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Presse

Datum:
04.01.2001

Zeitung:
Berliner Zeitung

Titel:
"Klein-Klein" und die Spontis

"Klein-Klein" und die Spontis

BERLIN, 3. Januar. Es war sein 28. Geburtstag, an dem Hans-Joachim Klein mit einer Maschinenpistole unter dem Mantel in die Wiener Zentrale der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) stürmte. Er gehörte zu einem palästinensisch-deutschen Kommando unter Führung des Top-Terroristen "Carlos", das mit der Geiselnahme der Opec-Minister inhaftierte Terrorkollegen freipressen wollte. Klein fiel schon eine Viertelstunde nach Beginn der Aktion mit einem Bauchschuss aus. Noch während die Geiselnahme andauerte, flog man ihn in ein arabisches Land.

Seit Oktober muss sich Klein vor dem Frankfurter Landgericht für seine Viertelstunde als kämpfender Terrorist verantworten. Gemeinschaftlich begangener Mord in drei Fällen wird dem 54-Jährigen vorgeworfen, den Zielfahnder 1998 in Frankreich aufspürten.

In dem Prozess geht es auch um Kleins Zeit in der Frankfurter Sponti-Szene. Bevor er sich 1974 den "Revolutionären Zellen" (RZ) anschloss, verkehrte er in der Hausbesetzer-Szene der Main-Metropole. Gemeinsam mit den heutigen Grünen-Politikern Joschka Fischer (Bundesaußenminister) und Daniel Cohn-Bendit (Europa-Abgeordneter) demonstrierte "Klein-Klein", wie sie ihn in der Szene nannten, gegen Nato und Spekulanten und prügelte sich mit den "Bullen".

Pistole im Auto

Cohn-Bendit erinnerte sich vor dem Landgericht im vergangenen November an Klein als einen "empfindsamen, in sich zerrissenen Menschen". Zum Bruch sei es gekommen, als man in der Szene um den militanten Widerstand stritt. Cohn-Bendit, aber auch Joschka Fischer hätten sich für den gewaltlosen Widerstand eingesetzt, während Klein den "Verführungen" der Terroristen erlegen sei, sagte der Europaabgeordnete aus.

Am 16. Januar wird Fischer als Zeuge vor Gericht auftreten und in die ferne Sponti-Zeit eintauchen. Das verspricht spannend zu werden. Spannender als die wohl nicht mehr aufzuklärende Frage nach der Pistole, mit der 1981 der hessische FDP-Wirtschaftsminister Karry von den "RZ" ermordet wurde und die acht Jahre zuvor in Fischers Auto transportiert worden sein soll.

Andreas Förster

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