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Früchte des Zorns

Aktion gegen Bilfinger & Berger, Mannheim + Dressler KG, Frankfurt

(Juli 82)

Wir haben heute wieder mal zwei Startbahnbaufirmen heimgesucht. An der Hauptverwaltung der Firma Bilfinger &Berger in Mannheim haben wir einen Sprengsatz gezündet. Desgleichen bei der A. Dressler KG in Frankfurt, Elektronstr. 62. Auf Baustellen an der Eschborner Landstraße und am Zoo haben wir mehrere Baufahrzeuge der Firma Dressler in Brand gestzt.

Aus der breiten Protestbewegung gegen die Startbahn West ist eine kleine, dafür umso unbeirrbarere Widerstandsbewegung geworden. Für die allermeisten bedeutete die Zerschlagung ihrer Hoffnungen, ein Großprojekt wie die Startbahn mittels hunderttausendfachem Protest verhindern zu können, Rückzug und Resignation.

Daß sich jetzt auch bei den BIs der Rückzug in Form der Reduzierung von politischen Forderungen (nur noch "Nachtflugverbot") und Auflösungstendenzen andeuten, ist nur der Endpunkt einer Politik, die nie über die Protestebene und über traditionelle Formen und Inhalte hinausgehen wollte. Dies zeigt und erklärt gleichzeitig, daß wir unserem Ziel nicht näherkommen, solange Protest und Widerstand fremd- und nicht selbstbestimmt sind.

Für diejenigen, die nicht aufgehört haben, gegen dieses Wahnsinnsprojekt zu kämpfen, kommt es jetzt darauf an, den Widerstand zu festigen und seine Basis zu erweitern. Das traditionell problematische Verhältnis der Deutschen (Linken) zum Widerstand zwingt uns einmal mehr zu zeigen, daß Widerstand nötig, möglich und sinnvoll ist. Es ist unsere einzige Chance, den Widerstand zu verbreitern und - konkret an der Startbahn - Teile der Resignierten zurückzugewinnen. Dafür ist es notwendig, das schon bestehende Nebeneinander verschiedener Widerstandsformen zu akzeptieren und auszubauen. Klar ist der Zweck aller Aktivitäten: die Bauarbeiten und den dazugehörigen Polizeiapparat stören und behindern!

Ihre Bandbreite kann sich erstrecken von einem sonntäglichen Kulturprogramm an der Mauer über kollektive Massenaktionen, z.B. Störung des Flugverkehrs durch Luftballons mit Aluminiumstreifen, bis hin zur Zerstörung der Bau- und Überwachungsanlagen und Angriffen auf die Betreiber. Sowohl für die Massenveranstaltungen wie sonntags und mittwochs (Frauen) als auch für nächtliche Attacken aller Art stellt sich die Frage nach der Organisierung. Was z.B. die Sonntage betrifft, ist das Problem, das unserer Ansicht nach vorrangig gelöst werden muß, die Kommunikation zwischen den verschiedenne Leuten und Gruppen. Damit meinen wir nicht einen irgendwie aufgeblähten und abgehobenen Apparat, der letztlich nur hemmt, sondern eine wenigstens minimale Verständigung und Verbindlichkeit untereinander. Bisher läuft die nur punktuell und individuell, und damit reichlich zufällig oder gar nicht. Trotz der unterschiedlichen Zusammensetzung der Bewegung - Leute mit unterschiedlichen Köpfen, Erfahrungen und Vorstellungen - ist diese Frage lösbar und müßte endlich auch mal angegangen werden. Dieser praktisch notwendige Schritt könnte außerdem dazu führen, der Bewegung politisch mehr Inhalte zu geben, die über den Bau der Startbahn hinausreichen und ihn überdauern.

Darüberhinaus müssen die Sonntage besser vorbereitet werden. Es muß mehr Leute geben, die genau wissen, was sie machen wollen und das dann auch durchziehen. Agieren wir hier doch auf einem festgelegten Terrain, das der zwar schwerfälligen, aber militärisch überlegenen Maschinerie der Bullen entgegenkommt. Diese können wir nur mit der Flexibilität und Mobilität von Kleingruppen unterlaufen, die genau planen und angepaßt an die jeweils unterschiedliche Situation zuschlagen können.

Wir denken, daß es gegen die obligatorischen Festnahmen einigermaßen effektive Gegenmaßnahmen gibt, die jede/r selbst treffen kann. Es gibt immer noch unheimlich viele Leute, die ohne Maskerade und mit auffälliger Kleidung vor den Augen der Bullen und Kameras agieren. Es ist ein Leichtes - wie sich immer wieder zeigt - , die dann herauszugreifen. Gesichtstuch, Kleiderwechsel und ein rechtzeitiger Rückzug können dem erfolgreich entgegenwirken. Einmal abgesehen davon, daß wir uns in die Lage versetzen, Leute auch wirklich wieder rauszuhauen. Viele, die in ihren Aktivitäten darum bemüht sind, eine Vermassung des Widerstand/ Sabotage zu erreichen, gehen davon aus, daß dies am ehesten durch die Beteiligung möglichst vieler an Aktionen geschieht. Wir halten dies - jedenfalls was konkrete Sabotageaktionen angeht - für falsch. [...]

Wir denken, daß das Schielen auf die Massen bei vielen vor allem in der Angst begründet ist, sich die Frage zu stellen, was mann/frau selbst will, bereit ist zu geben und in der Lage ist zu tun.

"... Wer das Gras zwar grün, die Wurzeln aber blutrot sieht, steht vorläufig noch allein. Das darf nicht lange so bleiben. Keiner von uns hat viel Zeit... Wer Befreiung verhindern will, lebt gefährlich. Gelaber in Sachen Gewalt findet nicht statt. Die Zustände selbst sind Gewalt. Auch die Frage nach den Massen erweist sich als Müll. Sie verschüttet nur die Frage nach dir selbst. Manche möchten auf diese Frage lieber nicht antworten. Manche möchten lieber tot sein als leben. Manche freuen sich auf Weihnachten."
(Christian Geissler: Wird Zeit, daß wir leben)

[...] Die Vermassung von Widerstand/Sabotage erreichen wir durch erfolgreiche Aktionen, durch die praktische Demonstration, daß Widerstand möglich und für jede/n in irgendeiner Form machbar ist. Dadurch kriegen auch andere den Mut und die Kraft, selbst das zu tun, was sie richtig finden (und nicht nur zuzusehen und Beifall zu klatschen).

Teile der Bewegung sind in den letzten Monaten verstärkt dazu übergegangen, konkrete Sabotage sowohl auf dem Baugelände selbst (Baufahrzeuge, Flutlichtanlagen etc.) als auch in den Städten (Angriffe auf Baufirmen, - fahrzeuge) zu praktizieren.

Dem entspricht umgekehrt das zunehmende Totschweigen militanter Aktionen durch Betreiber und Presse. Von vielen Aktionen erfährt mann/frau nur zufällig, von vielen anderen sicherlich überhaupt nichts.

Genauso wichtig, wie die Aktion selbst, ist es auch, sie öffentlich zu machen. Widerstand, den keiner mitkriegt, kann auch niemandem Kraft, Mut und Anregung vermitteln.

In diesem Zusammenhang wollen wir nochmal was zu uns sagen: Wir haben uns noch nie als abgeschlossene und über allen anderen stehende Organisation verstanden und tun es auch heute nicht. Das Konzept der RZ besteht gerade darin, offen für alle zu sein, die es richtig finden, sich der Politik der Revolutionären Zellen zuzuordnen und sie praktizieren wollen.

Gerade im letzten Jahr hat sich durch die Massivität unserer Aktionen vor allem zur Startbahn und zum NATO- Gipfel [32] im Juni ein ohnehin existierender Mythos vom bewaffneten Kampf wieder verstärkt. Dieser Mythos wird auf der anderen Seite von den Bullen noch kräftig untermauert, indem sie uns mindestens einmal monatlich als mittlerweile größte "terroristische Gefahr" präsentieren. Das, wie auch Henker Rebmanns mit hübschen Bildchen garnierte Fahndungsblättchen vom Frühjahr, zielt ganz klar darauf ab, eine Distanz zwischen uns und euch aufzubauen. Sie wollen uns als straighte fighter, Heroen hinstellen; für euch unerreichbar. Vor was sie so viel Angst haben, sagen sie denn auch ganz offen: unsere Zugehörigkeit zu Massenbewegungen wie auch vor der für sie nicht greifbaren, aber für alle Militanten offenen und praktikablen Organisationform [...]


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