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Presse

Datum:
18.08.2003

Zeitung:
ap

Titel:
Teilerfolg für Angeklagte im Prozess gegen Revolutionäre Zellen

Teilerfolg für Angeklagte im Prozess gegen Revolutionäre Zellen

Berlin (AP) Im Berliner Prozess gegen die linksextremen "Revolutionären Zellen" (RZ) wegen mehrerer Sprengstoffanschläge in den 80er und 90er Jahren können die Angeklagten einen Erfolg für sich verbuchen. Das Berliner Verwaltungsgericht hob am Montag eine Sperrerklärung des Bundesinnenministeriums über geschwärzte Vernehmungsprotokolle des Verfassungsschutzes mit dem Kronzeugen Tarek Mousli auf. Nach Einschätzung des Gerichts ist die Sperrerklärung von Juli 2002 rechtswidrig.

197 Seiten der Protokolle waren dem Berliner Kammergericht, vor dem der RZ-Prozess seit Mai 2001 verhandelt wird, nur in größtenteils geschwärzter Form zur Verfügung gestellt worden. Das Bundesinnenministerium hatte dies in der Sperrerklärung damit begründet, das Bekanntwerden der geschwärzten Stellen würde dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten. Dagegen war einer der fünf Angeklagten vor das Verwaltungsgericht gezogen.

Die Anwältin des Klägers, Silke Studzinsky, wertete den Beschluss des Verwaltungsgerichtes als "vollen Erfolg". Auf dieser Grundlage wolle die Verteidigung erneut einen Antrag auf Aussetzung des RZ-Prozesses stellen. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.

Der Hauptbelastungszeuge Mousli habe in seinen Aussagen häufig Informationen des Verfassungsschutzes wiedergegeben, die ihm zunächst nicht präsent gewesen und später "wieder eingefallen" seien, sagte Anwältin Studzinsky. Die Einsicht in die Protokolle sei notwendig, um die Glaubwürdigkeit des Kronzeugen und eine mögliche "Aussageentwicklung" nachzuvollziehen. Dieser Argumentation schloss sich das Verwaltungsgericht teilweise an.

Die Anklage gegen die mutmaßlichen Terroristen beruht zu großen Teilen auf Aussagen Mouslis gegen seine früheren Mitstreiter. Der Kronzeuge wurde in einem getrennten Verfahren wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Dezember 2000 zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Außerdem wurde er in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen.

Der Vorsitzende Richter Christian Gau begründete den Beschluss des Verwaltungsgerichts damit, dass das Bundesinnenministerium seine Sperrerklärung nicht ausreichend begründet habe. Es spreche einiges dafür, dass sich in den Aussagen Mouslis "irgendetwas verändert haben muss", sagte der Richter. Namen, die Mousli zunächst nicht kannte, seien ihm später auf Fragen präsent gewesen. In einer Mitteilung des Gerichtes hieß es, es könne nicht bestritten werden, dass dem Zeugen bei seiner Befragung "Hilfestellungen für sein Erinnerungsvermögen" gegeben worden seien und ihn Fotos und Namen anderer Personen vorgehalten wurden.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes ist noch nicht rechtsgültig. Eine Berufung ist möglich. Der Anwalt des Bundesinnenministeriums hatte am Montag zunächst beantragt, die Sperrerklärung zu den Mousli-Protokollen in einem nichtöffentlichen Verfahren vom Bundesverwaltungsgericht überprüfen zu lassen. Dies lehnte das Berliner Verwaltungsgericht aber aus formalen Gründen ab.

(Aktenzeichen: VG 34 A 42.03)

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