Datum:
20.12.1999
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VerfasserIn:
MehringHof
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2. Presseerklärung des MehringHofs Montag, 20.12.99
2 Mitarbeiter des MehringHofs verhaftet
Am Sonntag, den 19. Dezember 1999 wurden zwei Mitarbeiter des
MehringHofs in ihren Wohnungen verhaftet. Zeitgleich begann die Polizei
eine Durchsuchung auf dem gesamten MehringHof-Gelände, von morgens
6.00 bis abends 18.00 Uhr.
Nun sind sie wieder abgezogen - die Vermummten der GSG 9, die
Anzugmänner des BAW und die kriegsmäßig ausstaffierten
diversen Polizei- und BGS-Einheiten.
Mit leeren Händen zogen sie davon. Kein Sprengstoff, keine Waffe aus
einem MehringHof-Versteck kleben daran.
Was bleibt? Unzählige kaputte Schlösser und Türen,
Wände und Wandverkleidungen, wir sind noch am Auflisten in den
über 30 Projekten auf den fast 5000qm. In einigen Projekten wurde
regelrecht gewütet, so z.B. in der Werkstatt des Puppentheaters und in
den Übungsräumen einer Musikgruppe. Wieso auch Computer angworfen
wurden und wo nach in ihnen nach Sprengstoff gefahndet wurde, bleibt uns
verborgen.
Die Blumenrabatten wurden mit Eisenstangen durchgegraben, Gullis und
andere Abdeckungen wurden gelüftet.
Obwohl die Geschäftsführung oder Mieter des Hauses erreichbar
gewesen wären, wurde niemand vorher informiert, z. B. um Türen
aufzuschließen. Unsere Hausschließanlage ist wohl
unbrauchbar.
Die Dimension dieses Einsatzes, - der größte in der
20jährigen Geschichte des MehringHofs - bezeichnen wir als vollkommen
überzogen: so war fast der gesamte Block um den MehringHof abgeriegelt
und bewacht, die Mieter der umliegenden Wohnhäuser kamen nur mit
Polizeieskorte, Vorzeigen des Ausweises in ihre Wohnungn.
Bürgersteige, selbst Straßen waren nicht passierbar.
Ein martialisch anmutendes Grünen-Aufgebot verhinderte den Zutritt
in den MehringHof selbst, auch für MehringHof-Mieter und
Projektmitglieder. Als Begründung mußte herhalten, daß die
Mieter die Maßnahme der Polizei verzögern würden - klar,
wenn einer der beiden Oberstaatsanwälte aus Karlsruhe jeden einzelnen
Zutritt absegnen mußte!
Und auch die MehringHof-Geschäftsführung und einzelne Mieter,
u.a. die Rechtsanwälte konnten sich innerhalb des Hauses nur mit
Polizeibegleitung von einem Stock in den anderen bewegen, konnten viele
Räume nicht betreten, was auch bedeutete, daß etliche Mieter ihr
Recht auf Anwesenheit bei der Durchsuchung ihrer Räume nicht
wahrnehmen konnten.
Während wir quasi Gefangene im eigenen Haus waren, nahmen hunderte
Beamte unsere Räume in Beschlag. Zunächst durchsuchungstechnisch,
später dann zum Warten und Verweilen und Reflektieren ihrer eigenen
Feindbilder. Polizeipräsident Saberschinski unterhielt sich angeregt
mit den hessischen Kripo-Beamten im Kabarett-Theater.
Gefunden wurde nichts - und dabei scheint die Sprache im
Durchsuchungsbeschluß deutlich von Fakten bestimmt zu sein: hier
müssen ettliche Kilo Sprengstoff liegen. Keine Vermutung, keine
Annahme. Tatbestände waren schon geschaffen.
Unschuldsvermutung gibt's bei Linken nicht.
Das ist wohl so, wenn die "Neue Mitte" sich formiert, wenn die
BAW ihre Arbeitsplätze erhalten will, aber so wenig aus der Richtung
vorzuweisen hat, in die sie sich einschoß: von links.
Rein "zufällig" wurde auch eine Gruppe von im MehringHof
Feiernden für Stunden festgenommen - und noch nicht sind alle wieder
auf freiem Fuß, eventuell befinden sich eine oder mehrere Personen in
Abschiebehaft. Ebenso "zufällig" wurden zum Ende der
Durchsuchungsaktion mehrere junge Leute festgenommen, die gegen die
Durchsuchungen protestierten.
Wir fordern: Freiheit für unsere Kollegen und die in Frankfurt
verhaftete Frau!
Pressekonferenz am Dienstag, den 21.12.99, 12:00 Uhr im Blauen
Salon
mehringhof, gneisenaustr. 2a, 10961 berlin x-berg
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