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taz 20.02.2009

Urteil im RZ-Prozess

Zwei Jahre auf Bewährung

Thomas K., ehemaliges Mitglied der Revolutionären Zellen, ist "nicht unzufrieden" mit dem Urteil. Er bekommt zwei Jahre Freiheitsstrafe auf Bewährung. VON INGO ARZT

Nach der Verurteilung lässt er die Sicherheitsschleusen des Oberlandesgerichts Stuttgart hinter sich, den ganzen mit Stacheldraht bewehrten Betonbau der Justizvollzugsanstalt Stammheim, in der das Gericht seinen Sitz hat. Erleichterung im ergrauten Gesicht, auf seinem schwarzen Kapuzenpulli steht "Refugees Welcome", draußen warten Freunde. "Ich bin nicht unzufrieden mit dem Ausgang", sagt Thomas K.

Zwei Jahre Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung hat K. bekommen. Verteidigung, Gericht und Bundesanwaltschaft hatten den Deal zuvor ausgehandelt; K., ehemaliges Mitglied der Revolutionären Zellen (RZ), hatte ein Erklärung abgegeben, die einem Geständnis gleichkam.

Die 1973 gegründeten RZ hatten dem Staat den bewaffneten Kampf angesagt. Thomas K. gehörte schon in den 70er-Jahren dazu. Zuvor hatte er bis zur zweiten Staatsprüfung an einer Pädagogischen Hochschule studiert, er war Geschäftsführer einer Buchhandlung. Als Tatzeit berücksichtigt hatte das Gericht die Jahre 1985 bis 1992, während der "Flüchtlingskampagne" der RZ. Andere Anklagepunkt wie eine "Rädelsführerschaft" von Thomas K., auch in der Zeit zuvor, ließ die Bundesanwaltschaft fallen.

Mit der "Flüchtlingskampagne" wollten die RZ neue Anhänger für den Kampf gegen den Staat gewinnen, in dem sie sich auf die weltweite Situation von Flüchtlingen konzentrierten. Kritik daran sei zwar durchaus nachvollziehbar, sagte die Richterin, allerdings nicht mit den Mitteln der RZ, die der "angeblich angestrebten Menschlichkeit zuwiderlaufen". Teil der Flüchtlingskampagne waren 20 Brand- und Sprengstoffanschläge auf Behörden, Firmen und Einrichtungen zwischen 1986 und 1992. Mordanschläge waren nie geplant. Mitglieder der RZ aber schossen dem damaligen Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht, Günther Korbmacher, und Harald Hollenberg, damals Leiter der Berliner Ausländerbehörde, in die Knie.

An der Planung und Umsetzung von Anschlägen war Thomas K. laut Gericht nicht beteiligt, da er vermutete, überwacht zu werden. Allerdings sei er "Denker" der Gruppe gewesen: "Der Angeklagte kannte das Gesamtkonzept und war damit einverstanden", sagte die Richterin.

Nachdem Thomas K. 1987 untergetaucht war, stellte er sich im September 2006 den Behörden: "Entweder lebenslang in der Illegalität oder zu akzeptablen Konditionen zurückkehren", sagte er nach dem Urteil. Jetzt will Thomas K. erst mal eine Woche Urlaub machen.

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