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Presse

Datum:
04.01.2001

Zeitung:
Salzburger Zeitung

Titel:
"Joschkas" militante Phase

"Joschkas" militante Phase

Der deutsche Außenminister Joschka Fischer gab in einem Interview zu, dass er als Linksradikaler ziemlich militant und gewalttätig gewesen sei.

BERLIN (SN, dpa).

Die Vergangenheit des deutschen Außenministers Joschka Fischer als linksradikaler Straßenkämpfer macht wieder Schlagzeilen. Fischer hat in einem Interview mit dem Magazin "Stern" zugegeben, dass er militant gewesen sei. Damit löste er erhebliche Kontroversen in Deutschland aus. Schon wurde aus der konservativen Opposition der Rücktritt des Grü-nen-Politikers gefordert. Für Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) ist Fischer als Reprä-sentant Deutschlands in der Welt nicht mehr tragbar, auch wenn Fischers militante Vergangenheit im strafrechtlichen Sinne verjährt sei.

Die deutsche Presse reagierte weithin milder. Fischer habe längst einen Wandel "vom Staatsfeind zum Staatsmann" vollzogen, schrieb zum Beispiel "Der Tagesspiegel" in Berlin.

"Fischer war, wie er war, und er ist, wie er ist", schrieb auch der frühere Regierungssprecher Peter Boenisch in der Boulevardzeitung "Bild". "Heute entscheiden allein seine diplomatischen Ergebnisse und nicht die Bilder aus einer beiderseits gewalttätigen und hasserfüllten Vergangenheit." Boenisch war von Anfang 1961 bis August 1971 Chefredakteur von "Bild", der Boulevardzeitung aus dem Springer-Verlag, die gegen die damalige militante Studentenbewegung massiv Stimmung machte und von ihr als ein Sprachrohr der "Reaktion" heftig bekämpft wurde.

Fischer hatte sich im "Stern" zu seiner militanten Jugendzeit bekannt. Sie ist auch durch ein Buch eines ehemaligen Weggenossen schon länger bekannt. Fischer soll damals zu einer Gruppe gehört haben, die gezielt die Konfrontation mit der Polizei suchte.

"Da gibt es nichts schönzureden", sagte Fischer in dem Interview. "Wir haben Steine geworfen. Wir wurden verdroschen, aber wir haben auch kräftig hingelangt." Der Grünen-Politiker verwies auf die damalige Situation, "eine Zeit der härtesten Konfrontation". Das habe "bei uns Feindbilder in den Köpfen geschaffen". Damals habe man den Sturz der verfassungsmäßigen Ordnung gewollt, "so verrückt das heute klingen mag".

Fischer dementiert aber entschieden, dass er jemals Molotowcocktails auf Polizisten geworfen habe. Auch habe er nichts damit zu tun, dass damals in seinem Auto Waffen für einen politischen Mord transportiert worden sein sollen. Er habe das Fahrzeug für eine Reparatur zu diesem Zeitpunkt jenem Hans-Joachim Klein überlassen, der derzeit in Frankfurt wegen des Anschlags auf die OPEC-Konferenz von 1975 vor Gericht steht.

Klein muss sich wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes verantworten. Bei dem Überfall auf die Ölminister der OPEC-Länder in Wien, den der jetzt in Paris inhaftierte Terrorist "Carlos" anführte, waren drei Menschen erschossen worden. Klein bestreitet, selbst geschossen zu haben. Er hat sich später vom Terrorismus losgesagt. 1998 wurde er in Frankreich gefasst. Fischer wird am 16. Jänner in Frankfurt am Main im Prozess gegen Klein als Zeuge aussagen.

NORBERT HOYER

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