Lichtbild- Lügen leben länger

Manipulierte Phantombilder im Berliner RZ-Verfahren

Erstmals konnten am Donnerstag alle Angeklagten im Berliner RZ-Verfahren in Freiheit am Prozeß teilnehmen. Erneut wurden verheerende Aktenführung und fortlaufende Unterschlagungen von Unterlagen durch das Bundeskriminalamt (BKA) belegt. Diesmal durch die ehemalige BKA-Beamtin Janine P. (32), die zu dem RZ-Mitglied mit dem Decknamen "Heiner" befragt wurde.

Wie berichtet, wird der Angeklagte Matthias B. von Mousli beschuldigt, das RZ-Mitglied mit dem Tarnnamen "Heiner" zu sein. Janine P. hatte jedoch auf Grundlage von Polizeiakten und Informationen des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) recherchiert, daß ein in Zusammenhang mit Sprengstoffbesitz aufgefallener Harry St. als "Heiner" in Frage käme. In einem 1987 verfaßten Schreiben des BfV an das BKA heißt es, "das Phantombild des Fahrers (beim Schußwaffenanschlag auf Dr. Korbmacher am 01.09.1987) [weist] gravierende Ähnlichkeit zu einer ihnen bekannten Person Harry St[...]" auf: Aus Sicht des BKA also eine erste heiße Spur. Doch wenig später gilt Matthias B. als "Heiner".

Denn Mousli wollte nun in Matthias B. denjenigen erkannt haben, der in den RZ den Decknamen "Heiner" trug. In einer Lichtbildmappe, die ihm am 27. Januar 1999 vom BKA vorgelegt worden war, hatte er ihn anhand eines Fotos identifiziert. Das Foto lag mit Aufnahmen von 50 weiteren Personen in einer Mappe, die Janine P. zusammengestellt, mit 51 Legenden versehen und dann geschlossen hatte - am 19. Januar 1999. Auf Grundlage dieser Mappe wurde Mousli am 20. und 27. Januar befragt. Soweit, so gut. Ein Lichtbild des Angeklagten Matthias B., auch dafür war Janine P. zuständig, gibt es ausweislich einer Aktennotiz aber erst seit dem 25. Januar 1999 - an diesem Tag abgeholt bei der Meldestelle 53 in Berlin und so auch in einem Aktenvermerk vom 8. März festgehalten. Lichtbild Nr. 36 - es zeigt Matthias B. - muß also nachträglich in die Mappe eingefügt worden sein.

Volker Eick