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Presse

Datum:
14.01.2003

Zeitung:
junge Welt

Titel:
RZ-Verfahren schleppt sich hin

RZ-Verfahren schleppt sich hin

Auch der 110. und 111. Prozeßtag in Berlin brachten nur Absurditäten ans Licht

Der Kriminalbeamte B. bestätigte am vergangenen Donnerstag im Berliner RZ-Prozeß indirekt, die Angeklagte Sabine E. sei nicht identisch mit einer von einem Attentatsopfer identifizierten Person. Sabine E. ist eine von fünf Beschuldigten, gegen die vor dem Berliner Kammergericht wegen angeblicher Mitgliedschaft in den "Revolutionären Zellen" (RZ) und Beteiligung an Anschlägen in den 80er und frühen 90er Jahren verhandelt wird. Einzige Grundlage der Anklage sind die Aussagen des Kronzeugen Tarek Mousli.

B. wurde zu den Lichtbildmappen befragt, die dem 1986 von den RZ angeschossenen Asylrichter Harald Hollenberg seinerzeit vorgelegt worden waren. Der mittlerweile verstorbene Hollenberg hatte in einer Bildmappe des Bundeskriminalamtes (BKA) das Bild einer Frau entdeckt, die, so Hollenbergs damalige Aussage, nach Alter und Gesichtsform der Täterin am nächsten komme. Das aber sei, so B., nicht Sabine E. gewesen. Erst ihrem Rechtsanwalt Hans-Wolfgang Euler fiel auf, daß in derselben Mappe auch ein Bild seiner Mandantin enthalten war. B. bestätigte, daß das Bild von Sabine E. dem Zeugen Hollenberg damals ebenfalls vorgelegt worden sein muß.

Die Verteidigung des Angeklagten Harald G. nahm mit mehreren Anträgen auf die freien Erfindungen des Kronzeugen und die manipulativen Ermittlungsmethoden des BKA Bezug. So hatte Mousli einen ehemaligen Beschäftigten des Bundeszentralregisters beschuldigt, er sei in den 80er Jahren für die illegale Beschaffung von Blankoreisepässen aus der Bundesdruckerei für die "RZ" zuständig gewesen. Tatsächlich aber, das hatten Ermittlungen des BKA schon damals ergeben, sind seit 1971 keine Blankopapiere mehr aus der Bundesdruckerei verschwunden. Trotz dieses Wissens beantragte und erhielt das BKA einen Durchsuchungsbefehl für die Wohnung des Programmierers.

Die Befragung des damaligen BKA-Zeugenschützers von Mousli, Torsten Klein, am Freitag verlief ergebnislos. Klein, der den Kronzeugen seit dessen U-Haft in Köln betreute, will mit den Ermittlungen nichts zu tun gehabt haben.

Volker Eick

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