Datum:
21.02.2001
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Zeitung:
tageszeitung
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Titel:
Revolutionär Nummer fünf
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Revolutionär Nummer fünf
Generalbundesanwalt Kay Nehm hat jetzt auch gegen den im Frankfurter
Opec-Prozess kürzlich freigesprochenen Rudolf Schindler Anklage im
Berliner RZ-Prozess erhoben
Der Berliner Prozess um die Revolutionären Zellen (RZ) wird auf
fünf Beschuldigte erweitert. Generalbundesanwalt Kay Nehm hat jetzt
auch gegen den im Frankfurter Opec-Prozess freigesprochenen Rudolf
Schindler Anklage erhoben. Ihm wird Rädelsführerschaft in der
linksradikalen Vereinigung Revolutionäre Zellen vorgeworfen.
Außerdem soll Schindler eine Sprengstoffexplosion an der Zentralen
Sozialhilfestelle für Asylbewerber (ZSA) in Berlin im Jahre 1987
herbeigeführt haben. Die Anklage wurde beim Berliner Kammergericht
erhoben.
Das Opec-Verfahren, in dem das Urteil noch nicht rechtskräftig ist,
stehe der Strafverfolgung in dieser Sache nicht entgegen, da die
Tatvorwüfe nicht identisch seien, teilte die Bundesanwaltschaft mit.
Schindler war am 15. Februar vom Landgericht Frankfurt vom Vorwurf der
Beihilfe an dem "Opec-Überfall" 1975 in Wien freigesprochen
worden. Der Kronzeuge Hans-Joachim Klein war dabei wegen dreifachen Mordes
zu neun Jahren Haft verurteilt worden.
Der 58-jährige Schindler soll laut Anklageschrift von 1985 bis 1990
der Berliner Zelle der RZ angehört haben. Ziel der Revolutionären
Zellen sei "die gewaltsame Veränderung der gesellschaftlichen
Verhältnisse in Deutschland" gewesen. Zu diesem Zweck habe die
Vereinigung "schwere Straftaten wie Schusswaffen-, Brand- und
Sprengstoffanschläge" begangen. Am 6. Februar 1987 soll Schindler
die Sprengstoffexplosion an der Außenmauer eines Gebäudes der
Zentralen Sozialhilfestelle für Asylbewerber in Berlin
herbeigeführt haben. Er habe die Sprengvorrichtung an der Mauer
gemeinsam mit einem Komplizen "installiert und zur Explosion
gebracht", heißt es in der Anklageschrift der
Bundesanwaltschaft. Menschen wurden nicht verletzt. Die Explosion sollte
die zentrale Gasversorgung treffen, riss aber nur ein Loch in die
Mauer.
Desweiteren stehe Schindler im Verdacht, am 28. Oktober 1986 den
damaligen Leiter der Berliner Ausländerbehörde, Harald
Hollenberg, mit zwei gezielten Pistolenschüsse in die Beine verletzt
zu haben. Der Angeklagte soll außerdem am 1. September 1987 den
damaligen Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht, Günter
Korbmacher, ebenfalls durch gezielte Pistolenschüsse in die Beine
verletzt haben. Die Schusswaffenanschläge seien "unter dem
rechtlichen Gesichtspunkt eines Körperverletzungsdelikts
verjährt", erklärte Nehm. Sie hätten aber "als
mitgliedschaftliche Beteiligung des Angeschuldigten in der ,RZ'
Bedeutung".
Seit ihrer Gründung haben sich die Revolutionären Zellen nach
Angaben des Generalbundesanwalts zu mindestens 186 Anschlägen in
Deutschland bekannt. Mindestens 40 davon seien in Berlin und Umgebung
erfolgt und ließen sich der Berliner Zelle zurechnen.
Erst am 30. November 2000 hatte Nehm ebenfalls beim Berliner
Kammergericht Anklage gegen vier weitere mutmaßliche Mitglieder der
Revolutionären Zellen erhoben. Dabei handelt es sich um die heute
54-jährige Sabine E. und die jeweils 52 Jahre alten Harald G.,
Matthias B. und Axel H., die ebenfalls der Berliner Zelle angehört
haben sollen.
Sowohl die ersten vier Anklagen als auch die jetzige gegen Schindler
gehen ausschließlich auf Aussagen des 41-jährigen Berliner
Karatelehrers Tarek Mousli zurück. Bis zu den Kronzeugenaussagen des
sich selbst der RZ-Mitgliedschaft bezichtigenden Mousli waren die RZ
insbesondere in Berlin für die Ermittler ein Phantom geblieben. Seit
1999 haben die Ermittler nun mit dem Kronzeugen zusammengesessen, um die
Geschichte der RZ aufzuarbeiten. Der im Frühjahr bevorstehende Prozess
ist eine erste Folge dieser Aussagen.
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