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Presse

Datum:
4/5 2002

Zeitung:
X'Hain Stachel

Titel:
Wende im RZ-Prozess

Wende im RZ-Prozess

Wir erinnern uns: Der laufende rz-Prozess kam dadurch zustande, dass der frühere Autonome libanesischer Herkunft, Tarek Mousli, vom Staatsschutz bezichtigt wurde, in seinem Keller in der Schönhauser Allee Sprengstoff gelagert zu haben.

Im Zuge der Ermittlungen wurde in der Adventszeit 1999 ein überfallartiger Polizeieinsatz im Mehringhof durchgeführt - ergebnislos. Der vermutete Sprengstoff wurde nicht gefunden, jedoch wurden im Verlauf dieser Aktion zwei weitere Personen in Berlin und Frankfurt festgenommen.

So weit, so schlecht.

Sabine Eckle, Axel Haug und Harald Glöde und im weiteren Verlauf des Verfahrens zunächst Matthias Borgmann und später dann Rudolf Schindler sind angeklagt, verschiedene Straftaten im Namen der Roten Zellen begangen zu haben: Zwei sogenannte Knieschuss - Affären von 1987, Schüsse auf den Verwaltungsrichter Korbmacher und auf den Leiter der Berliner Ausländerbehörde Hollenberg. Diese Straftaten sind bereits hinreichend verjährt, sie liegen bereits mehr als 10 Jahre zurück. Lediglich über den Hebel der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ist eine Verurteilung überhaupt noch möglich.

Tarek Mousli, so ergab die Beweisaufnahme in der Verhandlung, wurde vom BKA massiv unter Druck gesetzt, so dass er sich als Kronzeuge zur Verfügung stellte. Da ein Kronzeuge immer zwischen Verrat und Freiheit pendeln muss, sind seine Aussagen für die Ermittler meist von Erfolg gekrönt. Tarek Mousli ist der letzte Kronzeuge, die Regelung ist, da zeitlich begrenzt, ausgelaufen und wurde bis heute aus guten Gründen nicht verlängert. Die in Rede stehende Gerichtsverhandlung beim Kammergericht dauert nunmehr auch schon länger als ein Jahr.

Eine sogenannte sensationelle Wendung bekam das Verfahren 18. Januar dieses Jahres. Auch um zeigen, dass der Kronzeuge Mousli immer dann andere belaste, wenn er selbst als Haupttäter in Betracht komme, legte der Angeklagte R. Schindler ein 25-seitiges Geständnis ab. Hierin gab er die Schüsse auf den Richter Korbmacher zu, während Mousli das Motorrad gefahren haben soll. Ferner bekannte sich Schindler zum Bau des Sprengsatzes, bei dessen Einsatz gegen die zentrale Sozialstelle für Asylbewerber im Februar 1987 jedoch nur geringer Sachschaden entstand. Rudolf Schindler und seine Ehefrau Sabine sind seither auf freiem Fuß mit den üblichen Meldeauflagen. Die zu erwartende Höchststrafe veranschlagte das Kammergericht mit 3 Jahren und neun Monaten.

Ende Februar diesen Jahres unterlag auch der Beschuldigte Axel Haug seinem Freiheitsdrang und bezichtigte sich in einer Schuldzuweisung der Quartiervermittlung und Geldmittelversorgung für die damals untergetauchten Schindler und Eckle.

Und noch jemand ist nicht mehr im Knast. Matthias Borgmann, vormals Leiter des akademischen Auslandsamtes der Technischen Universität Berlin brachte 50.000 EURO Kaution bei und wurde auf den sogenannten freien Fuß gesetzt, um einen lebensbedrohlich erkrankten engen Verwandten zu pflegen.

Aber was ist mit Harald Glöde? Da er als Angeklagter immer noch - sein gutes Recht - von der Aussageverweigerung Gebrauch machen möchte wird die Untersuchungshaft nicht aufgehoben.

Festzuhalten ist, dass durch die widersprüchlichen Aussagen des Kronzeugen und die kritischen Fragen der insgesamt acht verschiedenen AnwältInnen Fakten geschaffen wurden: Tarek Mousli hat zwei Karatestudios in die Pleite gehen lassen, wobei hierfür so etwa 5O.OOO EURO Schulden entstanden sein dürften. Ferner hat er einen Freund um 25.000 EURO geprellt, betrogen oder unterschlagen. Derartig ins finanzielle Desaster gerutscht, war das Kronzeugen- Angebot des BKA der letzte Strohhalm und als Folge die Denunzierung der anderen Angeklagten.

"Knüller", wie nah auch immer an der Wahrheit, waren und sind es, welche die Strafverfolger von Tarek Mousli erwarten. So scheut der dann auch nicht mehr davor zurück, durch seine Aussagen seinen angeblich besten Freund Lothar im fernen Kanada in eine Auslieferungssituation nach Berlin zu bringen. Die Vorsitzende Richterin des zweiten Strafsenats Hennig, hat schon mal die Gerichtstermine bis September 2002 vordatiert.

Apropos Gisela Hennig! Diese Dame wirkt von ihrem Habitus her etwas altbacken sowie unbeholfen und unsicher. Diese Behauptung trifft allerdings nicht mehr zu, wenn es um Ablehnungsgesuche geht. Diese weiß die Vorsitzende sehr schnell und routiniert abzublocken, wie zu letzt den Befangenheitsantrag der Anwältinnen von

Harald Glöde. Im Zusammenhang mit den Einlassungen von Rudolf Schindler hatte die Richterin mit dessen Verteidigung Vorgespräche geführt und dies allen anderen Verteidigern schriftlich mitgeteilt mit Ausnahme der erwähnten Anwältinnen. Im Gegenteil: die Mitteilung wurde explizit so abgefasst, dass die Ausnahmeklausel erst bei Durchsicht der Akte rein zufällig wahrgenommen wurde. Dieser Befangenheitsantrag ist noch nicht gewertet worden, ein "unabhängiger" Richter soll darüber befinden.

Shooccy

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