Datum:
08.09.2001
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Zeitung:
Berliner Zeitung
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Titel:
Kanada will Deutschen ausweisen
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Kanada will Deutschen ausweisen
Der in Kanada lebende Bundesbürger Lothar Ebke soll an Deutschland
ausgeliefert werden. Richter John Vertes vom Obersten Gerichtshof in
Yellowknife, der Hauptstadt der abgelegenen Nordwest-Territorien,
verfügte, dass der mutmaßliche Bombenleger Ebke an die deutsche
Justiz überstellt wird. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe wirft dem
47-jährigen Berliner vor, Mitglied der terroristischen Vereinigung
"Revolutionäre Zellen" zu sein. Ob Ebke tatsächlich
ausgeliefert werden wird, muss die Justizministerin Anne McLellan
entscheiden.
Der Deutsche war aufgrund eines vom Bundesgerichtshof ausgestellten
Haftbefehls im Mai 2000 in Yellowknife festgenommen worden, kam aber gegen
Kaution und unter Auflagen wieder frei. Nach Ansicht der deutschen
Bundesanwälte war Ebke von 1985 bis 1993 nicht nur Mitglied der
"Revolutionären Zellen" - seinerzeit auch als "Rote
Zora" bekannt -, sondern auch an zwei Bombenanschlägen in Berlin
beteiligt. Der eine galt im Februar 1987 der Zentralen Sozialhilfestelle
für Asylbewerber und der zweite im Januar 1991 der Siegessäule.
Seit 1996 lebt Lothar Ebke bereits unter seinem richtigen Namen in
Yellowknife. Zuletzt führte er zusammen mit seiner
Lebensgefährtin die kleine Pension "Back Bay Bed and
Breakfast" am Großen Sklavensee. Als so genannter "landed
immigrant" besitzt Ebke eine permanente Aufenthaltsgenehmigung.
Gegen die Auslieferung will Ebkes Anwalt Adrian Wright Rechtsmittel
einlegen. Wright bezweifelt die Rechtmäßigkeit der Festnahme im
Mai 2000 und des gesamten Verfahrens, da in Deutschland keine Anklage
erhoben worden sei. Ebke würde daher nur "aufgrund eines
Verdachts" der Strafverfolgungsbehörden ausgeliefert. Nach
kanadischem Recht reiche dies nicht, um jemanden des Landes zu
verweisen.
Gerd Braune
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