direkter Nähe der Depots und in gewissen Abständen
entlang der Rohrleitungen lassen sich eingezäunte, als FGB-
eigen ausgewiesene Regulierungsvorrichtungen vorfinden."
Diese Anlagen, wie auch das System als Ganzes werden nur zum Teil
ständig genutzt, ein anderer Teil liegt still, nichtsdestotrotz
jederzeit betriebsbereit. Hauptsächlich, um das Pipelinesystem
wirtschaftlicher zumachen - und um den Umgang damit zu üben
- wird es auch "nichtmilitärisch" genutzt, werden
zahlreiche raffinierte und halbraffinierte Produkte im Auftrag von
zivilen Kunden transportiert. "An der militärischen Priorität
wird damit jedoch keinesfalls gerüttelt: eigens für militärische
Zwecke wurde es schließlich konzipiert und hier hat es seine
eigentliche, wesentliche Funktion" betonen zuständige
Militärs.
Selbst wenn einiges zu kompliziert oder technisch erscheinen mag
und ein näheres Einsteigen verlangt, haben wir ganz bewußt
Funktionen, Aufgaben und Struktur des NPS ausführlicher beschrieben.
Noch bis vor kurzen so gut wie unbekannt, stellt es doch einen wesentlichen
Teil der NATO- Infrastruktur dar, den wir ihnen (theoretisch kurzfristig)
aus der Hand nehmen können; an dem, für sie kaum zu verhindern,
eine verbreiterte Sabotage möglich ist.
Das Problem effektiver Zerstörung, wie es sich zur Zeit noch
stellt, ist ein technisches und falls unser Experiment "durchschlagenden"
Erfolg hat, werden wirs verbreiten ... falls nicht, auf ein Neues!
So sicher wir wissen, daß eine revolutionäre Umwälzung
hier für die BRD nur international möglich ist und wir
uns auch so verstehen, so sicher steht für uns doch der Aufbau
regionaler und überregionaler Strukturen im Vordergrund. Eine
Chance schließlich haben wir nur dann, wenn mehr und mehr
Menschen dort gemeinsam kämpfen, wo sie leben und sich auskennen.
Einheit im sozialrevolutionären und antiimperialistischen
Kampf!
Zusammenlegung der Gefangenen aus RAF und Widerstand!
Den Widerstand organisieren!
Schafft viele revolutionäre Zellen!
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