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Datum:
21.01.2000
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Zeitung:
Tagesspiegel
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Titel:
Kreuzberger Bezirksverordnete rügen Polizeieinsatz
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Mehringhof-Durchsuchung verurteilt
Kreuzberger Bezirksverordnete rügen Polizeieinsatz
(jom) Die Kreuzberger Bezirksversammlung (BVV) hat auf ihrer Sitzung das
Vorgehen der Polizei während der Durchsuchung des Mehringhofs mit
einer Resolution scharf verurteilt. Auf der Suche nach Sprengstoff und
Waffen hatten die Beamten Mitte Dezember vergangenen Jahres zahlreiche
Türen aufgebrochen, Wandverkleidungen heruntergerissen und
zufällig anwesende Besucher festgehalten. Fündig wurden sie
allerdings nicht. Nach Angaben der Betreiber ist ein Sachschaden von rund
100 000 Mark entstanden. In der Resolution, die mit den Stimmen von SPD,
Grünen und PDS verabschiedet wurde, wird der Einsatz als
"offensichtlich unangemessen" bewertet. Verurteilt wird
insbesondere "die Brutalität, mit der die Staatsgewalt
vorging". Der Mehringhof sei aus Kreuzberg nicht wegzudenken, und die
entstandenen Sachschäden müssten vom Senat ersetzt werden.
Während der Debatte kam es zu einer hitzigen Auseinandersetzung mit
der CDU. Diese dementierte zwar, dass sie die Schließung des
Mehringhofs gefordert habe. Der ehemalige CDU-Fraktionschef Alexander
Bölter erklärte aber, von dem Zentrum alternativer Kultur sei
immer wieder Gewalt ausgegangen. Er selbst habe am Tag vor dem ersten Mai
"die Chaoten wie Ratten aus ihren Löchern" aus dem
Mehringhof kommen sehen. Die Äußerung wurde von Helmut Borchardt
(SPD) scharf verurteilt. Borchardt betonte, man müsse mit der
politischen Richtung des Mehringhofs nicht einverstanden sein, um zu
erkennen, dass der Polizeieinsatz mit mehreren hundert Beamten maßlos
überzogen gewesen sei. Der Bezirksverordnete Reimund Helms
(Bündnis90/Grüne) erklärte, die Aktion sei ein Rückfall
in die Zeit der "brutalen Durchsuchungsaktionen", die
während der siebziger Jahre in der alternativen Szene stattgefunden
haben.
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