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Früchte des Zorns

Aktionen gegen den Frauenhändler Kirschner, Köln und das Philippinische Konsulat, Bonn (März 83)

Ihr habt die Macht - uns gehört die Nacht!

Für den ersten Sexboom in Südostasien sorgten die US-GIs, deren Kampfmoral im Vietnamkrieg durch organisierte Sexreisen ins benachbarte Ausland aufgemöbelt werden sollte. Sexindustrie und Bordellkultur sind immer eine Begleiterscheinung der militärischen Präsenz ausländischer Truppen; Unterwerfung von Frauen und imperialistischer Krieg gehören eng zusammen.

Die durch die Yanks in Gang gekommenen Sexgeschäfte wurden nach deren Abzug mit staatlicher Förderung weiter ausgebaut und als Tourismusbranche systematisch erschlossen (v.a. für Amerikaner, Deutsche, Japaner und zunehmend reiche Ölaraber).

In der BRD gibt es ca. 200 Unternehmen - und es werden täglich mehr - die unter dem Deckmantel "Ehevermittlungsinstitut" oder "Reisebüro" regelrechten Frauenhandel betreiben mit Asiatinnen, vorzugsweise Philippininnen. Das Angebot reicht von Reisen für alleinstehende Männer über die Vermittlung von Ehefrauen bis zur Vermittlung von Frauen für Bordelle und "Amüsierschuppen". Bei diesem Handel wird der Zusammenhang von Frauenunterdrückung und Ausbeutung der sog. 3. Welt besonders deutlich. Wir haben deswegen den 8. März - Internationaler Frauentag - zum Anlaß genommen, Betreibern dieses menschenverachtenden Frauenhandels Widerstand entgegenzusetzen.

Wir haben einem dieser Vermittler, Heinz Kirschner in Köln, der besonders dick im Geschäft steckt, das Auto in Brand gesetzt und das philippinische Konsulat in Bonn mit einem Sprengsatz angegriffen, da die philippinische Regierung diese Geschäfte unterstützt und schürt, Land und Leute verkauft, um sich selbst zu bereichern.

Die imperialistische Ausbeutung brachte das Land in eine Situation, die durch extreme Verschuldung und Verarmung der Bevölkerung erst die Voraussetzung schaffte für die Entwicklung von Sextourismus [8] und Prostitution in großem Ausmaß.

Heute hat es sich zu einem der Hauptwirtschaftszweige entwickelt, es ist die drittgrößte Devisenquelle für das Land. Das Geschäft lohnt sich für die philippinische Regierung der Marcos- Clique [9], doch was haben die Frauen davon?

Ihrer Existenzgrundlage beraubt, bleibt den Frauen gar keine andere Wahl, als sich den weißen Herren zu verdingen, um überhaupt zu überleben - ob unter der kurzfristigen und niedrigst bezahlten Lohnarbeit unter den schlechtesten Arbeitsbedingungen in den Weltmarktfabriken (der Verdienst liegt weit unter dem Existenzminimum) oder durch Prostitution.

Auch Hotelbesitzer, Fluggesellschaften, Reiseunternehemn, Vermittlungsinstitute und die Männer der imperialistischen Staaten profitieren von der ökonomischen Not der Frauen. Der Besitz von DM und Dollars gibt ihnen das Recht, sich Frauen zu kaufen für eine Nacht, ein paar Tage, ein Leben.

Die Ehevermittler wittern hinter der gezielten Verarmung der Frauen nicht nur ihr lukratives Geschäft, sondern sie verstehen sich auch als Vertreter der männlichen Gesellschaftsordnung, die dafür Sorge tragen, daß jeder kleine Mann noch über eine "richtige Frau" verfügen kann. Da in der BRD die Besitzverhältnisse der Männer gegenüber ihren Ehefrauen durch wachsendes Selbstbewußtsein der Frauen angeknackst werden, sollen hier die philippinischen Frauen herhalten. Die Vermittler werben für ihren Frauenhandel, indem sie vor allem die Eigenschaften der Unterwerfung wie "sanft, anschmiegsam und treu" (Interpart Rolf Loos, Marstall 6, 3000 Hannover), "anspruchslos und zu jedem Dienst bereit" als besondere Attraktivität anpreisen.

Wirtschaftsmacht und sexuelle Ausbeutung

Die Philippinen - seit dem 16. Jahrhundert unterdrückt: zuerst von den Spanieren bis hin zu den Yanks heute, mit deren Unterstützung der Diktator Marcos seine Interessen wahrt und das Land dem internationalen Agrobusiness und anderen Großkonzernen ausverkauft. Die ökonomischen Strukturen des Landes sind rein weltmarktorientiert, die eigenen Kulturformen von Lebens- bis Produktionsweisen sind fast völlig zerstört.

Wenn Del Monte, Dole, Transnational Corporation oder andere Agromultis heute Land wollen, dann schicken sie aufgrund des sich ausweitenden Widerstandes meist zuerst eine militärische oder paramilitärische Anti- Guerilla- Einheit vor. Die mordet, vergewaltigt die Frauen und treibt die Überlebenden in die sog. Wehrdörfer zum "Schutz" vor der Guerilla oder sie treibt sie einfach in den Wald. Gigantische Brände, Rodungen, Entlaubungen, Bulldozereinheiten machen alles nieder für die Agroausbeuter. Wenn die Überlebenden Glück haben, dürfen sie als Landarbeiter für Hungerlöhne wieder auf ihr Land in die Riesenplantagen, andere landen in den Elendsvierteln der Großstädte. Die meisten Männer werden dann dort als Arbeitssklaven exportiert - 200.000 pro Jahr. In den Arbeitslagern am persischen Golf vegetieren ca. 600.000 Philippinos. Die Frauen werden ohne Umstände den zwei großen Industriebereichen zugeführt: den Weltmarktfabriken in den freien Produktionszonen (Textil, Optik, Elektronik vorwiegend, 90% der dort Beschäftigen sind Frauen) und der multinationalen Prostitutionsindustrie. Jährlich wird ca. 1 Million DM allein am Prostitutionstourismus verdient. Über 80% der Touristen sind Männer. Mord und Vertreibung sollen auch die Basis der Guerilla [10] treffen, die stärkste in Asien. Man rechnet 30% des Volkes zu den direkten Sympathisanten und es werden Jahr für Jahr um ein Drittel mehr. Ganze Familien schließen sich dem bewaffneten Kampf an. Immer geht es auch um die Bestrafung der paramilitärischen Mord- und Vergewaltigereinheiten, vor allem des berüchtigten "verlorenen Kommandos". [...]

Wir wehren uns dagegen in Solidarität mit den philippinischen Frauen, weil wir uns als Frauen durch diese Praxis angegriffen fühlen. Die Möglichkeit, hier philippinische Frauen wie Handelsware anzupreisen und zu verkaufen, ist verschärfter Ausdruck der gesellschaftlichen Machtverhältnisse, der Gewalt- und Ausbeutungsverhältnisse zwischen Männern und Frauen.

Wir greifen die Vertreter der patriarchalen Ordnung an, weil wir es nicht zulassen wollen, daß sie ihr Selbstverständnis von der Beherrschung der Frauen so reibungslos einlösen können.

Wir wollen ihre Ruhe stören, die für uns Frauen - und in ganz besonderem Maße für die Frauen der sog. 3. Welt - schon lange nur Unterdrückung und Krieg bedeutet. Denn die Macht der Männer ist die Geduld der Frauen.

"Was die unterdrückten Leute brauchen
ist nicht eure Sympathie,
eure Tränen oder gar Gebete
was sie am meisten brauchen,
ist eure Wut"
(Zitat einer philipp. Frau)


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