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Diskussion

Die militanten Panthertanten finden an jedem Tisch Kanten

Wie schon die Leute vom "Runden Tisch der Militanten" (Interim 498 / 30.März 2000) treffend feststellten, erweist es sich als sehr schwierig, in der "Militanz- Debatte" gemeinsame Einschätzungen zu formulieren- selbst innerhalb einer Gruppe. Auch ich habe mit anderen früheren oder auch heutigen Militanten versucht, eine gemeinsame Stellungnahme zuwegezubringen, die den Bogen spannt von der RZ- Geschichte über militante Politik allgemein bis zum "Fall Tarek Mousli". Nach einem halben Jahr haben wir es immer noch nicht hingekriegt. Darum schreibe ich meine Gedanken jetzt mal alleine auf, als Beitrag zur Diskussion. Vorweg schicken möchte ich, daß ich seit etwa zwanzig Jahren praktisch und theoretisch mit klandestiner Organisierung zu tun habe. Zu dem "Runden Tisch" hätte ich auch einiges zu sagen, aber eine genaue kritische Analyse würde den Rahmen sprengen, darum hier nur ein zusammengefaßter Eindruck: Ich finde den Text nicht so schlimm, wie es in manchen anderen Reaktionen darauf anklang. Vielen allgemeinen Aussagen darin stimme ich zu, aber es gibt leider sehr viele allgemeine Aussagen, die oft phrasenhaft werden. Der Text schreibt letztlich in meinen Augen eine "bewegungsautonome" politische Tendenz fort, die vieles behauptet, aber wenig umsetzt. Es wird von " aus der Geschichte lernen" geredet, von neuen Strategien, von sozial tragfähigen Strukturen, von "Militanz ist ein Mittel, kein Programm". Wenn es dann konkret wird kommt dabei heraus: es wird alles so weiter gemacht wie bisher; statt Strategie werden neue Modethemen benannt; schön, daß wir mal drüber geredet haben; die nächste Kampagne kommt bestimmt. Das bei all dem "Köpfe heiß geredet" worden sein sollen, muß wohl an der Enge des ( Vorstellungs-)Raumes gelegen haben, in dem die Beteiligten sich befanden und bewegten; und was dann schließlich aus den heißen Köpfen rauskam, war - na was wohl? - viel heiße Luft!

Darin manifestierte sich die gängige Position der "Militanz-Debatte", die sich zusammenfassen läßt in den drei goldenen Regeln deutscher Amtsstuben (Das haben wir schon immer gemacht, das machen wir nie anders, da könnte ja jeder kommen). Die andere zeigte sich in der Interim 502 (18.Mai 2000), wo unter der Überschrift "Clandestino" eine militante Gruppe sich bitter beklagte über die Schere zwischen den schlimmen gesellschaftlichen Verhältnissen und abfallenden radikalen Linken. Dieser Absatz, der über die Jahre in vielen Texten zur "Militanz-Debatte" aufscheint, versucht, argumentativ herbeizureden, was materiell nun einmal nicht (mehr) vorhanden ist. Das führt zu richtigen Analysen ( die gründlicher sind als die ersten Position, weil sie auch selbstkritisch sind), aber auch zu seltsamen Kausalketten bezüglich der Macht des Reformismus ( fast schon eine Verschwörung) oder Existenz geheimnisvoller " vermeintlich vorrevolutionärer Phasen", die eigenartigerweise immer vor etwa zehn Jahren lagen und damals militante Praxis legitimierten. Hat das etwa etwas mit der Biographie den Personen zu tun, die, die Analyse vornehmen? Anfang zwanzig die "vorrevolutionärer" Drangphase, über dreißig dann die nachdenkliche Rückschau?

Die "Militanz-Debatte" holpert über die Jahre und Szene-Generationen voran, und jeder Beitrag, der für sich in Anspruch nimmt, sie zu "beginnen" oder "neu anzustoßen" ist ein Teil davon. Nur vorwärts kommt sie leider kaum. Nun versuche auch ich mal, in die Speichen zu greifen.

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