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Presse

Datum:
16.02.2001

Zeitung:
Frankfurter Rundschau

Titel:
Neun Jahre für Opec-Attentäter Kronzeugenregelung für Klein / Schindler freigesprochen

Neun Jahre für Opec-Attentäter Kronzeugenregelung für Klein / Schindler freigesprochen

Im Opec-Prozess hat das Landgericht Frankfurt am Donnerstag den 53-jährigen Hans-Joachim Klein wegen gemeinschaftlichen Mordes und Geiselnahme zu neun Jahren Haft verurteilt. Der Angeklagte Rudolf Schindler wurde freigesprochen. Bei dem Überfall auf die Konferenz Erdöl exportierender Länder (Opec) 1975 in Wien waren drei Menschen getötet worden.

Wie Heinrich Gehrke, Vorsitzender der 21. Strafkammer, in seiner Urteilsbegründung sagte, gebe es keinen Zeugen dafür, dass Klein selbst beim Überfall auf die Opec-Konferenz jemanden getötet habe, doch habe er den gemeinsamen Tatplan gebilligt. Die dafür obligatorische lebenslange Freiheitsstrafe sei hier aber nicht zu verhängen, da der 53-Jährige in den Genuss der Kronzeugen-Regelung komme.

Klein habe 1977 in einem Brief an den Spiegel seine Abkehr vom Terrorismus mitgeteilt und vor einem Anschlag auf den damaligen Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde in Berlin, Heinz Galinski, gewarnt. 1979 sei sein Buch "Rückkehr in die Menschlichkeit" erschienen, dass eine erneute Distanzierung enthalte. Auch habe er darin Informationen über libysche und palästinensische Hintermänner des Opec-Anschlags und über Verbindungen unter terroristischen Gruppen gegeben.

Entsprechende Hinweise seien von ihm auch bei zahlreichen Vernehmungen gekommen - laut Gehrke ein beachtlicher Schritt, nachdem er sich von "Carlos", dem Kopf des internationalen Terrorismus, "geadelt" gefühlt habe, als der ihn in den Kreis der Opec-Attentäter geholt habe.

Geholfen hätten Klein bei der Loslösung vom Terrorismus Leute wie Daniel Cohn-Bendit und der Kabarettist Matthias Beltz. Ihnen, die jetzt auch als Zeugen im Prozess ausgesagt hatten, "schuldet man Dank und keine Strafverfolgung".

Berücksichtigt habe die Strafkammer, dass Klein noch heute an den Verletzungen leide, die er sich bei dem Überfall auf die Opec-Konferenz zugezogen habe. Über Jahrzehnte habe er ein isoliertes Leben führen müssen, weswegen ihn seine Familie verlassen habe. Die Behauptung Kleins allerdings, Schindler (58) habe ihn für das Opec-Attentat angeworben und bei dem Anschlag logistische Hilfe geleistet, hielt das Gericht nicht für stichhaltig. Diese Behauptung hatte Schindler mit auf die Anklagebank gebracht. Zwar, so Gehrke, sei Schindler damals Mitglied der Revolutionären Zellen (RZ) gewesen, doch mehr sei nicht zu verifizieren.

Klein habe in zahlreichen Medieninterviews und Vernehmungen immer wieder andere Namen genannt oder erklärt, er kenne den Namen des Mannes nicht. Es sei anzunehmen, dass Klein nach fast 20 Jahren isolierten Lebens in seinem Erinnerungsvermögen eingeschränkt sei. Schindler konnte das Gericht am Donnerstag dennoch nicht als freier Mann verlassen. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hat inzwischen einen neuen Haftbefehl gegen ihn erwirkt und Anklage beim Kammergericht in Berlin wegen Sprengstoffdelikten und Mitgliedschaft bei den RZ erhoben.

Jürgen Schenk

MAIL
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