Datum:
06.12.1999
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Zeitung:
Berliner Zeitung
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Titel:
Fahnder hoffen auf neue Spur zu Wetzenstein
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Fahnder hoffen auf neue Spur zu Wetzenstein
Flüchtiger Anwalt hatte Sparkonto in der Schweiz
BERLIN, 5. Dezember. Die Festnahme eines mutmaßlichen Terroristen
in Berlin führt die Polizei möglicherweise auf eine neue Spur zu
dem seit 1992 gesuchten Ost-Berliner Rechtsanwaltes Jürgen
Wetzenstein-Ollenschläger. Bei einem Polizeieinsatz am 23. November,
bei dem ein vermutlicher Rädelsführer der Terrororganisation
"Revolutionäre Zellen/ Rote Zora" (RZ) festgenommen wurde,
sind auch Wohnungen und Büros von Wetzensteins früherer
Schwiegermutter und ihrem Lebensgefährten durchsucht worden. Für
eine Verbindung des Anwalts zu dem Terroristen, der für mehrere
Attentate seit 1986 verantwortlich gemacht wird, hat das Bundeskriminalamt
bislang jedoch keine Hinweise.
Der festgenommene 40-jährige Deutsch-Libanese Tarek Mohamed Ali M.,
der als Kopf der "RZ"-Gruppe gilt, war seit Jahren mit
Wetzensteins Ex-Schwiegermutter K. eng befreundet. In deren Wohnung
vermuteten die Ermittler des BKA daher auch eine von dem Libanesen
verfasste "Lebensversicherung", in der er Mittäter der
"RZ"-Anschläge aufgelistet haben soll.
Millionen auf dem Unterkonto
Die in K.s Wohnung beschlagnahmten Unterlagen bergen möglicherweise
auch eine neue Spur zu dem flüchtigen Wetzenstein. So erhoffen sich
die Fahnder zum Beispiel aus der Analyse des Schriftverkehrs der Frau
Rückschlüsse auf den Aufenthaltsort des Anwalts. Denn Frau K.
hatte zusammen mit ihrer Tochter und Wetzenstein Anfang der 90er-Jahre ein
gemeinsames Sparkonto bei der Berliner Otto-Scheurmann-Bank eingerichtet.
Anfang 1992 geriet der Anwalt jedoch ins Visier der Strafermittler, weil er
in dubiose Grundstücksübertragungen und verdächtige
Firmengründungen von Stasi-Offizieren verwickelt war. Kurzerhand
entschloss sich die Familie, das Berliner Sparkonto auf die Züricher
Bank Hofmann umzubuchen, um eine mögliche Beschlagnahme des
Familienguthabens zu vermeiden.
Wetzenstein tauchte Ende Januar 1992 unter, nachdem er erfolglos
versucht hatte, bei einer Wiener Bank 17 Millionen Mark vom Konto einer
KoKo-Firma beiseite zu schaffen. Auf das Schweizer Familienkonto flossen in
der Folgezeit aus unbekannten Quellen insgesamt rund vier Millionen Mark.
Wetzensteins Ex-Schwiegermutter K., der die Geldflüsse nicht geheuer
waren, richtete ein Unterkonto für ihren Schwiegersohn ein, auf dem
die Millionen verbucht wurden. Auf dem Hauptkonto verblieb lediglich das
Sparguthaben von Frau K. und ihrer Tochter.
Das Unterkonto wurde Anfang des Jahres von der Bank Hofmann der
Schweizer Meldestelle für Geldwäsche angezeigt. Die
Treuhand-Nachfolgebehörde BvS hat das Guthaben inzwischen
gepfändet.
Andreas Förster
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