Datum:
23.12.2000
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Zeitung:
taz
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Titel:
Noch keine Auslieferung
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Noch keine Auslieferung
Das kanadische Auslieferungsverfahren gegen das angebliche Mitglied der
Revolutionären Zellen, Lothar Ebke, verzögert sich bis in den
Sommer 2001
Bei minus 40 Grad Außentemperatur begann vor wenigen Tagen im
kanadischen Yellowknife das Auslieferungsverfahren gegen den Exhausmeister
des Mehringhofs, Lothar Ebke. Der Berliner wird in der Bundesrepublik
beschuldigt, Mitglied der Revolutionären Zellen (RZ) gewesen zu sein.
Doch im Gerichtssaal hatte sein Anwalt Wes Wilson aus Toronto einige
Überraschungen vorbereitet. Überraschungen mit Wirkung: Lothar
Ebke wird vorläufig nicht ausgeliefert.
Zwar könne, so Wilson, in Deutschland ein Bürger aufgrund
eines Ermittlungsverfahrens verhaftet werden, in Kanada benötige man
für diesen Eingriff in die Bürgerrechte allerdings eine
ausformulierte Anklage. Die liege seitens der deutschen Behörden aber
nicht vor. Außerdem sei ihm bei Durchsicht der Belastungsmaterialien
aufgefallen, dass der einzige Belastungszeuge, der jüngst verurteilte
Straftäter Tarek Mousli, noch nicht einmal vereidigt worden sei. Damit
bestünden doch erhebliche Zweifel an der grundsätzlichen
Zulässigkeit des ganzen Auslieferungsverfahrens.
Ebke war am 18. Mai dieses Jahres an seinem Wohnort nahe dem Polarkreis
von kanadischen Polizisten verhaftet worden. Ihm werden in einem
Auslieferungsantrag von der deutschen Bundesanwaltschaft unter anderem die
Mitgliedschaft in den RZ sowie die Beteiligung an zwei
Sprengstoffanschlägen vorgeworfen. Dabei handelt es sich um die
versuchte Sprengung der Siegessäule im Januar 1991 und den Anschlag
auf die Zentrale Sozialhilfestelle für Asylbewerber im Februar 1987.
Die Vorwürfe beruhen allein auf belastenden Aussagen des inzwischen
als Kronzeuge für die BAW tätigen Tarek Mousli. Nach einem Monat
in Auslieferungshaft war Ebke gegen die Hinterlegung einer Kaution von
150.000 Mark und unter strengen Meldeauflagen wieder freigelassen
worden.
Um Zeit zur Klärung der grundsätzlichen Bedenken zu geben,
verschob der ortsansässige Richter John Vertes das Verfahren
auf Ende Mai 2001. Ein zweites gegen Ebke anhängiges Verfahren
wegen Verletzung der Einwanderungsbestimmungen wurde auf Anfang
April 2001 verschoben.
Christoph Villinger
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