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Presse

Datum:
25.05.2002

Zeitung:
Junge Welt

Titel:
Stunde der Chemiker

Stunde der Chemiker

Im Berliner RZ-Verfahren platzten weitere Lügen

Zwei Sprengstoff-Experten bestimmten die Verhandlung im Berliner RZ-Prozeß am vergangenen Donnerstag. Gericht und Verteidigung ging es um die Frage, welchen Sprengstoff hatte der Kronzeuge Mousli, der fünf Angeklagte beschuldigt, Mitglied in den "Revolutionären Zellen" gewesen zu sein, wann in seinem Besitz. Im alternativen Politik- und Kulturzentrum MehringHof konnte bei zwei Durchsuchungen aufgrund von Tips von Mousli kein Sprengstoff gefunden werden. Dieselbe Art Sprengstoff - aus ostdeutscher Produktion - soll sich auch in einem Wassergraben in Ostberlin befunden haben, so jedenfalls der Kronzeuge. Tatsächlich wurde auch Sprengstoff gefunden. Nur, an einem ganz anderen Ort. Nicht auszuschließen ist daher, daß das Bundeskriminalamt (BKA) und sein Kronzeuge ihn dort selbst versenkten, um ihre Anklagekonstrukte im Wortsinne "wasserdicht" zu machen. Der inkriminierte Sprengstoff, Gelamon 40, ist das offenbar aber nicht gewesen. So jedenfalls die Ergebnisse des vergangenen Prozeßtages. Für den 57jährigen Robert K., Doktor der Chemie aus Berlin, und seinen Kollegen vom Bundeskriminalamt (BKA), Peter K. steht nämlich fest, daß über unterschiedliche Sprengstoffe zu reden sei. Im Seegraben, so Robert K., habe es sich vermutlich gar nicht um Gelamon 40 gehandelt. Denn der chemische Wirkstoff Ammoniumnitrat "hat ja komplett gefehlt". "Und der kann sich", so der Sachverständige, "auch nicht nachträglich zum Beispiel durch Auswaschungen rückstandslos auflösen. Das findet man", so der Mann fürs Feine. Kronzeuge Mousli jedoch hatte behauptet, eben jenes Gelamon 40 sei ihm von angeblichen RZ-Mitgliedern zur Aufbewahrung übergeben worden. Zudem, so selbst BKA-Mann Peter K., "hatte der Sprengstoff weniger als zwei Monate direkten Kontakt mit Wasser: Keinesfalls mehrere Jahre". Das aber behauptet der Kronzeuge.

Am kommenden Donnerstag aber wird es noch enger für die Anklagebehörde und vor allem für Mousli. Denn für diesen Termin, so der jW vorliegende Informationen, hat die Verteidigung von Rudolf Sch. eine Zeugin vorgeladen, die wesentliche Teile der Aussagen Mouslis als falsch und erlogen belegen wird.

Volker Eick

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