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Anschlag gegen die Bundesanstalt für Arbeit, Nürnberg
(Januar 80)
Es wird Zeit, daß wir leben
Die
Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg ist die Zentrale
aller bundesdeutschen Arbeitsämter. Hier werden die Schritte
der staatlichen Arbeitsmarktpolitik bestimmt und angeordnet, deren
Auswirkungen dann jeder einzelne in seinem Arbeitslosenalltag zu
spüren bekommt, z.B.:
- Bis zu 6- monatige Bearbeitungszeiten der Anträge auf
Arbeitslosengeld (so lange gibt's auch keinen Pfennig); im Krankheitsfalle
geht die ganze Schikane von vorne los.
- Die Zumutbarkeitsklausel, die zum einen große räumliche
Mobilität verlangt, zum anderen die Annahme von unterqualifizierter
Arbeit - und das zum Tariflohn derselben, d.h. doppelte finanzielle
Abgruppierung.
- die ABM- Stellen (z.Zt. fast 100.000) bedeuten für uns,
zum niedrigsten Tariflohn ohne Urlaubs- und Weihnachtsgeld arbeiten
zu müssen und für die Unternehmer, daß "teure"
Arbeitskräfte durch kostenlose ersetzt werden.
- die gerade beginnende Computerisierung (Erfassung aller Arbeitslosendaten
und Stellenangebote) der Vermittlungstätigkeit, die uns auch
die letzte Einflußmöglichkeit auf die Arbeitsvermittlung
nimmt und uns endgültig zur Computernummer degradiert (Der
Modellversuch hierfür läuft seit November 79 in Marburg
und soll bis spätestens Mitte der 80er Jahre auf das gesamte
Bundesgebiet ausgedehnt werden).
Die Maßnahme verfolgt zwei Ziele:
Zum einen werden vor allem Frauen, Ausländer, Ältere
in die "stille Reserve" abgeschoben, wo sie das System
nichts oder verhältnismäßig wenig kosten; deren
Anzahl liegt mittlerweile über der "offiziellen Arbeitslosenzahl".
Zum anderen sind diejenigen, die überhaupt noch vermittelt
werden, gezwungen, zu sich ständig verschlechternden Bedingungen
zu arbeiten. Somit ergänzt die Bundesanstalt mit ihrer Arbeitsmarktpolitik
- mitgetragen von DGB und DAG, die beide im Nürnberger Verwaltungsrat
sitzen - die Rationalisierungspraxis des Kapitals.
Diese Bastion des modernen Sklavenhandels, deren Macht sich vor
allem in unserer Vereinzelung und fehlenden Organisierung begündet,
haben wir - wenn auch nur mit Sprengstoff - zum Beben gebracht.
Arbeitslosigkeit ist heute kein Ausdruck konjunktureller Krisen,
die mit diesen auftaucht und auch wieder verschwindet (so ist die
Arbeitslosenzahl in der momentanten Phase des Booms mehr als doppelt
so hoch als während der Rezession 1967), sondern Ergebnis der
technologischen Entwicklung. Eine technologische Entwicklung, die
uns nur zwei Wege offenläßt:
Entweder wir erkennen die Existenzberechtigung des Kapitals an,
wie es die Gewerkschaften tun, was heißt: Profit als einzigen
Orientierungspunkt zu akzeptieren und steigende Arbeitslosigkeit
genauso wie mörderische Arbeitsbedingungen und Arbeitshetze
(für immer weniger Geld), Verschleißproduktion genauso
wie die Zerstörung der Lebensbedingungen von Mensch und Natur
(Chemie- Industrie, Atomkraftwerke, Betonsilos usw.) hinzunehmen.
Oder wir wollen eine menschen- wie naturorientierte Produktion,
die weniger Arbeit und mehr Zeit zum Leben für alle bedeutet,
die Selbstbestimmung darüber, was, wie und wo produziert wird.
Nur geschenkt kriegen wir nichts. Auf gehts!
Revolutionäre Arbeitslosen- Zelle
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