Datum:
20.12.1999
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Zeitung:
Berliner Morgenpost
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Titel:
Linke Terroristen in Berlin gefasst
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Linke Terroristen in Berlin gefasst
Polizei durchsuchte Kreuzberger Kulturzentrum nach Waffen
BM Berlin - Großeinsatz der Polizei am Sonntagmorgen in Berlin.
Bei einer bundesweit angelegten Razzia gingen den Beamten drei
mutmaßliche Mitglieder der linksextremistischen Terrorgruppe
Revolutionäre Zellen/ Rote Zora ins Netz. In Berlin wurden zwei
Männer, in Frankfurt am Main eine Frau verhaftet. Zugleich durchsuchte
die Polizei ein Haus in Berlin-Kreuzberg nach einem Waffendepot der
Organisation. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe wurde bis
zum Abend aber nichts gefunden.
Gegen die in Berlin festgenommenen 49 beziehungsweise 51 Jahre alten
Männer sowie gegen die 53-jährige Frau war in der vergangenen
Woche Haftbefehl erlassen worden. Ihnen wird Mitgliedschaft in einer
terroristischen Organisation vorgeworfen. Der ältere der beiden
Männer und die Frau sollen zudem 1987 einen Sprengstoffanschlag auf
die Zentrale Sozialhilfestelle für Asylbewerber in Berlin verübt
haben.
Außerdem werden beide beschuldigt, im selben Jahr an einem
Anschlag auf den damaligen Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
in Berlin, Günter Korbmacher, beteiligt gewesen zu sein, bei dem
diesem in den Unterschenkel geschossen worden war. Die Frau soll ein Jahr
zuvor bereits an einem ähnlichen Angriff auf den Leiter der Berliner
Ausländerbehörde, Harald Hollenberg, mitgewirkt haben.
Ein Gebäude des alternativen Kulturzentrums Mehringhof in
Berlin-Kreuzberg wurde durchsucht, weil die Ermittler Hinweise darauf
hatten, dass der dritte Verhaftete dort für die Revolutionären
Zellen/ Rote Zora ein Waffen- und Sprengstoffdepot betreut habe.
Unbekannte Mitglieder der Organisation hatten den Angaben zufolge 1987
mehr als 100 Kilo eines Sprengstoffes sowie weitere Sprengmittel gestohlen
und bei mehreren Anschlägen - unter anderem 1991 auf die
Siegessäule in Berlin - eingesetzt; der größte Teil der
Sprengstoffbeute tauchte bisher aber nicht wieder auf.
Nach Augenzeugenberichten wurde das Gebäude, in dem zahlreiche
Organisationen der Alternativkultur untergebracht sind, kurz nach
sechs Uhr umstellt. Mehrere Dutzend Menschen, die an einer südamerikanischen
Feier teilgenommen hatten, durften das Gebäude erst nach Feststellung
der Personalien gegen elf Uhr wieder verlassen. Gefasst wurde dabei
auch ein Mann, der in einem anderem Zusammenhang mit Haftbefehl
gesucht wurde. Ferner wurde der Haftbefehl gegen einen weiteren,
57 Jahr alten Mann erweitert, der bereits wegen der Beteiligung
am Anschlag auf die Wiener Opec-Konferenz 1975 in Frankfurt am Main
angeklagt ist und dort in Untersuchungshaft sitzt. Wie die festgenommene
Frau soll auch er an den genannten drei Anschlägen in Berlin
beteiligt gewesen sein.
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