Vorbemerkung Kapitel VIII
Anti- Amerikanismus
Im
Dezember 1979 wurde von den Außen- und Verteidigungsministern
der NATO- Staaten der sogenannte NATO- Doppelbeschluß beschlossen:
er saht zum einen die Stationierung neuer atomarer Mittelstreckenwaffen
(Cruise Missiles und Pershing II- Raketen) auf dem Gebiet der Bundesrepublik
Deutschland vor und enthielt ein Angebot an die Sowjetunion zu Verhandlungen
über die Reduzierung von Mittelstreckenraketen.
Gegen diese Stationierungspläne formierte sich ab Anfang der
80er Jahre eine breite Friedensbewegung, die zu ihren beiden zentralen
Demonstrationen im Oktober 81 und Juni 82 Hunderttausende mobilisieren
konnte. Innerhalb dieser Bewegung wurde immer das Bild der atomaren
Apokalyspe beschworen und Westeuropa als das atomare Schlachtfeld
angesehen, auf dessen Rücken die Supermächte USA und Sowjetunion
ihren Machtkampf austragen würden.
Diese Vorstellung unterschlug, daß auch die Bundesrepublik
Deutschland der NATO angehört und der deutsche Bundeskanzler
Schmidt eine treibende Kraft des NATO- Doppelbeschlusses war. Dennoch
bestimmte das Bild einer Bedrohung Deutschlands durch die USA in
weiten Teilen der Friedensbewegung den politischen Diskurs und führte
zu antiamerikanischen Parolen.
Doch nicht nur in der "bürgerlichen" Friedensbewegung
wurden diese Positionen vertreten: so schreibt z.B. der "Pflasterstrand"
(28.9.81) "Wir sagen ja zum Antiamerikanismus. Frei nach W.I.
Lenin: Der Antiamerikanismus ist das höchste Stadium des Antiimperialismus
[...] ich [sage] nicht: Tod Reagan! Nieder mit den USA! etc, sondern
schlicht: Raus!"
Und in dem taz- Artikel, den die RZ in ihrem Text zitierten, wurde
durchaus zustimmend die Schlitzohrigkeit und Doppelzüngigkeit
der Bürgerinitiative einer Garnisonsstadt beschrieben, mit
der sie die "Amerikanischen Besatzer" loswerden wollten.
Neonazistische Anschläge und die Diskussionen innerhalb
der Linken
Als die neonazistische "Hepp- Gruppe" Anschläge
auf Angehörige der US- Army verübten, initiierte die Zeitung
"Radikal" eine Diskussion über Grenzfälle, da
"gerade in den letzten Monaten Anschläge gelaufen (sind),
die nicht nur jeder Klarheit über ihre Bestimmung entbehren,
sondern vor allem bei vielen von uns mehr Desorientierung als antörnende
Freude ausgelöst haben.". In der Diskussion um die "Grenzfälle"
findet eine Auseinandersetzung mit der bisherigen Politik der Revolutionären
Zellen statt. (Siehe auch Literaturanhang "Kritiken und Diskussionsbeiträge
zur Politik der Revolutionären Zellen und der Roten Zora, Seite
760ff.)
Die Revolutionären Zellen
kritisieren in dem Papier "Beethoven
gegen MacDonalds" vom März 1983 sowohl den latenten
Anti- Amerikanismus innerhalb der Linken, aber auch diejenigen,
die die Guerilla als Urheber dieser Anschläge vermutet bzw.
befürchtet hatten. Sie verweisen auf ihre bisherige Politik,
die von antiimperialistischen und sozialrevolutionären Positionen
bestimmt sei und sich nie terroristisch gegen Teile des Volkes gerichtet
habe. "Die politische Verantwortung für die Verunsicherung
darüber, wo die Urheber der antiamerikanischen Anschläge
anzusiedeln sind, liegt nicht bei uns oder anderen Gruppen der bewaffneten
Linken. Nicht wir, sondern insbesondere Teile der Friedensbewegung
ergehen sich in einem diffusen Nationalismus, verbreiten den Unsinn
von der BRD als einem besetzten Land."
Sie verweisen auf die Nähe dieser Positionen zu der schon
seit einigen Jahren ausgegebenen Parole neonazistischer Gruppen
auf "Selbstbestimmungsrecht des deutschen Volkes" und
Rausschmiß der amerikanischen "Besatzer" und auf
die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit den Aktivitäten
neo- nazistischer Gruppen - vor allem der Frage nach Beteiligung
bzw. Ausnutzung durch Verfassungsschutz oder Bundesnachrichtendienst,
um genau die jetzt entstandene Desorientierung zu schüren.
Dem Text folgen die Erklärungen zu antiimperialistischen Anschlägen
der RZ gegen US- Militär- Einrichtungen, die Erklärung zum
Anschlag gegen die ITT- Tochter SEL in Düsseldorf, in der ebenfalls
"wider den linken Antiamerikanismus" argumentiert wird;
die Erklärungen zum Anschlag gegen IBM in Reutlingen, auf die
Tribüne anläßlich der alliierten Truppenparade in
Berlin sowie zwei Anschlägen auf NATO- Pipelines.
Die Anmerkungen zu diesem
Kapitel befinden sich im Buch auf Seite 728 ff.
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