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Früchte des Zorns

Anschlag auf die "Neue Heimat" in Berlin

(März 82)

Neue HeimatSeit Jahren suhlt sich im Schweinepfuhl der Wohnungsbaugesellschaften ein ganz besonderes fettes Schwein: die gemeingefährliche Neue Heimat. Gegen ihr Berliner Verwaltungsgebäude haben wir heute Nacht einen Anschlag verübt.

Es ist besonders widerlich, wenn ein gewerkschaftseigener Konzern seine Klienten dermaßen bescheißt, wie das die NH seit Jahren tut. Nicht nur die persönliche Bereicherung bis in die letzte Managementstufe, sondern auch das Verhalten als Wohnungseigentümer ist ekelerregend. Nach den Spiegel- Veröffentlichungen erübrigt sich dazu jedes weitere Wort.

Die NH hat frühzeitig angefangen, mit dem BKA zusammenzuarbeiten, um Kontrollmöglichkeiten über "abweichendes soziales Verhalten Randständiger" in Neubaugebieten zu untersuchen. 1979 nahm das Vorstandsmitglied Vormbrock an einem Seminar des BKA zum Thema "Städtebau und Kriminalität" teil. Beispielhaft war die NH- Siedlung Osterholz- Tenever. (Einzelheiten in: Autonomie Neue Folge Nr. 3 [58]). Die erstaunlich gute Zusammenarbeit mit den Bullen und dem Senat trug in Berlin dann auch besondere Früchte. Die Vorreiterrolle der NH bei den großangelegten Räumungen im Sept. 81 ist keineswegs vergessen. Und schon plant sie laut Zitty [59] zehn weitere Räumungen, offensichtlich will sie rechtzeitig bis zum Ablauf des Oster- Moratoriums wieder mit dabeisein.

Unter anderem diese ständigen Räumungsdrohungen und der Bullenterror zeigen Wirkung: Anders als 81 gibt es bei einigen Häusern eine Rette- sich- wer- kann- Stimmung - es soll verhandelt werden. Damit gehen viele Ziele baden, über die Gefangenen aus dem Häuserkampf reden nur noch wenige, der Autonomiegedanke wird ans Netzwerk [60] verkauft. Dem Senat ist es gelungen, die Bewegung einzugrenzen, es gibt keine gemeinsame Perspektive mehr, sondern nur noch persönliche Einzellösungen. Ein Vertrag ist keine Formsache, es werden Mietverhältnisse einkehren, es werden Verhandlungen über Modelle folgen, die Eigentumsfrage ist im Sinne der Eigentümer gelöst, man spricht ihre Sprache. Die Sanierungspolitik wird mitgemacht, der Sanierungsträger heißt nicht NH, Samog usw. sondern Netzbau GmbH und Co. KG, Solidarität heißt Selbsthilfe und kann abgerechnet werden.

'Wo es im Wohnungskampf schließlich eher um Sozialwohnungen für Sozialfälle ging und nicht mehr um ein Absolutes - daß Menschen sich auch militant nehmen, was sie brauchen, dabei auf Vorschriften, Behörden und Institutionen pfeifen und exemplarisch den Machtzusammenhang durchschlagen, damit ihn ein winziger Teil gerechter Strafe für seine Schandtaten in der dritten Welt ereilt - wo also das dem unmittelbaren materiellen Bedürfnis tranzendente politische Moment verloren hat, da war auch der Wohnungskampf unter die Kategorien von Kosten und Nutzen subsumiert. Damit aber war er verloren. Es ist Unfug, für eine Wohnung in einer militanten Konfrontation mit der Polizei Kopf und Kragen zu riskieren, die man individuell mit ein paar Überstunden finanzieren und durch Buckelei bei Behörden, Maklern und Vermietern auch bekommen kann und in der man dann auch nicht viel glücklicher ist.

Der Umstand, daß alle Leute gerne bessere und billigere Wohnungen hätten, gab den Hausbesetzern die trügerische Gewißheit, ein Masseninteresse zu vertreten. Also erwarteten sie die Solidarität der Massen im Kampf. Sie vergaßen dabei, daß dieses Interesse für sich genommen kein revolutionäres ist , daß aber die Massen nur als Revolutionäre wirklich kämpfen. Als Pressure- Group haben nur die schon Mächtigen Erfolg. Die Ohnmächtigen machen sich in dieser Form zum Gespött. Die Revolutionäre haben in den Metropolen keine andere Macht als die Erkenntnis, wie verkehrt die Gesellschaft ist, und ihre eigene Entschlossenheit, diese zu ändern. Alles andere ist unglaubwürdiges Anbiedern, leere Drohung, durchschaubares Erpressungsmanöver - Geschwätz. Die optimistische Machtprotzerei ist zutiefst resignativ.' (Wolfgang Pohrt, Ausverkauft)

Schafft viele Revolutionäre Zelle


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