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Datum:
21.02.2001
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Zeitung:
Süddeutsche Zeitung
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Titel:
Volker Christian Rath Staatsanwalt mit Jagdeifer und
Fischer-Gegner
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IM PROFIL
Volker Christian Rath Staatsanwalt mit Jagdeifer und Fischer-Gegner
Jagdeifer ist dem Frankfurter Strafverfolger Volker Christian Rath nicht
fremd. In dem Verfahren gegen den Opec-Terroristen Hans-Joachim Klein
brachte es der 47-Jährige zu einiger Berühmtheit, als er
unvermittelt Zeugen wie den Außenminister Joschka Fischer unter Feuer
nahm. "Es geht nicht um Herrn Fischer, es geht um Herrn Klein"
versuchte ihn der Vorsitzende Richter Heinrich Gehrke zu bremsen, aber Rath
setzte nach: Fischer drücke sich um die Beantwortung von Fragen. Der
Richter widersprach. Das Ergebnis dieser Zeugenbefragung ist ein
Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der uneidlichen Falschaussage gegen
Fischer, das viel Wirbel macht und am Ende wenig bringen wird. Den
militanten Fischer-Gegnern gilt der Staatsanwalt Rath als Fels in der
Brandung. Andere sehen in ihm einen Büttel der in Wiesbaden
regierenden Christdemokraten, die einen prominenten Grünen zur Strecke
bringen wollen.
Staatsanwaltschaften sind weisungsgebunden - aber Klagen über
auferlegte Weisungen sind selten. Man tut gern so, als sei man nur seiner
Überzeugung gefolgt, die zufälligerweise mit der Meinung der
vorgesetzten Stelle übereinstimme. Rath ist kein Parteigänger und
taugt eigentlich nicht zum Boten der Mächtigen. Er ist ein Jäger
und Sammler, der sich manchmal im Gestrüpp verirrt. Durchaus nett im
privaten Umgang, mit einem Häuschen im Grünen, wo er mit Hund und
Lebensgefährtin wohnt. Ein eher komplizierter Typ. Keiner, der Ja, Ja,
und Nein, Nein sagt. Auch hat er den Hang zur Geheimnistuerei und pflegt
von Berufs wegen Verbindungen zu Staatsschützern und
Geheimdienstlern.
Früher arbeitete er im Rauschgift-Sonderdezernat und war der
Spezialist für die großen Verfahren. Nach einer Herzattacke
wurde er in jungen Jahren erstmals aus der Bahn geworfen. Als er
zurückkam, sollte er nur die kleineren Fälle machen, wirbelte
dann doch wieder und schuf Großverfahren. Seit Jahren ist er als
Ermittler in der politischen Abteilung der Frankfurter
Strafverfolgungsbehörde tätig. Er trat in vielen Prozessen gegen
die deutschen Statthalter der kurdischen PKK auf und erregte in
internationalen Ermittlerkreisen Aufsehen, als er sich wegen einer
deutschen Spur um das Lockerbie-Verfahren kümmerte. Rath hielt die
Täter-Theorien der Schotten und Amerikaner für fragwürdig
und hat das auch deutlich gesagt. Das gab Zoff.
Die Laufbahn-Hoffnungen von Staatsanwälten sind nicht groß.
Man muss lange warten. Bis Mai absolviert Rath das so genannte dritte
Staatsexamen beim Frankfurter Generalstaatsanwalt, was die Voraussetzung
für eine etwaige spätere Beförderung zum Oberstaatsanwalt
ist. Aber das kann noch dauern.
Im Opec-Verfahren trat Rath nach fast übereinstimmender Meinung der
Prozessbeobachter manchmal ziemlich rüde auf, was bei Hypertonikern
nicht selten ist. Die ganz klare Linie, der strategische Zugriff wurde
vermisst. Obwohl erkennbar war, dass der Mitangeklagte Rudolf Schindler
nicht verurteilt werden konnte und durfte, war er bis zuletzt von dessen
Schuld überzeugt. Einer, der als hartnäckig gilt, kann auch sehr
verbissen sein.
Hans Leyendecker
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